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T O P I C : Maximierung der Überlebenswahrscheinlichkeit der Spezies Homo Sapiens.

--------- RazorBlade ---------
ABSTIMMUNG + KLIMAKLAGE
[ beschwerde_klage_intro.html ]
----- Klimanotstand & Co. -----

¡! UNSORTED DATA ¿?

= + ENZYKLIKA +
= + REGLAS de CATHOLICA +
= Ein paar Daten für Hildegard und ihre Briefe an den zukünftigen Papst.
+ Für dieses daraus resultierende "philosophisch-theologische Glatteis" ?!
= Da gibt es natürlich auch als Hilfestellung den kleinen 'Sandstreuer' . . .

+ BILDER aus dem Buch H v B . . .
= Einleitung
= Enzyklika Rerum novarum
+ Papst Leo XIII.
= Enzyklika Quadragesimo anno
+ Papst Pius XI.
+ Papst Johannes XXIII.
+ Papst Paul VI.
+ Papst Johannes Paul II.
+ Papst Benedikt XVI.
+ + + http://www.humanearthling.org/book/economy_church_unsorted.html + + +

WORK IN PROGRESS FORTSCHRITTLICHE ARBEIT

REGLAS de CATHOLICA PARTE II + PARTE I + PARTE III

Der internationale Imperialismus des Geldes . . .
Im Jahr 1931, zum 40. Jahrestag von Rerum novarum, wurde die Sozialenzyklika von Pius XI. veröffentlicht.
Eine realistische Analyse der düsteren Vorherrschaft der Finanz über die Produktion, die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat.
von Lorenzo Cappelletti
„Der Moment, den wir gerade erleben, ist auch ein Moment der weltweiten Sorge um einen allein aus Geld gemachten Neokapitalismus, der jeglichen Bezug zu industriellen und landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren verloren hat,“ erklärte unser Chefredakteur am 12. September Avvenire gegenüber, als über New York noch eine Wolke von Staub und Zerstörung lag. Auf derselben Linie lag auch das Urteil, das Professor Caloia, Präsident des IOR, in einem langen Artikel unserer Zeitschrift abgegeben hatte (30Tage, Nr. 9, SS. 34-43): „Dann wäre da noch das Problem der Finanztransaktionen, die Geld nur zu dem Zweck einsetzen, noch mehr Geld zu produzieren, ohne dabei einen wirklichen Beitrag zur Wirtschaft zu leisten [...] Das gute Funktionieren der globalen Wirtschaft muß jedoch wichtiger sein als die exzessive Freiheit einiger Hunderter verschlagener internationaler (Finanz-)Organe.“ In seinem Editorial vom 16. Dezember (zu diesem Zeitpunkt hielt sich die argentinische Wirtschaft noch auf den Beinen) widmete sich Eugenio Scalfari ebenfalls diesem Thema: „die Wirtschaft ist zur Finanz geworden, die Finanz hat die Wirtschaft globalisiert… Das Geld ist mehr denn mobil, geht blitzschnell von Land zu Land, von einem Kontinent zum anderen“ (la Repubblica).
Niemand, so scheint uns, hat es – ja, noch nicht einmal in kirchlichen Kreisen – für nötig befunden, in diesem Zusammenhang die Enzyklika Quadragesimo anno zu zitieren, die übrigens im Jahr 2001 ihren 70. Jahrestag begehen konnte. Vielleicht wegen ihrer als „zweifelhaft“ angesehenen Herkunft: immerhin war sie mitten in der Zeit des Faschismus entstanden. Vielleicht betrachtet man den 70. Geburtstag von Quadragesimo anno (und den 100. Jahrestag von Rerum novarum) aber auch einfach nur als Gedenktage, die keine besondere Beachtung verdienen. In der Tat würden weitere Dokumente zu diesem Thema zu einer Art Inflation führen. Was allerdings die angeblich „zweifelhafte“ Herkunft des Dokuments angeht, muß man unterscheiden zwischen den recht liberalen Gedanken und den alles andere als „servilen Federn“ der deutschen und französischen Jesuiten, die Quadragesimo anno Gestalt verliehen haben, und der Reaktion, die die Regime zeigten, die nicht ganz so aufgeschlossen waren (siehe: Portugal unter Salazar und Österreich unter Dollfuss).
Uns geht es jedenfalls nicht darum, zu betonen, daß hier ein 70. Jahrestag unter den Teppich gekehrt wurde. Wir wollen die Enzyklika nicht zu Wort kommen lassen, damit sie uns von sich erzählt; wir wollen sie nicht als makellos und perfekt darstellen, wie das in autobiographischen Berichten oft der Fall ist. Nein, unser Anliegen ist es, anhand des Zeugnisses derer, die mit ihr vertraut sind, den in ihr enthaltenen Realismus herauszustellen. Jenen verblüffenden Realismus, mit dem sie damals die unheilvolle Vorherrschaft der wirtschaftlichen Macht über die politische, der Finanz über die Produktion und andere Bereiche, beurteilt hat. Aber noch mehr als das: es kann uns helfen, auch unsere Zeit besser zu verstehen, unser Bewußtsein zu schärfen, das wir, im kirchlichen Bereich, oft eher in Richtung philosophischer und theologischer Anthropologie entwickeln als dadurch, die Menschen betreffende Wirklichkeiten zu beobachten.
Die drei Teile der Enzyklika
Zunächst muß eingeräumt werden, daß Quadragesimo anno nicht irgendeine Enzyklika ist. Die ihr gewidmeten Kommentare wie auch die dazu verfaßten Handbücher sind sich einig: wenn es eine christliche Soziallehre gibt, dann haben wir diese im Grunde weniger Rerum novarum denn Quadragesimo anno zu verdanken. Edoardo Benvenuto meint in einem sehr interessanten Buch, daß sie – „einziger Fall in der Geschichte des Päpstlichen Lehramts zur Sozialthematik“ – die „organische Grundlegung einer Lehre“ darstellt. […] Ob es nun gefällt oder nicht, fügt er an: „Das ist die doctrina socialis Ecclesiae, nicht länger Prophezeiung durch Vorwürfe, Ermahnungen und Hoffnungen, wie zuvor, sondern logisch und linear, mit Prämissen, Thesen und Zusätzen klar dargelegt“ (Il lieto annunzio ai poveri, Edb. Bologna 1997, S. 124). Dann erklärt er (vgl. ebd., SS. 103-111), daß sich Quadragesimo anno in vollkommene Kontinuität mit der Soziallehre Leos XIII. stellt: immerhin findet der gesamte erste Teil (Nr. 1-40) lobende Worte für diesen Papst.
Den tragenden Themen und Kategorien der Lehre von Quadragesimo anno ist der zweite Teil gewidmet (Nr. 41-98), wo von Besitz, Kapital, Arbeit, Lohn die Rede ist. Danach wird die Notwendigkeit einer Reform der Institution betont und das Subsidaritätsprinzip hervorgehoben, das – zusammen mit dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit – die Inspiration des gesamten wirtschaftlichen Lebens sein sollte. Am Ende dieses Teils finden wir jene Seiten (Nr. 91-96), die nicht nur deshalb berühmt geworden sind, weil sie vom Papst selbst in italienischer Sprache verfaßt wurden (einer der seltenen Fälle, in denen ein Enzyklika-Text aus der Feder eines Papstes stammt – wie Pater Oswald von Nell-Breuning, der Hauptverfasser der Enzyklika, in seinen 1971 in Humanitas erschienenen Erinnerungen schreibt). Nein, sie verdienen ganz besonders deshalb Beachtung, weil hier, wenngleich nicht ohne Kritik, die Vorteile des gerade erst vom faschistischen Regime eingeführten Korporativsystems anerkannt wurden. Wie so oft in Fällen, in denen die kirchliche Autorität direkt in re politica oder oeconomica eingreift, wollte der Papst eine Sache, erreichte aber letztendlich eine ganz andere. Diese captatio benevolentiae (zu den Vorteilen des italienischen Korporativsystems) konnte die Befremdung des damaligen italienischen Diktators Mussolini nicht mildern, der die Enzyklika als eine derart scharfe Kritik an sich auffaßte, daß – wie Herr Nell-Breuning schreibt – sich sein ganzer Zorn gegen die katholischen Organisationen entlud.
Neben einer Reform der Institution hält die Enzyklika für die Einrichtung einer angemesseneren Sozialordnung auch eine sittliche Erneuerung für notwendig: Diesem Thema ist der dritte und letzte Teil (Nr. 99-149) gewidmet, der die Wandlungen wiederaufgreift, die es seit den Tagen Leos XIII. im sozioökonomischen Bereich gegeben hat. Das Hauptaugenmerk wird auf die sittliche Erneuerung gelegt; aber es scheint uns durchaus bedeutungsvoll, daß es die Enzyklika vor allem für notwendig hält, die Heilmittel der gewandelten sozioökonomischen Szene aufzuzeigen.
Die Diagnose
La Civiltà Cattolica (II, 507) schrieb bei der Vorstellung der Enzyklika spontan: „Das Verdienst des neuen Dokuments von Pius XI. liegt in seiner mit klinischer Sicherheit abgegebenen Diagnose der heutigen Wirtschaftsordnung.“ Fast vierzig Jahre später – andere Zeiten, anderes Klima, gemachten Lösungsansätze. So ist es kein Zufall, daß sich Paul VI., als er sich in Populorum Progressio (Ostern 1976) auf Quadragesimo anno beziehen wollte, nicht bei ihren Ansätzen oder Lösungen aufhielt, sondern bei der dort aufgestellten Diagnose verweilte, den neuen gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen man leider ein System eingerichtet habe, das […] zur Diktatur führte, die von Pius XI. zu recht als Ursache des internationalen Imperialismus des Geldes erkannt worden war.
Die Diagnose des dritten Teils enthält nicht nur zeitlose Formulierungen wie die eben zitierte, sondern auch wichtige Unterscheidungen, die zeigen, daß man vorsichtig dabei sein muß zu sagen, Quadragesimo anno verurteile Kapitalismus und Sozialismus bedingungslos. Pater Nell-Breuning schrieb, daß es für die Erläuterung eines Lehramtsdokuments weder darauf ankomme, was der Verfasser des Schemas gedacht habe, noch der Träger des Lehramts selbst, sondern allein auf das, was der Verbaltenor nach den allgemeinen Interpretationsprinzipien besage.
Und auch wenn der Sozialismus in der Enzyklika mehrfach verurteilt zu werden scheint, so steht dort doch auch zu lesen, daß er sich, in seiner gemäßigteren Form, „wieder zurückwende zu Wahrheiten, die christliche Erbweisheit sind, oder jedenfalls einige Schritte darauf zutue. Unleugbar ist hier gelegentlich eine bemerkenswerte Annäherung sozialistischer Propagandaforderungen an die Postulate einer christlichen Sozialreform zu beobachten.“ (Nr. 113). So hat sich auch Pater Chenu in einem sehr schönen, von Quereniana 1977 veröffentlichten Text gefragt, was wohl die nachfolgende große „Strenge“ (dem Sozialismus gegenüber) motiviert, und das „nach der Feststellung bemerkenswerter Konvergenzen“ (La dottrina sociale della chiesa, S. 30).
Im Hinblick auf das regimen capitalisticum kommt man widerum zu dem Schluß, daß dieses „als solches nicht zu verdammen“ sei (Nr. 101), da nicht „in sich schlecht“ (ebd.). Ja, es wird betont, daß es mit „Vorzügen“ verbunden sei (Nr. 103). Und der freie Wettbewerb wird definiert als „innerhalb der gehörigen Grenzen berechtigt und von zweifellosem Nutzen“ (Nr. 88). Man ist sich jedoch der Zusammenballung von Macht bewußt, „natürliches“ Ergebnis (natura sua) einer grundsätzlich zügellosen Konkurrenzfreiheit (Nr. 107), die man, ohne Papst Pius XI., dem Papst der „christlichen Liebe in der Politik“, unrecht zu tun (vgl. Ansprache an die FUCI am 18. Dezember 1927) durchaus definieren könnte als „außerhalb von jeder Kontrolle durch die Politik“ stehend. Diese zügellose Konkurrenzfreiheit „kann nicht anders enden als mit dem Überleben des Stärkeren, d.h. allzu oft des Gewalttätigeren und Gewissenloseren“ (Nr. 107).
Ein Aspekt dieser Degeneration ist die „sich zur Ungeheuerlichkeit auswachsende Vermachtung der Wirtschaft bei denjenigen, die als Beherrscher und Lenker des Finanzkapitals unbeschränkte Verfügung haben über den Kredit und seine Verteilung nach ihrem Willen bestimmen. Mit dem Kredit beherrschen sie den Blutkreislauf des ganzen Wirtschaftskörpers“ (Nr. 106). Das – wie Pater Nell-Breuning in seinem 1932 (Katholische Tat - Verlag Köln) erschienenen, und mehrfach neu aufgelegten Kommentar zur Enzyklika geschrieben hat (S.186) – „ist wohl die schärfste Stelle der ganzen Enzyklika. Nichtsdestoweniger sollte man auch in sie nichts hineintragen, was nicht darin steht. Sie kennzeichnet einen Zustand [...], der als eine Fehlentwicklung abgelehnt wird. [...], einen Systemfehler, durch den die heutige kapitalistische Wirtschaft entstellt ist und dessen Behebung daher mit allen Kräften zu erstreben ist.“
Das kapitalistische System wird also von seinen Formen der Degeneration geprägt. Und wenn gesagt wird, das Finanzkapital sei der Blutkreislauf des ganzen kapitalistischen Wirtschaftskörpers, so wird selbst das nicht prinzipiell abgelehnt. Da die vitalen Strukturen der Wirtschaft als Ganzes von der Zirkulation der Finanz abhängen, wird hier jegliches Fehlen von Reglements dieser Flüsse kritisiert. Und genau aus diesem Grund darf die Finanz nicht der Willkür einiger weniger überlassen bleiben.
Damit ist im Grunde alles gesagt. Nur eines noch nicht: Der Blutkreislauf ist heute durch die Informatik virtueller geworden, viel schneller lenkbar und viel unsichtbarer diejenigen, die ihn dirigieren. Und das macht die Therapie damit um so dringlicher.
Diagnose aus nächster Nähe
Auch die überaus interessanten Nr. 130 und 132 sind in einer gewissen Weise Teil dieser von Quadragesimo anno angebotenen Analyse. In Nr. 129 der Enzyklika heißt es nämlich in Anlehnung an Rerum novarum, daß „allein die Erneuerung christlichen Lebens und christlicher Einrichtungen helfen kann“, weil „sie allein der übertriebenen Sorge um die vergänglichen Güter […] wirksam abhelfen und die Blicke der Menschen wieder himmelwärts richten kann. Und wer möchte leugnen, daß im Augenblick die menschliche Gesellschaft dieses Heilmittels am meisten bedarf?“ Man macht den anderen weder Vorwürfe, noch hegt man Erwartungen oder entwirft Projekte, man versucht nur, zu verstehen. Interessant ist diesbezüglich, daß Pater Chenu bei seinem Zeichnen des Rahmens, wo die Enzyklika ihren Ansatz hat, betonte, daß Pius XI. die Emanzipation der Katholischen Aktion von einer „totalitären Ekklesiologie, und zwar sowohl in ihrer inneren Führung als auch dem Engagement der Christen im wirtschaftlichen und sozialen Leben“ positiv zu spüren bekommen hat (vgl. La dottrina sociale, S. 21). Damit beginnt „die Rückkehr zu einer Strategie, die nicht von oben ausging, sondern auf den wechselnden und wechselhaften Lebensumstände basierte“ (ebd.). Hinweise auf diese Strategie sind im Schlußteil der Enzyklika zu erkennen (von Nr. 138 bis zum Schluß).
Auch in Nr. 132 wird diese realistische Erkenntnis deutlich, wenn bekräftigt wird, daß die Habgier der Menschen, bzw. der Hunger nach Reichtum und materiellen Gütern „traurige Folge der Erbsünde“ sind. Und daß das moderne Wirtschaftssystem dieser „Labilität“ des Menschen „ganz besonders zahlreiche Gelegenheiten zum Falle“ biete. An dieser Stelle wird darauf verwiesen, daß weniger die Produktionsmethode des modernen Wirtschaftssystems als Gelegenheit zur Sünde gesehen wird, sondern vielmehr die „Leichtigkeit für jedermann, im ungeregelten Markt Gewinne zu machen, die viele zum Handel und Güterumsatz lockt, die nur ein Ziel haben, möglichst mühelos und bequem Gewinne zu erzielen, und zu diesem Zweck ohne sachliche Berechtigung, allein aus Habgier, die Preise durch wilde Spekulationen nach oben und wieder nach unten zu treiben und so alle Berechnungen seriöser Wirtschaftler zu durchkreuzen.“
Daher also erneut eine Hierarchie der Verantwortlichkeit eines zu wünschen übriglassenden Finanz-Systems: Nicht umsonst heißt es im nachfolgenden Punkt: „Auf ehrliche und rechtschaffene Weise ihren Wohlstand zu mehren, ist denen, die in der Gütererzeugung tätig sind, mitnichten verwehrt; ja, es ist nur billig und recht, daß, wer zum Nutzen der allgemeinen Wohlfahrt tätig ist, auch entsprechend an der gemehrten Güterfülle Anteil habe und zu steigendem Wohlstand gelange. Nur muß der Erwerb dieser Güter in schuldiger Unterwürfigkeit unter Gottes Gesetz und ohne Rechtsverletzung gegenüber dem Nächsten sich vollziehen und ihre Verwendung nach den Grundsätzen des Glaubens und der Vernunft wohlgeordnet sein“ (Nr. 136).
Noch zwei andere Hinweise zeigen deutlich den Realismus von Quadragesimo anno. Obwohl sie am Ende dieser langen Enzyklika stehen, sind sie doch keineswegs bloße Floskeln: lange vor der Zeit der Neuevangelisierung, der Zeit weit voraus (und daher noch rechtzeitig), spricht sie von einer „großenteils in das Heidentum zurückgefallenen“ Welt (Nr. 141). So wird der Sorge Ausdruck gegeben, daß die neue und doch so alte Ordnung der Dinge nicht die Kirche als solche in ihrer übergeschichtlichen Dimension erschüttern könnte, sondern daß vielmehr, wenn „alles natürliche und göttliche Recht“ (Nr. 144) mit Füßen getreten wird, viele einzelne Seelen Schaden nehmen könnten: „Die Kirche Christi, auf den unerschütterlichen Fels gegründet, hat für sich selbst nichts zu fürchten, da sie gewiß weiß, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden; ja, die Erfahrung der Jahrhunderte beweist ihr, daß sie aus den schwersten Stürmen nur gestärkt und in neuem Glanz strahlend hervorgeht. Aber ihr mütterliches Herz muß zittern bei dem Gedanken an das maßlose Leid, wovon während eines solchen Sturmes so viele Menschen betroffen würden, und besonders an das furchtbare Verderben, das so viele durch Christi Blut erkaufte Seelen in die Gefahr brächte, ewig verlorenzugehen“ (ebd.).
Von Pius XI. zu Paul VI.
Aber werfen wir einen Blick auf den Beginn des zweiten Teils, in dem Pius XI. – mit großem Respekt vor der Autonomie der Bereiche– erklärt, auf dem Gebiet der Wirtschaft nur das behandeln zu wollen, was den moralischen, nicht technischen Aspekt der Wirtschaft betrifft, die ihre eigenen Prinzipien und Gesetze hat, die nur nach der Vernunft beurteilt werden dürfen (vgl. Nr. 41). Hier erkennt man, daß zumindest in den Prämissen vermieden werden sollte, für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Wenn Papst Pius diesem Prinzip bis zum Äußersten treu geblieben wäre, und sich nicht einen Augenblick von seinem politischen „Spürsinn“ hätte leiten lassen, der dem Lehramt nicht unbedingt zukommt (Pater Nell-Breuning schrieb im Jahr 1971, daß er nun vollkommen überzeugt davon sei, daß Pius XI. das Phänomen des Faschismus nicht verstanden hat, ihm die soziologischen und politischen Kategorien gefehlt hätten, es einzuordnen: dieses „nicht“ hob er dabei deutlich hervor), hätte er vielleicht die Seiten über die Vorteile des italienischen Korporativsystems nicht angefügt. In seinem Apostolischen Schreiben Octogesima adveniens aus dem Jahr 1971 griff Paul VI. dieses Prinzip wieder auf und zog die Konsequenzen daraus. Angesichts der veränderten gegenwärtigen Situation meinte er, daß es schwierig sei, ein allgemein gültiges Wort zu äußern und eine Lösung von universalem Wert anzugeben. Das sei nicht seine Absicht und auch nicht seine Sendung. Sowohl die Analysen und die Entscheidungen, als auch die Bemühungen um das Werk der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Umwandlung blieben den getauften Laien überlassen. Die Soziallehre der Kirche beschäftige sich nicht damit, gewisse Strukturen zu bestätigen oder ein vorfabriziertes Modell vorzulegen.
Wenn man, in uns näherer Zeit, die Lehre aus der Geschichte der Soziallehre der Kirche gezogen hätte, wäre man vielleicht zurückhaltender gewesen, die Ideale wirtschaftlich-politischer Wenden überzubewerten, die sich letztendlich nur für das organisierte, internationale Verbrechen als ideal erwiesen haben.
] QUELLE [ https://www.30giorni.it/articoli_id_21137_l5.htm ]

Sozialenzyklika ist die Bezeichnung für ein päpstliches Schreiben zu sozialen Fragen.
Wie zur Glaubens- und Sittenlehre, so äußert sich das päpstliche Lehramt auch zur Soziallehre.
Es tut dies unter anderem in Form der Enzyklika, zu deutsch Rundschreiben. Die erste Sozialenzyklika "Rerum novarum" wurde am 15. Mai 1891 von Papst Leo XIII. vorgelegt.
Sie ist, wie bei Enzykliken üblich, nach den Anfangsworten des in der Regel lateinischen Originaltextes benannt.



Basierend auf der
Enzyklika :
RERUM NOVARUMO von Papst Leo XIII. (1891)
[ https://www.iupax.at/dl/kmntJmoJnnmJqx4KJKJmMJmNMn/1891-leo-xiii-rerum-novarum_pdf ]

An meine lieben Schwestern und Brüder, den zukünftigen zukünftigen Papst, die dann in Pflicht stehenden Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft oder auch im Widerstreit mit dem Apostolischen Stuhle leben, und an alle christgläubigen Menschen des Erdkreises . . .

Liebe Schwestern und Brüder, geliebte Töchter und Söhne !
Der Geist der Neuerung, welcher seit langem durch die Völker geht, mußte, nachdem er auf dem politischen Gebiete seine verderblichen Wirkungen entfaltet hatte, folgerichtig auch das volkswirtschaftliche Gebiet ergreifen.
Viele Umstände begünstigten diese Entwicklung; die Industrie hat durch die Vervollkommnung der technischen Hilfsmittel und eine neue Produktionsweise mächtigen Aufschwung genommen; das gegenseitige Verhältnis der besitzenden Klasse und der Arbeiter hat sich wesentlich umgestaltet; das Kapital ist in den Händen einer geringen Zahl angehäuft, während die große Menge verarmt; es wächst in den Arbeitern das Selbstbewußtsein, ihre Organisation erstarkt; dazu gesellt sich der Niedergang der Sitten.
Dieses alles hat den sozialen Konflikt wachgerufen, vor welchem wir stehen.
Wieviel in diesem Kampfe auf dem Spiele steht, das zeigt die bange Erwartung der Gemüter gegenüber der Zukunft. Überall beschäftigt man sich mit dieser Frage, in den Kreisen von Gelehrten, auf fachmännischen Kongressen, in Volksversammlungen, in den gesetzgebenden Körperschaften und natürlich in den Kreisen einer ganz real herrschenden Finanzoligarchie.
Wir wollen die Grundsätze darlegen, welche für eine richtige und billige Entscheidung der Frage maßgebend sein müssen.
Die ganze Frage ist ohne Zweifel schwierig und voller Gefahren; schwierig, weil Recht und Pflicht im gegenseitigen Verhältnis von Reichen und Besitzlosen, von denen, welche die Arbeitsmittel, und denen, welche die Arbeit liefern, abzumessen in er Tat keine geringe Aufgabe ist; und voller Gefahren, weil eine wühlerische Partei nur allzu geschickt das Urteil irreführt und Aufregung und Empörungsgeist unter den unzufriedenen Massen verbreitet.
Indessen, es liegt nun einmal zutage, und es wird von allen Seiten anerkannt, daß geholfen werden muß, und zwar, daß baldige ernste Hilfe nottut, weil Unzählige ein wahrhaft gedrücktes und unwürdiges Dasein führen.
In der Umwälzung des 19. und 20. Jahrhunderts, wurden die alten Genossenschaften der arbeitenden Klassen zerstört, keine neuen Einrichtungen traten zum Ersatz ein, das öffentliche und staatliche Leben entkleidete sich zudem mehr und mehr der christlichen Sitte und Anschauung, und so geschah es, daß die Arbeiter allmählich der Herzlosigkeit reicher Besitzer und der ungezügelten Habgier der Konkurrenz isoliert und schutzlos überantwortet wurden. Ein gieriger Wucher kam hinzu, um das Übel zu vergrößern, und wenn auch die Kirche zum öfteren dem Wucher das Urteil gesprochen, fährt dennoch Habgier und Gewinnsucht fort, denselben unter einer andern Maske auszuüben. Produktion und Handel sind fast zum Monopol von wenigen geworden, und so konnten wenige übermäßig Reiche einer Masse von Besitzlosen ein nahezu sklavisches Joch auflegen.
Aber Wir sagen mit allem Nachdruck: Läßt man die Kirche nicht zur Geltung kommen, so werden alle menschlichen Bemühungen vergeblich sein; denn die Kirche ist es, welche aus dem Evangelium einen Schatz von Lehren verkündet, unter deren kräftigem Einfluß der Streit sich beilegen oder wenigstens seine Schärfe verlieren und mildere Formen annehmen kann; sie ist es, die den Geistern nicht bloß Belehrung bringt, sondern auch mit Macht auf eine den christlichen Vorschriften entsprechende Regelung der Sitten bei jedem einzelnen hinwirkt.
Die Natur hat vielmehr alles zur Eintracht, zu gegenseitiger Harmonie hingeordnet; und so wie im menschlichen Leibe bei aller Verschiedenheit der Glieder im wechselseitigen Verhältnis Einklang und Gleichmaß vorhanden ist, so hat auch die Natur gewollt, daß im Körper der Gesellschaft jene beiden Klassen in einträchtiger Beziehung zueinander stehen und ein gewisses Gleichgewicht darstellen. Die eine hat die andere durchaus notwendig.
So wenig das Kapital ohne die Arbeit, so wenig kann die Arbeit ohne das Kapital bestehen. Eintracht ist überall die unerläßliche Vorbedingung von Schönheit und Ordnung; ein fortgesetzter Kampf dagegen erzeugt Verwilderung und Verwirrung. Zur Beseitigung des Kampfes aber und selbst zur Ausrottung seiner Ursachen besitzt das Christentum wunderbare und vielgestaltige Kräfte.
Die Kirche, als Vertreterin und Wahrerin der Religion, hat zunächst in den religiösen Wahrheiten und Gesetzen ein mächtiges Mittel, die Reichen und die Armen zu versöhnen und einander nahezubringen; ihre Lehren und Gebote führen beide Klassen zu ihren Pflichten gegeneinander und namentlich zur Befolgung der Vorschriften der Gerechtigkeit.
Die Pflichten, die hinwieder die Besitzenden und Arbeitgeber angehen, sind die nachstehenden: die Arbeiter dürfen nicht wie Sklaven angesehen und behandelt werden; ihre persönliche Würde, welche geadelt ist durch ihre Würde als Christen, werde stets heilig gehalten; Arbeit und Erwerbssorgen erniedrigen sie nicht, vielmehr muß, wer vernünftig und christlich denkt, es ihnen als Ehre anrechnen, daß sie selbständig ihr Leben unter Mühe und Anstrengung erhalten; unehrenvoll dagegen und unwürdig ist es, Menschen bloß zu eigenem Gewinne auszubeuten und sie nur so hoch anzuschlagen, als ihre Arbeitskräfte reichen.
Eine weitere Vorschrift schärft ein: Habet auch die gebührende Rücksicht auf das geistige Wohl und die religiösen Bedürfnisse der Besitzlosen; ihr Herren seid verpflichtet, ihnen Zeit zulassen für ihre gottesdienstlichen Übungen; ihr dürft sie nicht der Verführung und sittlichen Gefahren bei ihrer Verwendung aussetzen; den Sinn für Häuslichkeit und Sparsamkeit dürft ihr in ihnen nicht ersticken; es ist ungerecht, sie mit mehr Arbeit zu beschweren, als ihre Kräfte tragen können, oder Leistungen von innen zu fordern, die mit ihrem Alter oder Geschlecht in Widerspruch stehen.
Im allgemeinen ist in Bezug auf den Lohn wohl zu beachten, daß es wider göttliches und menschliches Gesetz geht, Notleidende zu drücken und auszubeuten um des eigenen Vorteils willen. Dem Arbeiter den ihm gebührenden Verdienst vorenthalten, ist eine Sünde, die zum Himmel schreit.
„Siehe“, sagt der Heilige Geist, „der Lohn der Arbeiter,... den ihr unterschlagen, schreit zu Gott, und ihre Stimmen dringen zu Gott“.
Die Reichen dürfen endlich unter keinen Umständen die Besitzlosen in ihrem Erworbenen schädigen, sei es durch Gewalt oder durch Trug oder durch Wucherkünste: und das um so weniger als ihr Stand minder gegen Unrecht und Übervorteilung geschützt ist. Ihr Eigentum, weil gering, beansprucht eben deshalb um so mehr Unverletzlichkeit. Wer wird in Abrede stellen, daß die Befolgung dieser Vorschriften allein imstande sein würde, den bestehenden Zwiespalt samt seinen Ursachen zu beseitigen?
Aber die Kirche, welche in den Fußstapfen ihres göttlichen Lehrers und Führers Jesu Christus wandelt, hat noch höhere Ziele; sie trachtet mit Vorschriften von noch größerer sittlicher Vollkommenheit, den einen Teil dem andern möglichst anzunähern und ein freundliches Verhältnis zwischen beiden herzustellen Nur wenn wir das künftige unsterbliche Leben zum Maßstabe nehmen, können wir über das gegenwärtige Leben unbefangen und gerecht urteilen.
Ob der Mensch an Reichtum und an anderen Dingen, die man Güter nennt, Überfluß habe oder Mangel leide, darauf kommt es für die ewige Seligkeit nicht an; aber sehr viel kommt auf die Weise an, wie er diese Güter für seine Erlösung benützt.
Es ergeht also die Mahnung der Kirche an die mit Glücksgütern Gesegneten, daß Reichtum nicht von Mühsal frei mache, und daß er für das ewige Leben nichts nütze, ja demselben eher schädlich sei. Die auffälligen Drohungen Jesu Christi an die Reichen müßten diese mit Furcht erfüllen, denn dem ewigen Richter wird einst strengste Rechenschaft über den Gebrauch der Güter dieses Lebens abgelegt werden müssen.
Eine wichtige und tiefgreifende Lehre verkündet die Kirche sodann über den Gebrauch des Reichtums, eine Lehre, welche von der heidnischen Weltweisheit nur dunkel geahnt wurde, die aber von der Kirche in voller Klarheit hingestellt und, was mehr ist, in lebendige praktische Übung umgesetzt wird. Sie betrifft die Pflicht der Wohltätigkeit, das Almosen.
Diese Lehre hat die Unterscheidung zwischen gerechtem Besitz und gerechtem Gebrauch des Besitzes zur Voraussetzung.
Das Privateigentum ist auch im gesellschaftlichen Dasein eine Notwendigkeit. „Es ist erlaubt“, so drückt der hl. Thomas es aus, „daß der Mensch Eigentum besitze, und es ist zugleich notwendig für das menschliche Leben“. Fragt man nun, wie der Gebrauch des Besitzes beschaffen sein müsse, so antwortet die Kirche mit dem nämlichen heiligen Lehrer: „Der Mensch muß die äußern Dinge nicht wie ein Eigentum, sondern wie gemeinsames Gut betrachten und behandeln, insofern nämlich, als er sich zur Mitteilung derselben an Notleidende leicht verstehen soll.
Darum spricht der Apostel: ,Befiehl den Reichen dieser Welt,... daß sie gerne geben und mitteilen“.
Das Gesagte läßt sich also kurz so zusammenfassen: Wer irgend mit Gütern von Gott dem Herrn reichlicher bedacht ,wurde, seien es leibliche und äußere, seien es geistige Güter, der hat den Überfluß zudem Zweck erhalten, daß er ihn zu seinem eigenen wahren Besten und zum Besten der Mitmenschen wie ein Diener der göttlichen Vorsehung benütze.
„Wem also Einsicht verliehen ist“, sagt der hl. Gregor der Große, „der verwende sie zu nutzbringender Unterweisung, wer Reichtum erhalten hat, sehe zu, daß er mit der Wohltätigkeit nicht säume; wer in praktischen Dingen Erfahrung und Übung besitzt, verwende sein Können zum Besten der Mitmenschen“.
Das sind nach christlicher Auffassung die Grundzüge der Menschenrechte und der Menschenpflichten.
Würde nicht aller Streit in kurzer Frist erledigt sein, wenn diese Wahrheiten in der bürgerlichen Gesellschaft zu voller Anerkennung gelangten? Es ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, daß, wenn man ein Heilmittel für die menschliche Gesellschaft sucht, dasselbe nur in der christlichen Wiederherstellung des öffentlichen und privaten Lebens beruht.
Denn es ist ein bekanntes Axiom, daß jede Gesellschaft, die sich aus Niedergang erheben will, im Sinne ihres Ursprungs arbeiten muß. Durch das Streben nach dem beim Ursprung gesetzten Ziele muß das entsprechende Leben in den gesellschaftlichen Körper kommen. Abweichen vom Ziele ist gleichbedeutend mit Verfall; Rückkehr zu demselben bedeutet Heilung.
Dies gilt vom ganzen Körper des Staates, und es gilt ebenso von der bei weitem zahlreichsten Klasse von Staatsbürgern, den arbeitenden Ständen.
Die Fürsorge der Kirche geht indessen nicht so in der Pflege des geistigen Lebens auf, daß sie darüber der Anliegen des irdischen Lebens vergäße. Sie ist vielmehr, insbesondre dem Arbeiterstande gegenüber, vom eifrigen Streben erfüllt, die Not des Lebens für ihn auch nach der materiellen Seite zu lindern und ihn zu besseren Verhältnissen zu erheben.
Aber die Kirche entfaltet außerdem auch geeignete praktische Maßnahmen zur Milderung des materiellen Notstandes der Besitzlosen zur Hebung ihres Daseins.
Der heilige Apostel Paulus nahm es trotz seiner vielfältigen Sorgen für alle Kirchen auf sich, den notleidenden Christen persönlich auf mühevollen Reisen das Almosen zu bringen. Tertullian spricht von der bei jeder Versammlung der Christen gespendeten Beisteuer; er nennt sie „Hinterlage der Liebe“ und sagt, sie diene „zum Unterhalte der Armen und ihrem Begräbnis, den dürftigen Waisen beiderlei Geschlechtes, den Greisen und den Schiffbrüchigen“.
So floß allmählich ein kirchliches Patrimonium zusammen, und dasselbe ward stets mit heiliger Sorgfalt als ein Erbschatz der Armen und Notleidenden bewahrt.
Hier eröffnet sich also eine weite Bahn, auf welcher die Kirche und ebenso der Staat für den Nutzen aller Klassen der Bevölkerung und insbesondere für die Lage der Arbeiter tätig sein kann; gebraucht der Staat hier sein Recht, so ist durchaus kein Vorwurf möglich, als ob er einen Übergriff beginge; denn nichts geht den Staat seinem Wesen nach näher an als die Pflicht, das Gemeinwohl zu fördern und je wirksamer und durchgreifender er es durch allgemeine Maßnahmen tut, desto weniger brauchen anderweitige Mittel zur Besserung der Arbeiterverhältnisse aufgesucht zu werden.
So muß der Staat durch öffentliche Maßnahmen sich in gebührender Weise des Schutzes der Arbeiter annehmen. Wenn dies nicht geschieht, so verletzt er die Forderung der Gerechtigkeit, welche jedem das Seine zugeben befiehlt.
Richtig bemerkt in dieser Hinsicht der hl. Thomas: „Wie der Teil und das Ganze gewissermaßen dasselbe sind, so gehört das, was dem Ganzen gehört, auch gewissermaßen dem Teile an“ . Unter den vielen und wichtigen Pflichten also, die eine für das Wohl der Untertanen besorgte Staatsleitung zu erfüllen hat, ist es eine der ersten, daß sie allen Klassen von Untertanen denselben Schutz angedeihen lasse, in strenger Wahrung jener Gerechtigkeit, die man die „verteilende“ genannt hat.
Es ist also eine Forderung der Billigkeit, daß man sich seitens der öffentlichen Gewalt des Arbeiters annehme, damit er von dem, was er zum allgemeinen Nutzen beiträgt, etwas empfängt, so daß er in Sicherheit hinsichtlich Wohnung, Kleidung und Nahrung ein weniger schweres Leben führen kann.
Daraus folgt, daß alles zu fördern ist, was irgendwie der Lage der Arbeiterschaft nützen kann. Wenn der Staat hierfür Sorge trägt, so fügt er dadurch niemand Nachteil zu, er nützt vielmehr sehr der Gesamtheit, die ein offenbares Interesse daran hat, daß ein Stand, welcher dem Staate so notwendige Dienste leistet, nicht im Elend seine Existenz friste.
Und da jede Autorität von Gott kommt, als ein Ausfluß der höchsten Autorität, so ist auch die Regierung zu handhaben nach dem Vorbilde der göttlichen Regierung, die da mit gleicher väterlicher Liebe sowohl die Gesamtheit der Geschöpfe als die einzelnen Dinge leitet. Droht also der staatlichen Gesamtheit oder einzelnen Ständen ein Nachteil, dem anders nicht abzuhelfen ist, so ist es Sache des Staates, einzugreifen.
Die Erhaltung des Lebens ist heilige Pflicht eines jeden. Hat demnach jeder ein natürliches Recht, den Lebensunterhalt zu finden, so ist hinwieder der Dürftige hierzu allein auf die Händearbeit notwendig angewiesen.
Es würde dabei zugleich der Reichtum der Bodenerzeugnisse ohne Zweifel gewinnen. Denn bei dem Bewußtsein, auf Eigentum zu arbeiten, arbeitet man ohne Zweifel mit größerer Betriebsamkeit und Hingabe; man schätzt den Boden in demselben Maße, als man ihm Mühe opfert; man gewinnt ihn lieb, wenn man in ihm die versprechende Quelle eines kleinen Wohlstandes für sich und die Familie erblickt. Es liegt also auf der Hand, wieviel der Ertrag, wie viel der Gesamtwohlstand des Volkes gewinnen würde.
Der Zweck des Staates umfaßt alle Einwohner, denn er geht auf die allgemeine öffentliche Wohlfahrt, deren Vorteile alle zu genießen das Recht haben; und der Staat wird eben darum als das „Gemeinwesen“ bezeichnet, weil in demselben, um mit dem hl. Thomas zu sprechen, „die Menschen sich vereinigen, um eine Gemeinschaft zu bilden“.
Jede/r, der oder eben die nicht die höchsten Güter der Menschheit aufs Spiel gesetzt sehen will, muß den sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaft als höchst zeitgemäß und wünschenswert betrachten.
Der Staat sollte ihnen seine schützende Hand leihen, aber in ihre inneren Angelegenheiten nicht eingreifen; fremdartige Eingriffe gereichen sehr leicht einem Leben, das von innen, vom eigenen Prinzip ausgehen muß, zur Zerstörung.
Umsicht und Weisheit sind hier aufzuwenden zur Erhaltung der notwendigen innern Einheit und Harmonie.
Die Vergangenheit gestattet in mancher Hinsicht auch auf unserem Gebiete einen Blick in die Zukunft.
Es wiederholen sich die gleichen Erscheinungen bei allem Wechsel der Zeiten und der Völker oft mit wunderbarer Ähnlichkeit, weil der Weltlauf der Vorsehung Gottes untergeordnet ist, welche nach ewigem Plane alle Dinge ihrem höchsten Zwecke anbequemt und dienstbar macht.
Im vorstehenden haben wir Euch gezeigt, ehrwürdige Schwestern und Brüder, wer zur Mitwirkung bei der Lösung der wichtigen sozialen Frage berufen ist und wie die Mitwirkung sich zu gestalten hat. Möge jeder Berufene Hand anlegen und ohne Verzug, damit die Heilung des bereits gewaltig angewachsenen Übels nicht durch Säumnis noch schwieriger werde.
Was aber die Kirche angeht, so wird diese keinen Augenblick ihre allseitige Hilfe vermissen lassen dürfen. Ihre Tätigkeit wird dann um so wirksamer sein, je größere Freiheit der Bewegung ihr gelassen wird. Mögen dies namentlich diejenigen vor Augen haben, in deren Hände die Sorge für das Heil der Staaten gelegt ist.
Mögen alle Glieder und ebenso die Vaginalen der Geistlichkeit ihre volle Kraft und allen Eifer der großen Aufgabe widmen.

Papst Leo XIII.
https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_XIII.
Leo XIII. (* 2. März 1810 in Carpineto Romano als Vincenzo Gioacchino Pecci; † 20. Juli 1903 in Rom) war von 1878 bis 1903 Papst der römisch-katholischen Kirche.
Leo XIII. ist als politischer Papst in die Geschichte eingegangen. Die von vielen gefürchtete Dogmenhäufung nach der Unfehlbarkeitserklärung aus dem Jahre 1870 unter Pius IX. blieb aus. Wohl aber kann man Leo XIII. den ersten Enzyklikenpapst nennen; er verfasste 86 dieser päpstlichen Rundschreiben (deren erstes auf Benedikt XIV. zurückgeht), darunter sieben zur Marienverehrung. Sein Ziel war es, die Kirche aus ihrer selbstgewählten Isolation gegenüber den neuzeitlichen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen herauszuführen, jedoch war er von der Notwendigkeit einer „zeitlichen Macht“ (Kirchenstaat) des Papstes überzeugt. Einerseits orientierte er sich an der hochmittelalterlichen Ordnung von Kirche und Staat, andererseits verfasste er die erste Sozialenzyklika der römisch-katholischen Kirche und wertete damit die katholische Soziallehre auf. Wegen seiner Anteilnahme an sozialen Fragen wurde er mit dem Attribut „Arbeiterpapst“ und dem Beinamen „der Soziale“ bekannt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rerum_Novarum
Rerum Novarum ist eine von Papst Leo XIII. verfasste Enzyklika, die am 15. Mai 1891 veröffentlicht wurde. Unter den 86 Enzykliken seiner Amtszeit (1878 bis 1903), die Leo XIII. als den „Arbeiterpapst“ in die Papstgeschichte eingehen ließen, gilt diese als epochal und als „Mutter aller Sozialenzykliken“.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts führten radikale Veränderungen auf politischem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet, besonders in Wissenschaft und Technik, zu einer Spaltung der Gesellschaft in zwei Klassen. Nach der Auflösung der Standeszünfte hatte die große Masse der Arbeiterschaft keine Macht und keinen Besitz, um sich dem unwürdigen Dasein als notleidende Arbeiterklasse entgegenzustellen, bei der die Menschenwürde und Grundrechte verloren gingen. Es gab ein hohes Maß an sozialer Ungerechtigkeit. Der Konflikt zwischen Liberalismus und Sozialismus drohte seinen Höhepunkt in einer Revolution zu finden.
Leo XIII. erkannte in den „neuen Dingen“ (wörtliche Übersetzung), gemeint sind neue Verhältnisse und Entwicklungen oder, wie es in der deutschen Übersetzung heißt: „Geist der Neuerung“, eine Gefahr für Gesellschaft und Staat. Seine Enzyklika ist in zwei Hauptteile unterteilt.
Im ersten Teil argumentiert er gegen die sozialistische Theorie der damaligen Zeit als Lösung der gesellschaftlichen Missstände. Die Aufhebung des Privateigentums und die Überführung des Einzelbesitzes in die Hand der Allgemeinheit seien nicht nur rechtswidrig und wider die natürlichen Gesetze, sondern würden der Arbeiterklasse zudem selbst schaden (RN 4, 5). Seit Bestehen der Menschheit sei der Beweggrund von Arbeit, Einsatz und Fleiß der Erwerb von Eigentum, um den nötigen Lebensunterhalt zu decken.
Der Mensch habe nach geleisteter Arbeit das Recht auf Lohn und auch das Recht, über diesen frei zu verfügen. Investiert der Arbeiter einen Teil seines Lohns in Sachgüter, so seien diese Güter der Ertrag seiner Arbeit in neuer Form. Die Umwandlung von Privatgut in Gemeingut beraube die Arbeiter demnach der Erträge ihrer Arbeit und missachte den Eigentumsanspruch, der „dem Menschen von Natur zukommt“ (RN 5). Gerade dies dürfe weder bei Einzelpersonen noch bei Familien geschehen. Die Familie als Gemeinwesen sei älter als der Staat und dürfe deshalb nicht von ihm abhängig sein. Sie „besitzt […] die gleichen Rechte wie die bürgerliche Gesellschaft“ (RN 10) und müsse eigenständig bleiben.
Zur Lösung der Arbeiterfrage nimmt er im zweiten Hauptteil Stellung, in dem er den Anteil der Kirche, des Staates und der Arbeiterorganisationen bestimmt. Er beginnt mit der Unverzichtbarkeit der Religion und der Kirche. Sie ist für ihn zuständig, „die Ordnung der menschlichen Gesellschaft mitzugestalten“. Daher müsse ihre Lehre die Grundlage zur Lösung sein: Gleichheit unter den Menschen würde und dürfe es nie geben, Unterschiede seien naturgegeben, jedoch müssten die beiden Klassen Arbeit und Kapital in Eintracht und Frieden miteinander auskommen. Dabei habe der Angehörigen der arbeitenden Stände die Pflicht, geschlossene Verträge einzuhalten und dem Arbeitgeber mit ihrer Arbeit zu dienen.
Ebenso müsse der Arbeiter gerecht entlohnt werden. Papst Leo XIII. bezeichnet den Verstoß gegen diese für ihn „allerwichtigste Pflicht der Arbeitgeber“ (RN 17) als „großes Verbrechen, das um Rache zum Himmel schreit“ (RN 17). Zuletzt weist er auf die Bedeutungslosigkeit der irdischen Güter für das Jenseits hin und appelliert an den Gebrauch des Reichtums im Sinne der Nächstenliebe.
Bei den Aufgaben des Staates spricht sich der Papst für eine staatliche Sozialpolitik aus. Das „freie Spiel der Kräfte“ sieht Papst Leo XIII. als gescheitert und folgert daraus, dass der Staat durch Einzelpflichten wie dem Gemeinwohl entsprechende Gesetzgebung, Schutz des Privateigentums, Unterbindung von Streik, Schutz der Menschenwürde und Sonntagsruhe, Überwachung der Arbeitsverhältnisse – besonders für Frauen und Kinder –, Lohngerechtigkeit (→ Soziale Gerechtigkeit), Schutz des Geistes der Arbeiter und Förderung von Frieden und Ordnung, seiner Funktion, nämlich „das Gemeinwohl zu hüten und zu fördern“ (RN 28), gerecht werde, ohne dabei jedoch den Ursprung in Gott und die Handlungsfreiheit des Einzelnen zu missachten. Den Arbeitgeberverbänden räumt er eine naturgegebene und notwendige Rolle ein, die vom Staat anerkannt werden müsse, jedoch nicht über der des Staates liegen dürfe.
Papst Leos XIII. Warnungen und Forderungen versuchen, einen von Liberalismus und Sozialismus unabhängigen Weg (→ Dritter Weg) zu weisen. Vor allem wurde darin die sozialistische Eigentumslehre verworfen. Die Mitwirkung des Staates zur Lösung der sozialen Probleme wird als notwendig erachtet. Diese „Magna Carta“ für die sozialen Probleme begründete die Katholische Soziallehre.
Sowohl 1931 (Quadragesimo anno von Pius XI.) als auch 1961 (Mater et magistra von Johannes XXIII.) und 1971 (Octogesima adveniens von Paul VI.) wurden am Jahrestag der Rerum Novarum Sozialenzykliken veröffentlicht. Auch Papst Johannes Paul II. steht in dieser Tradition; er nahm den neunzigsten wie auch den hundertsten Jahrestag zum Anlass, ebenfalls Sozialenzykliken zu veröffentlichen – Laborem exercens (1981) und Centesimus Annus (1991).
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Leo-XIII_Friedrich-Stummel.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Papa_Leone_XIII.jpeg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Tomb_Leo_XIII_San_Giovanni_in_Laterano_2006-09-07.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Sterbebildchen_Leo_XIII._JS_002.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Papst_Leo_XIII.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Papst_Leon-XIII..jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Mariani_pope.jpg
Unser heiliger vater papst Leo XIII, in seinem leben und wirken
by Kühne, Benno, 1833-1916
https://archive.org/details/unserheiligerva00khgoog
Leo XIII, seine Zeit, sein Pontificat, und seine Erfolge (Festschrift zum 50 Jährigen Priester-Jubiläum seiner Heiligkeit)
by O'Reilly, Bernard, 1823-1907
https://archive.org/details/leoxiiiseinezeit00orei
Unseres heiligen Vaters Papst Leo XIII Leben
by De Waal, Anton, 1837-1917
https://archive.org/details/a611759700dewauoft
Leo XIII. : ein Charakter- und Zeitbild / von H. J. A. M. Schaepman
https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/urn/urn:nbn:de:hbz:6:1-122453
https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/download/pdf/2758653?originalFilename=true
Unseres heiligen Vaters Papst Leo XIII. Leben / von Anton de Waal
https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/urn/urn:nbn:de:hbz:6:1-34228
https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/download/pdf/952434?originalFilename=true
https://de.wikisource.org/wiki/Papst_Leo_XIII._als_Dichter
https://de.wikisource.org/wiki/Zwei_deutsche_Briefe_an_Papst_Leo_XIII.

Von den Entscheidungen, welche er treffen wird, hängt sehr Vieles ab; aufmerksam achtet man daher auf jedes Wort und sieht auf jede That, aus der man einen Schluß auf seine Stellung zu den weltlichen Regierungen und zu den wichtigen Fragen der Gegenwart ziehen kann. Wenn ihm auch seine Handlungen durch die Lehre und die Einrichtungen der katholischen Kirche vielfach genau vorgezeichnet sind, so bietet sich ihm doch noch gar manches Mal die Gelegenheit, den Umständen Rechnung zu tragen und ein friedliches Verhältniß zu den weltlichen Regierungen anzubahnen. Im Deutschen Reiche gibts schon seit mehreren Jahren heftigen Streit in den Fragen, welche die Stellung der Kirche zum Staate betreffen. Jeder, der sein Vaterland liebt, muß wünschen, daß es dem neuen Papste gelinge, einen Weg zu finden, der zu einem guten Einvernehmen zwischen diesen beiden großen Mächten führt. Es wäre ein herrliches Ding, wenn es von den Glocken, welche der Welt das Ereigniß verkündigten: „Die katholische Kirche hat einen Papst“, heißen dürfte: Friede war ihr erst Geläute!


Basierend auf der Enzyklika :
QUADRAGESIMO ANNO von Papst Pius XI. (1931)

[ https://de.wikipedia.org/wiki/Quadragesimo_anno ]
[ https://www.vatican.va/content/pius-xi/de/encyclicals.index.html ]
[ https://www.vatican.va/content/pius-xi/en/encyclicals/documents/hf_p-xi_enc_19310515_quadragesimo-anno.html ]
[ https://www.iupax.at/dl/kmntJmoJnnmJqx4KJKJmMJmNMn/1891-leo-xiii-rerum-novarum_pdf ]
[ https://homepage.univie.ac.at/christian.sitte/PAkrems/zerbs/volkswirtschaft_I/beispiele/wio_b07.html ]

An meine lieben Schwestern und Brüder, den zukünftigen zukünftigen Papst, die dann in Pflicht stehenden Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft oder auch im Widerstreit mit dem Apostolischen Stuhle leben, und an alle christgläubigen Menschen des Erdkreises . . .

Liebe Schwestern und Brüder, geliebte Töchter und Söhne !

Über die gesellschaftliche Ordnung in Zeiten einer Umwelt - und Klimakrise . . .
Bzw. ihre Wiederherstellung und ihre Vollendung nach dem Heilsplan der Lehre aller Weltreligionen und im Speziellen zum 92. Jahrestag der Enzyklika von Papst Pius XI. "Quadragesimo_anno"...

Ehrwürdige Brüder, geliebte Söhne . . .
Gruß und Segen sendet euch eure Hildegard !

1. 92 Jahre sind bereits im Heute von 2023 verflossen, seit der Papst seligen Angedenkens, Pius XI., sein herrliches Rundschreiben "Quadragesimo_anno" 1931 ergehen ließ. In dankbarer Freude sollte der ganze Erdkreis diesen Anlaß ergreifen, um das Gedenken an diese Enzyklika der katholischen Kirche verdientermaßen trotzdem feierlich zu begehen.
Meine Frage in dem Zusammenhang : Habt ihr aus seinen erhabenen und wahren Worten denn nun gar nichts gelernt ?!

2. Als Wegbereiter dieser einzigartigen Urkunde oberster Hirtensorge waren schon andere Rundschreiben seines Vorgängers, Papst Leo XII., vorausgegangen; über die Grundlage der menschlichen Gesellschaft, die Familie und das hl. Sakrament der Ehe1; über den Ursprung der Staatsgewalt2 und deren geordnete Beziehungen zur Kirche3; über die Hauptpflichten christlicher Staatsbürger4; sodann aber auch gegen den Sozialismus5 und eine falsche Freiheitslehre6, sowie andere mehr, aus denen Leo's Geist bereits deutlich genug sprach. Das Rundschreiben "Rerum novarum" aber zeichnete sich dadurch vor allen übrigen aus, daß es die sichere Richtschnur zur glücklichen Lösung jener dornenvollen Frage um die menschliche Gesellschaft, die als die soziale Frage bekannt ist, gerade in dem Augenblick der Menschheit darbot, da es am meisten gelegen kam, ja sogar dringendst not tat.

Veranlassung

3. Bereits gegen die Neige des 19. Jahrhunderts hatten ja die neue Wirtschaftsweise und die Industrialisierung bei einer ganzen Reihe von Völkern mehr und mehr zu einer Spaltung der Gesellschaft in zwei Klassen geführt: die eine Klasse, nur gering an Zahl, genoß fast allein alle Annehmlichkeiten, welche die neuzeitlichen Erfindungen so reichlich zu bieten vermochten; die andere Klasse dagegen, die ungeheuere Masse der Menschheit umfassend, litt unter dem Druck jammervoller Not, ohne sich trotz angestrengtesten Bemühens aus ihrer kläglichen Lage befreien zu können.

4. Mit dieser Lage der Dinge fanden sich jene leicht genug ab, die selber im Reichtum schwimmend in ihr einfach das Ergebnis naturnotwendiger Wirtschaftsgesetze erblickten und folgerecht alle Sorge um eine Linderung der Elendszustände einzig der Nächstenliebe zuweisen wollten - gerade als ob es Sache der Nächstenliebe wäre, die von der Gesetzgebung nur allzuoft geduldete, manchmal sogar gutgeheißene Verletzung der Gerechtigkeit mit ihrem Mantel zuzudecken. Knirschend dagegen ertrug die Arbeiterschaft diesen Stand der Dinge, unter dem ihr ein so hartes Los zufiel, und bäumte sich auf gegen ein so unerträgliches Joch. Unter dem Einfluß der Verhetzung erstrebte der eine Teil der Arbeiterschaft den völligen Umsturz der menschlichen Gesellschaft; aber auch bei dem andern Teil, der durch seine gediegene christliche Durchbildung gegen solche Verirrungen gefeit war, festigte sich die Überzeugung, daß ein tiefgreifender Wandel dringend und schleunig geboten sei.

5. Ganz gleich dachten nicht wenige jener katholischen Männer, Geistliche und Laien, die, von bewunderungswürdiger Nächstenliebe getrieben, schon lange der unverdienten Notlage des Proletariats abzuhelfen sich mühten. Auch sie vermochten sich nicht einzureden, daß eine so ungeheuerliche und so unbillige Ungleichheit in der Verteilung der zeitlichen Güter den Absichten des allweisen Schöpfers entsprechen sollte.

6. Sie alle suchten zwar aufrichtig und ehrlich nach einem wirksamen Heilmittel für die jammervolle Störung der allgemeinen Ordnung sowie nach vorbeugenden Maßnahmen, um wenigstens eine noch ärgere Verschlimmerung hintanhalten zu können. Indes - so armselig ist nun einmal der Geistesflug selbst hochstehender Menschen - von den einen erfuhren sie als gefährliche Neuerer scharfe Ablehnung, von der anderen Seite fielen ihnen Mitarbeiter:innen am gleichen edlen Werk. Deren Ansichten und Pläne aber in anderer Richtung gingen, hindernd in den Arm, so daß sie in dem Widerstreit der Meinungen schließlich nicht mehr wußten, welchen Weg sie einschlagen sollten.

7. In diesem geistigen Ringen nun, da der Meinungsstreit hin und her tobte und gelegentlich zu großer Schärfe aufflammte, richteten sich wie so oft zuvor aller Augen auf Petri Stuhl, auf diesen ehrwürdigen Hort der Wahrheit, von dem Worte des Heiles in die ganze Welt ausgehen. Ja, zu den Füßen des Stellvertreters Christi auf Erden strömten in nie gekannter Zahl führende Männer der Sozialwissenschaften, Arbeitgeber und schließlich Arbeiter zusammen; alle miteinander hatten das eine Anliegen, endlich den sicheren Weg gewiesen zu werden.

8. Reiflich sollte nun der zukünftige Papst in seiner hohen Klugheit die Dinge mit sich allein und vor Gott erwägen; die erfahrensten Berater hinzuziehen; und nach allen Seiten jegliches ernsthaft überdenken.
Am Ende wird sein Entschluß feststehen : Im Bewußtsein der heiligen Pflicht seines Apostolischen Amtes7, um durch längeres Schweigen auch nicht den Schein der Pflichtversäumnis auf sich zu laden8, wird er zur Kirche Christi, zur Menschheit sprechen, und seines von Gott ihm aufgetragenen Lehramtes walten.

9. So wird der Papst dann seine lange erwartete Stimme erheben. Von der Schwierigkeit der Aufgabe nicht erschreckt, vom Alter nicht gebeugt, nein, in hochaufgereckter Kraft wird er dem Menschengeschlecht zur Lösung der Herausforderungen in Zeiten eines globalen Klima - und Umweltnotstand bei den sozialen und gleichfalls ökologischen Fragen neue Bahnen weisen.

Gegenstand

10. Ihr alle, liebe Schwestern und Brüder und geliebte Söhne und Töchter, seid sicher wohlvertraut mit jener bewunderungswürdigen Lehre, die der unvergängliche Ruhm des Rundschreibens "Quadragesimo_anno" ist.
Voll Schmerz, einen so großen Teil der Menschheit unter jammervollen, kläglichen Verhältnissen in unwürdiger Lage erblicken zu müssen, nachdem die wirtschaftliche Entwicklung "den Menschen in seiner Vereinzelung schutzlos der Unmenschlichkeit einer neoliberalen Gesinnung und dem Eigennutz eines zügellosen Wettbewerbs ausgeliefert" hatte9, wird der oberste Hirte die Sache der gesamten Menschheit zu der seiner Eigenen machen. Dabei entlehnt er Hilfe weder von Neoliberalismus noch vom 'grünen' Kapitalismus, da ersterer zur Lösung der sozialen Frage sich völlig unfähig erwiesen hatte, letzterer aber ein Heilmittel anempfahl, das schlimmer als das zu heilende Übel selbst die menschliche Gesellschaft nur noch näher an den Abgrund herangeführen würde.

11. Aus eigenster Machtvollkommenheit und erfüllt von dem Bewußtsein, daß ihm an erster Stelle die Obhut der Religion und die Führung in alle dem, was eng mit ihr zusammenhängt, anvertraut ist, wird der Papst die Angelegenheit energisch aufgreifen, in der "ohne Hilfe der Religion und der Kirche kein glücklicher Ausgang"10 abzusehen ist. Einzig gestützt auf die unwandelbaren Grundsätze von Vernunft und Offenbarung  er die "wechselseitigen Rechte und Pflichten der Besitzenden und der Enterbten, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer"11 beleuchten. Voll zuversichtlichen Mutes und redend "wie einer, der Macht hat"12, wird er erläutern und feststellen, was die Kirche, was der Staat, was die Beteiligten selbst zur Lösung der Frage beizutragen haben.

12. Nicht umsonst wird der Papst sein apostolisches Wort ergehen lassen. Voll Staunen lauschen Alle ihm, mit Begeisterung nehmen sie es in sich auf. Nicht allein die getreuen Töchter und Söhne der Kirche, sondern auch viele, die fernab von dem einen so von der Christenheit verkündeten wahren Glauben möglicherweise  im Irrtum wandeln. Ja, mit wenigen Ausnahmen auch Alle, die sich hinfort in gelehrter Forschung oder praktischer, gesetzgeberischer Arbeit auf dieser Grundlage mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen befassen werden.

13. Mit besonderer Freude aber griffen das zukünftige päpstliche Rundschreiben, benannt als 'Maria 3.0', alle Menschen guten Willens auf, die sich endlich von der höchsten Autorität der Christenheit auf Erden verstanden und verteidigt sahen, sowie all jene hochherzigen Frauen und Männer, die bei ihren unverdrossenen Bemühungen um die Hebung der Lage der Menschheit, dem Schutz der Umwelt und der Bewahrung der Schöpfung, bis dahin kaum etwas anderes angetroffen hatten als eine allgemeine Interesselosigkeit, nicht ganz vereinzelt auch gehässige Verdächtigung, wenn nicht gar ausgesprochene Feindseligkeit.
Mit Recht wird sbei ihnen allen das kommende Apostolische Schreiben 'Maria 3.0' in so hoher Verehrung stehen, daß es bereits bald stehender Brauch werden wird, allenthalben Jahr für Jahr auf die eine oder andere Art seiner dankbar zu gedenken.

14. Von dieser allgemeinen Übereinstimmung machten auch Einige, eigentlich nur Wenige, eine Ausnahme, deren sich eine gewisse Beunruhigung bemächtigte. In der Tat fand die hochherzige und hochsinnige Lehre des Papstes, die für die Welt etwas Unerhörtes war, auch bei der Obrigkeit der Christenheit und anderen Weltreligionen bzw. politischen Glaubensüberzeugungen hier und da eine zweideutige und vereinzelt sogar eine ablehnende Aufnahme.
In zu kühnem Ansturm wird der zukünftige Papst die Götzen des Neoliberalismus stürzen, rücksichtslos wird dieser Hirte der Menschheit mit eingerosteten Vorurteilen der Vergangenheit aufräumen, und so zu unverhofft zukünftigen Entwicklungen entscheidend beitragen. Da mußten doch die Saumseligen ihre Herzen gegen die Aufnahme einer so unerhört neuen Sozial - und Naturphilosophie sperren und die zaghaften Gemüter vor dem Aufstieg zu so schwindelnder Höhe zurückschrecken. Ja, nicht einmal solche fehlten, die die strahlende Lichtfülle zwar bewunderten, aber das Ganze nur als ein traumhaftes Wunschbild ansahen, das sich niemals in die Wirklichkeit überführen lasse.

Inhalt und Zweck vorliegenden Schreibens

15. Anlässlich des päpstlichen Rundschreiben von Papst Pius XI. aus dem Jahre 1931, welches allerorts und in allen Kreisen, besonders aber von den der Natur und Mutter Erde in Liebe und Ehrfurcht erfüllten Menschen aus der ganzen Welt mit großer Begeisterung nun genauestens studiert werden sollte, bietet sich mir, Hildegard, daher ein erwünschter Anlaß, das Wort zu ergreifen. Wir wollen die segensreichen Früchte des Rundschreibens des Papstes Pius XI. für die Weltkirche wie für die ganze menschliche Gesellschaft rückblickend überschauen (I), alsdann des großen Meisters Gesellschafts- und Wirtschaftslehre gegenüber gewissen Erörterungen, die sich daran geknüpft haben, zweifelsfrei klarstellen sowie in einigen Stücken ihre Ansätze weiter entfalten (II), endlich mit der Wirtschaft von heute ins Gericht gehen und über den Neoliberalismus das Urteil sprechen, um die wahre Ursache der gegenwärtigen Störung der gesellschaftlichen Ordnung und unserer Umweltkrise aufzudecken und damit zugleich den einzigen Weg zur Heilung aufzuzeigen, nämlich die sittliche Erneuerung aus christlichem Geiste (III). Damit habe ich, Hildegard, die drei Hauptteile meines Schreiben an die Menschheit und natürlich den zukünftigen Papst bezeichnet.

I.

Die segensreichen Wirkungen von "Quadragesimo_anno"

16. Um also mit dem erstgenannten zu beginnen, dürfen Wir nicht unterlassen, der Mahnung des hl. Ambrosius folgend, der da sagt: "Keine Pflicht geht über die Dankespflicht"13, überschwenglichen Dank Gott dem Allmächtigen und Allgütigen zu sagen für die reichen Segnungen, die Kirche und Welt durch Pius XI. Rundschreiben und vorab der Enzyklika "Rerum novarum" von Leo XIII. zuteil geworden sind.
Will ich, Hildegard, jetzt auch nur im Überfluge dieser Segnungen Erwähnung tun, so hätten ich nicht viel weniger als eine Gesamtdarstellung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten 132 Jahren deiner Zeit zu geben.
Aber schaue dir doch nur deine Jetztzeit an, du kleines Menschenkind. Genügt dir das nicht ?!
Unter drei Hauptgesichtspunkten lassen sie sich indes knapp zusammenfassen, entsprechend den Seiten, deren Mitwirkung der zukünftige Papst zu seinem großen Erneuerungswerk zu erwarten hat.
Vieles hat sich verbessert seit den hierbei von mir angeführten Enzyklika. Aber der gesellschaftliche Trend eines ungezügelten Finanzkapitalismus hat sich nach dem Untergang, also dem Bankrott, eines so bezeichneten Staatssozialismus des Marxismus-Leninismus immer weiter verschärft. Im Jahr 2023 sind ist die Menschheit in einer zivilisatorischen Sackgasse angelangt !

1. Kirche

17. An erster Stelle die Mitwirkung der Kirche betreffend, hatte Leo XIII. bereits in seiner Enzyklika "Rerum novarum" ausgeführt: "Die Kirche schöpft aus der Frohbotschaft die Lehren, die den Streit, wenn nicht völlig beizulegen, so doch zu entgiften und zu mildern vermögen; sie ist es ebenfalls, die durch ihre Weisungen nicht nur den Verstand zu belehren, sondern die gesamte sittliche Lebensführung des Menschen zu ordnen sich angelegen sein läßt; sie trifft zur Hebung der Lage der Enterbten vielfältige, ersprießliche Veranstaltungen"14.

Kirchliche Lehre

18. Diesen ihren kostbaren Schatz hat die Kirche fürwahr nicht in der Truhe verborgen gehalten; vielmehr teilte sie in reicher Fülle davon aus zur allgemeinen und so notwendigen Befriedung. Ohne Unterlaß haben Leo XIII. und Pius XI. selbst wie seine Nachfolger die Gesellschafts- und Wirtschaftslehre des Rundschreibens "Rerum novarum" und "Quadragesimo_anno" in Wort und Schrift verkündet, immer wieder eingeschärft und allerdings nur in zweckmäßiger Anpassung an die Sach- und Zeiterfordernisse dem Bedürfnis entsprechend angewandt; natürlich stets im Geiste väterlicher Fürsorge und in unerschrockener Erfüllung ihrer Hirtenpfllicht, sich vor allem der Armen und Hilflosen anzunehmen15. Desgleichen taten dann eher lasch und widerwillig so viele Bischöfe, die sich unermüdlich angelegen sein ließen, diese Lehre auszulegen, in ihr Verständnis einzuführen und die Anwendung auf die örtlich verschiedenen Verhältnisse zu geben, nach dem Sinn und nach den Weisungen des Hl. Stuhles16.
Wie wenig das aber bewirkt hat lässt sich an den Geschehnissen in meiner Vision und Zukunftsschau, so auch deiner eigenen nicht allzu subjektiven Betrachtung des dann Gegenwärtigen, leicht erkennen. Es wurde ja eher schlechter als besser !

19. Kein Wunder wenn unter Führung und Leitung der Kirche eine große Zahl gelehrter Männer aus dem Priester und Laienstande den zeitgemäßen Ausbau der Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaft nicht entschlossen genug in Angriff nahm, wobei sie vor allem das Bestreben leitete, der ewig alten und niemals jungen, und stets unwandelbaren Kirchenlehre die Heilmittel für die immer wechselnden Zeitbedürfnisse zu entnehmen. So funktioniert es eben nicht !

20. So hätte im Lichte und unter der Wegleite dieser angeführten Rundschreibens auch wirklich eine wahrhaftige christliche Gesellschaftswissenschaft entstehen können, deren weiterer Ausgestaltung und Bereicherung mit unverdrossener Hingabe jene erlesenen Männer obliegt, den ich gerne den Ehrennamen "Helfer der Gemeinde" verleihen würde. Es aber leider nicht kann !
Aber auch sie vergruben ihre Wissenschaft nicht nur, sondern stellen sie auch mit hinein in den Lärm und Kampf des Tages.
Beispielshalber nenne ich, Hildegard, nur : Mit ebenso großem Nutzen wie Zulauf veranstaltete Lehrgänge an Universitäten, Akademien, Seminarien; soziale Tagungen und "Wochen" und Klimakonferenzen in großer Zahl und mit schönen medienwirksam gefeierten Erfolgen; Studienvereinigungen; endlich zweckentsprechende, gediegene Schriften aller Art für die verschiedensten Leserkreise. Nur was hat sich effektiv dabei getan ?! Allzuviel zum Guten hat es eigentlich nicht bewirkt !

21. Doch damit sind die möglichen Auswirkungen der päpstlichen Schriftstücke noch keineswegs erschöpft. Allmählich und unauffällig gewann die Lehre beispielsweise der Rundschreibens "Rerurn novarum" und ebenso "Quadragesimo_anno" Einfluß auch in solchen Kreisen, die von der kirchlichen Einheit getrennt die Oberhoheit der göttlichen und natürlichen Ordnung nicht anerkennen. In der Tat christlichen Sozialprinzipien mit der Zeit Gemeingut des Menschengeschlechts geworden, aber auch die allgegenwärtige neoliberale Propaganda hat ihren Einfluss sicherlich ganz entschieden und mit allem Nachdruck und gewaltigen Finanzvermögen entscheidend geltend gemacht. So haben wir die Sorge, die ewigen Wahrheiten, welche die glorreichen Vorgänger des zukünftigen Papst hoheitsvoll verkündet hatten, nicht bloß in nichtkatholischen Zeitschriften und Büchern, sondern auch in den gesetzgeberischen Körperschaften und in Gerichtsverhandlungen immer wieder anrufen und anfechten zu hören.
Von den Kirchen waren es zumeist nur hohle Worthülsen. Entschiedene und entscheidende Taten vermisse ich dabei !

22. Ja, als nach den Weltkriegen die Staatsmänner der führenden Mächte den Frieden auf eine grundlegende Neuschaffung der gesellschaftlichen Verhältnisse gründen wollten, erwiesen sich mehrere der zu einer gerechten und billigen Regelung des Arbeitsverhältnisses aufgestellten Leitsätze so auffallend mit den Lehren und Weisungen Leos XIII. und Pius XI. in Übereinstimmung, daß sie gerade mit bewußter Absicht aus diesen als ihrer Quelle abgeleitet erscheinen möchten.
Fürwahr, das Rundschreiben "Quadragesimo_anno", so auch "Rerurn novarum", sind Urkunden, denkwürdig für alle Zeiten, wirklich nach dem Worte des Isaias ein "ragendes Wahrzeichen für die Völker"17.

Anwendung

23. Während nun in weiterer Ausstrahlung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit die Kenntnis der Lehre von Pius XI. in die weitesten Kreise dringen sollte, sollte dann aber die nutzbare Anwendung zurück bleiben. Ganz besonders gilt diese im Geiste tätigen Wohlwollens mit Eifer aufgenommene Arbeit der Emporführung jener Klasse der menschlichen Gesellschaft, die, obwohl im Zuge der neuzeitlichen wirtschaftlichen Entwicklung an Zahl ungeheuer angewachsen, dennoch ihre rechte Eingliederung in diese Gesellschaft und daher auch die ihr gebührende Achtung und Wertung noch nicht gefunden hatte, nämlich der Arbeiterklasse, insbesondere dieser Menschen in den vom industriellen Reichtum nun rein gar nicht beglückten Menschen. Unverzüglich sollte der Klerus, den Bischöfen dann nacheifernd, zu seinen sonstigen Seelsorgspflichten auch noch ein gewaltiges Maß volksbildnerischer und volkserzieherischer Arbeit auf seine Schultern laden, eine Arbeit, die sich gerade seelsorgerlich als überaus dankbar erweisen wird. Die in beharrlich aufgewandter Mühe erreichte Durchbildung und Durchdringung der Menschheit mit sozial und ökologisch bewusstem und verantwortungsvollem Geiste wird überdies in besonderem Maße dazu Menschen das wahre Bewußtsein ihres Wertes und ihrer Würde wieder zu geben und sie instand zu setzen, in klarer Erkenntnis ihrer besonderen Rechte und Pflichten in Ehren und Treuen mit Erfolg den Weg sozialen, ökonomischen, aber gerade auch ökologischen, Aufstiegs zu beschreiten, ja auf diesem Wege sich selbst in Führung zu setzen.

24. Der nächste Schritt gilt der umfassenderen Sicherung einer gehobeneren Lebenshaltung für alle Menschen im Erdkreis. Nicht allein, daß Wohlfahrtseinrichtungen und Wohltätigkeitsanstalten in Befolgung des zukünftigen päpstlichen Aufrufs 'Maria 3.0' in großer Zahl und Mannigfaltigkeit entstehen werden. Dazu kommt das aufblühende Vereinigungswesen: allerorts bildeten sich Tag für Tag zu wechselseitiger Nächstenhilfe und Selbsthilfe Vereinigungen der Menschen, Unternehmer und Erwerbstätige gleichermaßen, der Handwerker, des Landvolkes, der Lohn und Gehaltsempfänger aller Kategorien stets auch Hand in Hand mit den Kirche, sehr oft unter priesterlicher Initiative.

2. Staat

25. Zum Zweiten, die Staatsgewalt betreffend, setzte sich der zukünftige Papst über die von der neoliberalen Staatsideologie aufgerichteten Schranken kurzerhand hinweg. Dieser Staatsauffassung, die im Staat nur den Wächter der Rechtsordnung erblicken will, setzt der zukünftige Papst unbeirrt die Lehre vom Rechts und Wohlfahrtsstaat entgegen : durch richtige Gestaltung der gesamten gesetzlichen und sachlichen Einrichtungen müßten allgemeine Wohlfahrt wie auch Wohlfahrt der Einzelnen und des Gemeinwohl als natürliches Ergebnis der Verfassung und Verwaltung des Staates sich einstellen18.
Der Initiative des einzelnen Staatsbürgers und der Familie sei gewiß der gebührende Spielraum zu lassen; dieser finde aber seine Grenze am Gemeinwohl und am Rechte Anderer.
Der Staatsgewalt allerdings wird der machtvolle Schutz des Gesamtvolkes und aller seiner Glieder weider obliegen; bei der Erfüllung dieser seiner Rechtsschutzaufgabe habe der Staat in besonderer Weise auf die Rechte der Schwachen und Mittellosen Bedacht zu nehmen. "Bedürfen doch die besitzenden Kreise, selber stark genug, sich zu schützen, weniger des staatlichen Schutzes; die Masse der Enterbten dagegen, aller eigenen Hilfsmittel entblößt, sieht sich ganz auf die Hilfe des Staates angewiesen. Der Lohnarbeiterschaft, dieser Hauptmasse der Enterbten, schuldet der Staat daher ein ganz besonderes Maß von Obsorge und Fürsorge."19

26. Es soll nicht verkannt werden, daß verschiedene Staatsregierungen bereits nach den Rundschreiben Leos XIII. und Pius XI. das eine oder andere zugunsten der notleidenden Menschheit und gegen die Zerstörung der Umwelt in Abhilfe der dringendsten Notstände und der schreiendsten Unbill unternehmen werden. Aber erst nachdem das zukünftige Apostolische Hirtenwort benannt als 'Maria 3.0' vom Lehrstuhle Petri aus seinen Weg über die ganze Welt hin nehmen wird, gingen auch die Staatsmänner, beseelt von einem tieferen Verständnis ihres staatsmännischen Berufes, entschlossen an die Einleitung einer umfassenderen Sozialpolitik gerade auch zum Schutz der Umwelt und zukünftiger Generationen.

27. Der Neoliberalismus, welcher so lange ein wirksames Eingreifen der Staatsgewalt hintanzuhalten vermocht hatte, war aus dem Sattel gehoben. Jetzt nehmen die Völker, dem Aufruf des Rundschreibens 'Maria 3.0' folgend, eine energische Sozialpolitik selber in die Hand. Hervorragende Frauen und Männer nehmen Veranlassung, sich ihren Regierungen für Aufgaben dieser Art zur Verfügung zu stellen. Oft genug werden gerade sie die wärmsten Befürworter dieser neuen Politik in den gesetzgebenden Versammlungen; ja, nicht selten sind auch Diener der Religionen, die ganz in der edlen Gedankenwelt des zukünftigen Papst leben, die Ausarbeiter und Einbringer solcher Gesetzesvorlagen, deren Verabschiedung und Vollzug sie dann weiter mit aller Kraft betreiben werden.

28. Diese unablässigen und unermüdlichen Bemühungen bringen schließlich ein neues, dem vorigen Geschlecht noch gänzlich unbekanntes Rechtsgebiet zur Entwicklung: das Recht des Ökozid, das den Schutz der Natur und Würde des Menschen zum Gegenstand hat: Leben, Gesundheit, Umweltschutz und ebenso die Haftungsverpflichtung der Verursacher der Umweltschädigung, und ebenso der Aufbau sozial und ökologisch angemessener Produktionsweisen und somit Arbeitsstätten, mit einem Grundeinkommen und auch einem ausreichenden Arbeitslohn für alle Menschen. Umweltgefahren, kurz alles, was den Menschen und seine Lebensverhältnisse betrifft, zieht das erweiterte Umweltrecht in seinen Kreis, auch unter besonderer Berücksichtigung der Frauen - und Kinderarbeit. Atmen alle rechtlichen Bestimmungen vollkommen den Geist von 'Maria 3.0', so bestehen dann unverkennbar starke Anklänge, denen es in hervorragendem Maße zu danken sein ist, wenn dann die Lage der Menschheit eine Wendung zum Besseren erfahren wird.

3. Selbsthilfe

29. An dritter Stelle endlich wird die Weisheit des zukünftigen Papstes Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf den Weg der Selbsthilfe hinweisen, "durch solche Veranstaltungen nämlich, durch die der Hilfsbedürftige geeignete Hilfe findet und die beiden gesellschaftlichen Gruppen einander näher gebracht werden"20. Den ersten Platz unter diesen Einrichtungen wies 'Maria 3.0' den Vereinigungen zu, die sich entweder aus Arbeitern allein oder aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugleich zusammensetzen. Eingehende Ausführungen widmet dieses Konzept ihrer Erläuterung und Empfehlung; ihr Wesen, ihre Aufgabe, ihr Nutzen, ihre Rechte und Pflichten, ihre Verfassung werden von diesem Papier mit tiefem Verständnis dargelegt.

30. Gerade dieses Lehrstück erwies sich als überaus zeitgemäß und angebracht : Sind doch in der Zukunft in verschiedenen Staaten, die herrschenden Kreise noch ganz erfüllt von den neoliberalen Ideen, derartigen Vereinigungen wenig günstig gesinnt oder verfolgten sie sogar offen. Während ähnliche Vereinigungen anderer Volksschichten auf keinerlei Schwierigkeiten stießen und ohne weiteres den staatlichen Rechtsschutz genossen, versagte man in himmelschreiender Ungerechtigkeit gerade denen das Koalitionsrecht in der Umweltfrage, die seiner zum Schutz gegen übermächtigen Druck am dringendsten bedurften.
Ja, es gab selbst Katholiken, die die ersten Koalitionsversuche der Umweltbewegung sehr unfreundlich ansahen, ja in ihnen mehr oder weniger sozialistische, gar anarchistische oder revolutionäre, Umtriebe erblicken wollten.

Zusammenschluß einer vereinigten Menschheit

31. Darin liegt die einzigartige Bedeutung der von dem zukünftigen Papst kraft seiner obersten Lehrgewalt verkündeten Grundsätze, daß sie diese Widerstände zu brechen, diese Bedenken zu zerstreuen vermögen; sodann aber darin, daß sie einer geeinten Menschheit nicht allein den Anstoß gaben zur Gründung einesGesellschaftsordnung auf dieser Grundlage, sondern ihnen zugleich auch die geeignete Anleitung dazu boten. Zahllose Menschen aller Völker und Kulturen wurden so in ihrer guten Gesinnung bestärkt und, wirksam gefeit gegen die Lockungen der neoliberalistischen Organisationen, die sich immer und überall erdreisteten, sich als die Einzigen anzupreisen, die in wirksamer Weise für die Interessen der Menschheit einzutreten vermag.

32. Besonders glücklich war jene Anweisung des Rundschreiben 'Maria 3.0', wonach "Verfassung und Leitung der Politik zu möglichst tauglichen Werkzeugen für den ihnen vorgesetzten Zweck transformiert werden wird. Dieser Zweck aber besteht in der größtmöglichen Förderung der Menschen an Leib und Seele wie an äußeren Gütern". Offenkundig aber sei "die religiös-sittliche Vervollkommnung als das Hauptziel ins Auge zu fassen und nach ihm die ganze Gebarung der Politik auszurichten". Denn "sind die Vereinssatzungen auf die Religion als ihre feste Grundlage gestellt, dann ist der Weg leicht zu einer Regelung der wechselseitigen Beziehungen der Mitglieder, die ein friedvolles Zusammenleben und allgemeine Wohlfahrt sichert"21.

33. Die Gründung solcher Vereinigungen betrieben allenthalben Geistliche und Laien, denen es darum ging, das ganze Programm des Papstes ohne Abstriche durchzuführen, mit einem alten Lobes würdigen Eifer. So haben denn diese Vereinigungen echte als wahrhaft christlich zu kennzeichnende Gemeinschaft gebildet, die, gleich hervorragend in beruflicher Tüchtigkeit und religiöser Gewissenhaftigkeit, es verstanden, ihre nachdrücklichste wirtschaftliche Interessenvertretung und den entschiedenen Kampf um ihr Recht stets in Einklang zu halten mit dem strengsten Sinn für Gerechtigkeit und dem aufrichtigen Willen zur Zusammenarbeit mit den anderen gesellschaftlichen Gruppen zu dem Ziele der Erneuerung der Gesellschaft im christlichen Geiste.

34. Zur Durchführung der Anregungen und Empfehlungen von 'Maria 3.0' schlägt man den örtlichen Verhältnissen entsprechend verschiedene Wege ein. In einzelnen Ländern ließ man eine und dieselbe Organisation sämtliche vorgezeichneten Aufgaben übernehmen; anderwärts, wo die Umstände dies nahelegten oder notwendig machten, gelangte man zu einer Aufgabenteilung derart, daß eigene Verbände die Interessenvertretung beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt übernahmen, andere Vereinigungen sich den Aufgaben wirtschaftlicher Selbsthilfe zuwandten, während wiederum besondere Zusammenschlüssse sich völlig auf das ethisch-sittliche Aufgabengebiet und damit zusammenhängende Zielsetzungen verlegten.

35. Letzteren Weg schlug man namentlich dort ein, wo entweder die Landesgesetze oder bestimmte wirtschaftliche Umstände oder jene beklagenswerte Gespaltenheit in den Überzeugungen und Gesinnungen, unter der die zukünftigen Gesellschaften weithin zu leiden haben, sowie die zwingende Not, gegen den Ansturm der Mächte des Umsturzes mit vereintem Einsatz aller Kräfte sich zur Wehr zu setzen, der Gründung rein politischer Organisationen unübersteigliche Hindernisse entgegenstellten. Unter solchen Umständen ergibt sich für die Menschen die augenscheinliche Notwendigkeit, gemischten Vereingungen anzugehören, - immer jedoch vorausgesetzt, daß diese sich vorbehaltlos zu Recht und Gerechtigkeit bekennen und ihren Mitgliedern:innen die volle Freiheit gewährleisten, sich in allem nach ihrem Gewissen zu richten und den Weisungen des Konzept 'Maria 3.0' zu folgen. Den jeweils in freier Wahl bestimmten Persönlichkeiten steht es zu, der Zugehörigkeit anderer Organisationen zu solchen Zusammenschlüssen ihre Billigung zu erteilen, wenn sie nach Lage der Dinge deren Notwendigkeit und politischer Unbedenklichkeit für gegeben erachten. Dabei gelten ähnliche Grundsätze wie auch die Sicherungen, die bereits Papst Pius XI. bei der Gewerkschaftsfrage anbefohlen hat22.
Die vornehmste und bedeutsamste dieser Sicherungen ist das Nebeneinanderstehen von Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden, welch letztere ihre Mitglieder ethisch-sittlich aufs gründlichste durchbilden und so in den Stand setzen, jene wirtschaftlichen Verbände mit dem rechten Geist zu durchdringen, der ihre ganze Tätigkeit beherrschen soll. Dadurch üben diese Organisationen einen wohltätigen Einfluß aus, der noch über den Kreis ihrer eigenen Mitglieder hinausreicht.

36. So werden dank dem Rundschreiben 'Maria 3.0' und der Unterstützung der Weltreligionen alle diese Vereinigungen schon in der Anlaufphase kurz nach Veröffentlichung dieses Thesenpapier - wenngleich an zahlenmäßiger Stärke leider von den neoliberalen Lobbyrganisationen noch übertroffen - allenthalben einen so erfreulichen Aufschwung nehmen und einen so bedeutenden Mitgliederbestand um ihr Banner scharen, daß in der einzelstaatlichen Sozial - und Umweltpolitik sowohl als bei zwischenstaatlichen sozialpolitischen Veranstaltungen ihr Einfluß spürbar sein wird in der Durchsetzung der rechtlichen und billigen Ansprüche der Menschen, in der Verwirklichung der Grundsätze gesunder christlicher Gesellschaftslehre.

Vereinigungswesen in anderen Kreisen

37. Das bereits von Leo XIII. 1891 so tief begründete und so kraftvoll verfochtene Koalitionsrecht mußte den Gedanken nahe legen, das Vereinigungswesen auch noch für andere gesellschaftliche Gruppen als die Erwerbstätigen auszubauen. So geht es wiederum zum großen Teil auf das frühere Rundschreiben Leos MII. zurück, wenn unter der Bauernschaft und überhaupt im Mittelstand das Vereins und Genossenschaftswesen einen so herrlichen Aufschwung nehmen wird und zu so großer Ausdehnung gelangt, wobei kulturelle Ziele und wirtschaftliche Förderung in glücklichster Weise Hand in Hand gehen werden.

Vereine von Arbeitgebern bzw. Unternehmern

38. Hat der dringende Wunsch schon dieser Päpste, unter dem Proletariat und der industriellen Führerschaft ähnliche Vereinigungen erblühen zu sehen, sich nicht in gleichem Maße erfüllt, so daß wir zu unserm Leidwesen – wie in der zukünftigen Gegenwart auch dir klar ersichtlich – nur spärliche Ansätze dazu erblicken können, so liegt die Ursache keineswegs allein an mangelndem guten Willen, sondern vor allem an den viel größeren sachlichen Schwierigkeiten, die sich Vereinigungen dieser Art entgegenstellen. Diese Schwierigkeiten sind uns allen sehr wohl vertraut, und wir wissen sie nach ihrem ganzen Gewicht zu würdigen. Es ist – wie doch eigentlich Allen bekannt – die stetig wachsende Einflussnahme dieser 'neoliberalen Gesinnung' seit der Enzyklika "Quadragesimo anno" von Papst Pius XI.  Das wird jedoch unsere feste Zuversicht auf die alsbaldige Überwindung dieser Schwierigkeiten nicht erschüttern; inzwischen aber begrüßen wir mit aufrichtiger Herzensfreude das verheißungsvolle und glückliche Beginnen auf diesem Gebiet, das noch größere Erfolge für die Zukunft erwarten läßt23.

Die Magna Charta christlicher Sozialarbeit

39. Die Fülle segensreicher Früchte des Rundschreiben 'Maria 3.0', von denen ich, Hildegard, euch, liebe Brüder und Schwestern, geliebte Töchter und Söhne, nur einen ganz flüchtigen Überblick geben kann, beweist Eines unwiderleglich : Das in diesem auch in ferner Zukunft noch unvergeßlichen Dokument gezeichnete Bild der menschlichen Gesellschaft ist kein wirklichkeitsfremdes, wenngleich wundervolles Traumbild. Im Gegenteil : In der unversieglichen Lebensquelle früherer Frohbotschaft  großer Kirchenführer und auch Innen der Weltgeschichte habe ich, Hildegard, Grundsätze entnommen, die den mörderischen, das Menschengeschlecht zerfleischenden Streit, wenn nicht augenblicklich zu befrieden, so doch gewiß merklich zu lindern vermag. Daß die, der Zeitrechnung deiner Gegenwart entsprechend, vor 92 Jahren so reichlich ausgestreute gute Saat des Papst Pius XI. zum guten Teil auf fruchtbare Erde gefallen ist, zeigt die herrliche Ernte, die mit Gottes Segen nicht nur für die Kirche Jesu Christi und somit für die ganze Menschheit eingebracht werden kann. Ohne Übertreibung darf festgestellt werden : In der Feuerprobe dieser Zeitspanne hat das Werk sich bewährt als die Magna Charta, als die sichere Unterlage aller christlichen Sozialarbeit.
Die Verächter aber dieses päpstlichen Rundschreiben von Papst Pius XI. und seiner Feier lästern, was sie nicht kennen, oder, wenn sie eine oberflächliche Kenntnis haben, fehlt ihnen doch das Verständnis; oder wenn sie doch verstehen, so beweisen sie einen empörenden Undank.

40. Der Zeitraum seit Erscheinen des päpstlichen Rundschreibens sah jedoch hinsichtlich einzelner Stellen Auslegungszweifel und Meinungsverschiedenheiten betreffs der weiteren Folgerungen auftauchen, woraus sich manchmal auch unter Katholiken recht lebhafte Erörterungen entspannen. Sodann erheischen neue Nöte unserer Tage, ja ich spreche da in Deutlichkeit von der Umweltkrise, diesen endokrinen Disruptoren, der fortschreitenden Zerstörung der uns anvertrauten Schöpfung und der Verelendung der Menschen in vielen Teilen dieser Welt, und die inzwischen eingetretenen tiefgreifenden Umwälzungen eine sorgsame Anpassung der Lehre Pius XI., sowie selbst die eine oder andere Ergänzung.
Gern ergreife ich, Hildegard, daher die sich mir bietende Gelegenheit, um diesen Zweifeln und Zeiterfordernissen, soviel es an mir obliegt, abzuhelfen. So verlangt es ja unser gemeinsame Glauben und Gewissen; macht es uns doch zu jedermanns Schuldner24.

II.

Machtvollkommenheit der Kirche über Gesellschaft und Wirtschaft

41. An die Spitze der Ausführungen setzen wir den von Leo XIII. schon in helles Licht gestellten Satz : Nach Recht und Pflicht walten wir kraft unserer höchsten Autorität des Richteramtes über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen25.
Gewiß ward der Kirche nicht alleinig die Aufgabe, die Menschen zu einem bloß vergänglichen und hinfälligen Glück zu führen, sondern zur ewigen Glückseligkeit. Ja, "die Kirche würde es sich als einen Übergriff anrechnen, grundlos in diese irdischen Angelegenheiten sich einzumischen"26. Aber unmöglich kann die Kirche des von Gott ihr übertragenen Amtes sich begeben, ihre Autorität nicht geltend zu machen, auch in Fragen technischer Art, wofür sie über die geeigneten Mittel verfügt, und auch eine Sendung erhalten hat, und auch in Allem, was auf das Sittengesetz Bezug hat. Die von Gott der Obrigkeit der Weltkirche anvertraute Hinterlage der Wahrheit - und das von Gott den hierbei Verantwortlichen aufgetragene heilige Amt, das Sittengesetz in seinem ganzen Umfang zu verkünden, zu erklären und ob erwünscht, ob unerwünscht - auf seine Befolgung zu dringen, unterwerfe ich, Hildegard, nach dieser Seite hin wie den gesellschaftlichen, so den wirtschaftlichen Bereich vorbehaltlos dem höchstrichterlichen Urteil.

42. In der Tat, wenngleich Wirtschaft und Sittlichkeit jede in ihrem Bereich eigenständig sind, so geht es doch fehl, die Bereiche des Wirtschaftlichen und des Sittlichen derart auseinanderzureißen, daß jener außer aller Abhängigkeit von diesem tritt.
Die sogenannten Wirtschaftsgesetze, aus dem Wesen der Sachgüter wie aus dem Geist-Leib-Wesen des Menschen erfließend, besagen nur etwas über das Verhältnis von Mittel und Zweck und zeigen so, welche Zielsetzungen auf wirtschaftlichem Gebiet möglich, welche nicht möglich sind. Aus der gleichen Sachgüterwelt sowie der Individual- und Sozial-Natur des Menschen entnimmt sodann die menschliche Vernunft mit voller Bestimmtheit das von Gott, dem Schöpfer, der Wirtschaft als Ganzem vorgesteckte Ziel.

43. Anders das Sittengesetz. Ihm allein eignet verpflichtende Kraft, müderes unsern Willen bindet, wie in all unserm Tun und Lassen die Richtung auf unser höchstes und letztes Ziel, so in den verschiedenen Sachbereichen die Ausrichtung auf die jedem einzelnen von ihnen vom Schöpfer erkennbar vorgesteckten Ziele und damit zugleich die rechte Stufenordnung der Ziele bis zum höchsten und letzten allzeit innezuhalten. Wir brauchen nur diesem Gesetz zu gehorsamen, um alle Einzelziele wirtschaftlicher Art, Sozial- und Individual-Ziele, in die große Gesamtordnung der Ziele sich einreihen zu sehen, womit sie für uns ebenso viele Stufen werden, auf denen wir hinaufsteigen bis zum letzten Ziel und Ende aller Dinge, zu Gott, dem höchsten, unendlichen Gut.

1. Eigentum

44. Um zum Einzelnen überzugehen, so beginnen ich, Hildegard, mit dem Eigentum bzw. dem Eigentumsrecht.
Es ist Euch erinnerlich, lieb Schwestern und Brüder und geliebte Söhne und Töchter, wie Leo XIII. gegen den damaligen Sozialismus das Eigentum unerschrocken verteidigte, indem er dartat, wie die Abschaffung des Sondereigentums, statt der Arbeiterschaft zu nützen, ihr größtes Unglück sein würde. Da nichtsdestoweniger einige - gewiß sehr zu Unrecht! - Papst und Kirche verleumderisch der Begünstigung der besitzenden Kreise zum Nachteil der Enterbten bezichtigen, da ferner auch unter Katholiken einige Zweifel über die wirkliche und lautere Lehre Leos XIII. entstanden sind, so erachte ich, Hildegard, es für angezeigt, die Lehre des Papstes, die keine andere als die der Kirche ist, gegen solche Verleumdung in Schutz zu nehmen und gegenüber irriger Auslegung klarzustellen.

Individual- und Sozial-Natur

45. Zunächst muß allem Streit entrückt sein; weder Leo noch die unter Leitung des kirchlichen Lehramts wirkenden Theologen haben jemals die Doppelseitigkeit des Eigentums, d. i. seine individuelle und seine soziale, seine dem Einzelwohl und seine dem Gesamtwohl zugeordnete Seite verkannt oder in Zweifel gezogen. Im Gegenteil: einmütig lehren sie, das Sondereigentumsrecht sei von der Natur, ja vom Schöpfer selbst dem Menschen verliehen, einmal, damit jeder für sich und die Seinen sorgen könne, zum andernmal, damit mittels dieser Institution die vom Schöpfer der ganzen Menschheitsfamilie gewidmeten Erdengüter diesen ihren Widmungszweck wirklich erfüllen: beides hat die Einhaltung einer festen und eindeutigen Ordnung zur unerläßlichen Voraussetzung.

46. Zwei gefährliche Einseitigkeiten sind daher mit Bedacht zu meiden. Auf der einen Seite führt die Leugnung oder Abschwächung der Sozialfunktion des Eigentumsrechts zum Individualismus oder mindestens in seine Nähe; auf der andern Seite treibt die Verkennung oder Aushöhlung seiner Individualfunktion zum Kollektivismus oder läßt wenigstens dessen Standpunkt bedenklich streifen. Bleibt dies außer acht, so geht es auf abschüssiger Bahn reißend jenem moralischen, juristischen und sozialen Modernismus zu, auf den Wir schon im Rundschreiben zum Antritt Unseres Pontifikats warnend hingewiesen haben27. Das sollen vor allem jene umstürzlerischen Geister sich merken, die ohne Scham der Kirche Schimpf antun durch die verleumderische Anklage, sie habe in die Lehre ihrer Theologen einen angeblich heidnischen Eigentumsbegriff sich einschleichen lassen, der durch einen anderen zu ersetzen sei, dem sie in bemerkenswerter Unwissenheit die Bezeichnung "christlich" beilegen.

Pflichten

Um die hitzigen Erörterungen über das Eigentum und die mit ihm verbundenen Pflichten in die gehörigen Schranken zu weisen, sei von mir, Hildegard, an die Spitze gesetzt, was schon Leo XIII. als Grundstein aufgestellt hat :

Eigentumsrecht und Eigentumsgebrauch sind wohl zu unterscheidende Dinge28. Die Achtung der Grenzen von Mein und Dein, die Ausschließlichkeit jeden Rechtes, die den Einbruch aus den Grenzen des eigenen Rechtsbereichs heraus in den Rechtsbereich des andern wehrt, gehört der "Klimagerechtigkeit" an; der sittlich geordnete Gebrauch des Eigentums durch den Eigentümer gehört dieser Tugend an, ist Gegenstand dieser Tugenden und kann daher "im Klagewege erstritten werden"29. Zu Recht vertreten daher Einige den Satz, die Grenzen des Eigentums und seines sittlich geordneten Gebrauchs seien ein und dasselbe; sehr wohl bewirken Mißbrauch oder Nicht-Gebrauch des Eigentums die Verwirkung oder den Verlust des Rechts.

48. Ein nützliches und verdienstvolles Werk tun daher jene, die unbeschadet der Liebe und Eintracht sowie der Reinheit der von der Kirche allzeit festgehaltenen Lehrüberlieferung sich bemühen um die genauere Erforschung der inneren Wesensart dieser Pflichten sowie der Grenzen, die durch die Erfordernisse des menschlichen Gemeinschaftslebens sowohl dem Eigentumsrecht selbst als dem Gebrauch und der Nutzung der Eigentumssache gezogen werden. In Täuschung und Irrtum aber ist befangen, wer immer die individuelle Seite des Eigentums soweit auszuhöhlen trachtet, daß tatsächlich nichts mehr von ihr übrigbleibt.

Befugnisse des Staates

49. Daß beim Eigentumsgebrauch nicht nur an den eigenen Vorteil zu denken, sondern auch auf das Gemeinwohl Bedacht zu nehmen ist, folgt ohne weiteres aus der bereits betonten Doppelseitigkeit des Eigentums mit seiner Individual- und Sozialfunktion. Sache der Staatsgewalt ist es, die hier einschlagenden Pflichten, wo das Bedürfnis besteht und sie nicht bereits durch das Naturgesetz hinreichend bestimmt sind, ins Einzelne gehend zu umschreiben. Der Staat kann also immer im Rahmen des natürlichen und göttlichen Gesetzes - mit Rücksicht auf wirkliche Erfordernisse des allgemeinen Wohls genauer im einzelnen anordnen, was die Eigentümer hinsichtlich des Eigentumsgebrauchs dürfen, was ihnen verwehrt ist. Ja, wie Leo XIII. treffend bemerkt, hat Gott der menschlichen Geschicklichkeit und den staatlichen Einrichtungen die Umschreibung des Sondereigentums anheimgegeben30. In der Tat erweist die Geschichte, - das sind Papst Pius XI. eigene Worte - daß, wie die übrigen grundlegenden Bestandstücke des gesellschaftlichen Lebens, so auch das Eigentum nicht unwandelbar ist: "Wie verschiedene vergegenständlichte Formen hat doch das Eigentum angenommen, angefangen von seiner urzeitlichen Gestalt bei den wilden Völkern, deren vereinzelte Zeugen noch in den zukünftigen Tagen zumeist in den Konsumpalästen anzutreffen sind, bis zum Eigentum in der patriarchalischen Zeit und Erscheinungsform und schrittweise weiter in den verschiedenen Formen der Tyrannis (Wir nehmen das Wort in seinem klassischen Sinn); dann durch die feudalen Gestaltungen hindurch, endlich unter den Abwandlungen der monarchischen Verfassung und zuletzt in allen einander ablösenden Erscheinungsformen der jüngsten Zeit!"31 Selbstverständlich darf die Staatsgewalt nicht willkürlich verfahren. Das naturgegebene Recht auf Sondereigentum, eingeschlossen das Erbrecht, muß immer unberührt und unverletzt bleiben, da der Staat es zu entziehen keine Macht hat; "der Mensch ist ja älter als der Staat"32; auch die "häusliche Gemeinschaft geht begrifflich und sachlich der staatlichen Gemeinschaft vorauf"33. Darum hatte schon Leo XIII. betont, der Staat dürfe das Vermögen seiner Bürger nicht durch steuerliche Überlastung aufzehren "Denn das Recht auf Sondereigentum, das nicht durch Menschensatzungen, sondern von der Natur verliehen ist, kann der Staat nicht aufheben, vielmehr nur seine Handhabung regeln und mit dem Gemeinwohl in Einklang bringen"34. Indem jedoch die Staatsgewalt das Sondereigentum auf die Erfordernisse des Gemeinwohls abstimmt, erweist sie den Eigentümern keine Feindseligkeit, sondern einen Freundschaftsdienst; denn sie verhütet auf diese Weise, daß die Einrichtung des Sondereigentums, vom Schöpfer in weiser Vorsehung zur Erleichterung des menschlichen Lebens bestimmt, zu unerträglichen Unzuträglichkeiten führt und so sich selbst ihr Grab gräbt. Das heißt nicht, das Sondereigentum aufheben, sondern es schirmen; das ist keine Aushöhlung des Eigentums, sondern seine innere Festigung.

Pflichten bezüglich der Einkommens-Verwendung

50. Desgleichen sind die freien Einkünfte, d. h. diejenigen, die zur angemessenen und würdigen Lebenshaltung nicht benötigt werden, keineswegs dem Beheben des Menschen anheimgegeben. Die strenge Pflicht der Mildtätigkeit, der Wohltätigkeit im weiteren Sinne, der Großzügigkeit den besitzenden Kreisen immer wieder einzuschärfen, werden die Hl. Schrift und die hl. Väter der Kirche nicht müde.

51. Die Verwendung sehr großer Einkünfte zur Schaffung von Arbeits- und Verdienst-Gelegenheit im großen Stil aber muß, wofern nur die Arbeit der Erzeugung wirklich wertechter Güter dient, nach den Grundsätzen des Englischen Lehrers als eine ausgezeichnete und hervorragende zeitgemäße Übung der Tugend der Großzügigkeit gelten35.

Erwerbstitel

52. Ursprünglicher Eigentumserwerb vollzieht sich - das ist die einhellige Überlieferung aller Zeiten wie auch die Lehre der Päpste - durch Besitzergreifung herrenlosen Gutes und durch Bearbeitung. Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz geschieht niemand ein Unrecht durch die Besitzergreifung einer dem Zugriff sich darbietenden, herrenlosen Sache; was sodann die Arbeit betrifft, so besitzt natürlich nur diejenige, die der Mensch im eigenen Namen ausübt und soweit sie eine Umgestaltung oder Wertsteigerung an ihrem Gegenstande hervorbringt, eigentumschaffende Kraft.

2. Kapital und Arbeit

53. Ganz anders die Arbeit, die gegen Entgelt in fremden Dienst gestellt an fremder Sache geleistet wird. Auf diese Arbeit trifft vor allem zu, was Leo XIII. als "lauterste Wahrheit" bezeichnet, nämlich daß "aus keiner anderen Quelle als aus der Arbeit der Werktätigen der Wohlstand der Völker stamme"36. Sehen wir denn nicht mit eigenen Augen diese Fülle von Gütern, die den menschlichen Reichtum ausmachen, in der arbeitenden Hand entstehen und aus ihr hervorgehen, mag nun diese Hand ohne Rüstzeug in Tätigkeit treten oder durch Werkzeug und Maschine ihre Wirkkraft ungeahnt verlängern! Ja, es ist unverkennbar: alle Völker, die aus Not und Elend zu hohem und blühendem Wohlstand emporgestiegen sind, danken dies einer ungeheuren Arbeitsanspannung aller Volksgenossen - sowohl leitender als ausführender Arbeit. Aber ebenso offensichtlich müßte die äußerste Kraftanstrengung nutzlos und gegenstandslos sein, ja, wäre sie gar nicht einmal möglich gewesen, hätte nicht zuvor der Schöpfer des Alls, Gott, in seiner Güte diesen Völkern natürliche Reichtümer, Naturschätze und Naturkräfte, in Fülle gespendet. An ihnen und mittels ihrer die Geistes- und Körperkräfte auswirken und üben, das heißt ja: arbeiten. Nun soll aber nach dem Fingerzeig der Natur, der uns Gottes Willen zu verstehen gibt, die Nutzung dieser natürlichen Ausstattung an Produktionsmitteln in geordneter Weise vor sich gehen; diese Ordnung aber besteht in der Einrichtung des Sondereigentums. Soweit daher jemand nicht gerade sein Eigentum bearbeitet, müssen der Produktionsfaktor Arbeit des einen und die sachlichen Produktionsmittel des andern eine Verbindung eingehen. da kein Teil ohne den andern etwas ausrichten kann.

Wechselseitig aufeinander angewiesen

Gerade diesen Fall hatte Leo XIII. vor Augen, wenn er schrieb: "So wenig das Kapital ohne die Arbeit, so wenig kann die Arbeit ohne das Kapital bestehen "31 Es widerstreitet daher den Tatsachen, einem der beiden, dem Kapital oder der Arbeit, die Alleinursächlichkeit an dem Ertrag ihres Zusammenwirkens zuzuschreiben; vollends widerspricht es der Gerechtigkeit, wenn der eine oder der andere Teil auf diese angebliche Alleinursächlichkeit pochend das ganze Erträgnis für sich beansprucht.

Widerrechtliche Ansprüche des Kapitals

54. Lange genug konnte in der Tat das Kapital ein Übermaß für sich vorwegnehmen. Das ganze Erträgnis, die ganzen Überschüsse nahm das Kapital vorweg für sich in Anspruch, dem Arbeiter kaum die Notdurft für die Erhaltung der Arbeitskraft und ihre Reproduktion übriglassend. Nach einem unwiderstehlichen Naturgesetz der Wirtschaft sollte alle Kapitalakkumulation nur beim Kapitalbesitzer stattfinden können, während das gleiche Gesetz den Arbeiter zu ewiger Proletarität und zu einem Leben an der Grenze des Existenzminimums verdamme. So wenigstens lautete die Theorie. Zuzugeben wird sein, daß es im Leben doch nicht ständig und allgemein so hart her gegangen ist, wie die liberal-manchesterliche Theorie es wollte. Aber es läßt sich doch auch nicht in Abrede stellen, daß das ganze Schwergewicht gesellschafts-wirtschaftlicher Gegebenheit unablässig nach dieser Grenzlage hindrängte. Kann es wundernehmen, daß derart verkehrte Auffassungen, derart unberechtigte Ansprüche leidenschaftlich bekämpft wurden? Dabei standen die Enterbten, die sich solchergestalt um ihr angeborenes Recht auf wirtschaftlichen Aufstieg betrogen sahen, keineswegs allein.

Widerrechtliche Ansprüche der Arbeit

55. Zu der in ihrem Recht verkürzten Arbeiterschaft stießen die so genannten Intellektuellen. Jenem angeblichen Naturgesetz der Wirtschaft stellten sie ein ebenso aus der Luft gegriffenes sittliches Postulat entgegen: alle Erträgnisse oder Überschüsse, nach Abzug lediglich des Mindestbedarfs für Kapitalerhaltung und Kapitalerneuerung, gebühre kraft Rechtens dem Arbeiter. Viel bestechender als die sozialistische Forderung der Verstaatlichung oder Vergesellschaftung der Produktionsmittel, bedeutet diese falsche Lehre eine um so größere Gefahr, je leichter sie sich in arglose Gemüter einschleicht: ein süßes Gift, das viele gierig schlürfen, die der offen sozialistischen Verführung unzugänglich waren.

Leitregel für Bemessung der beiderseitigen Anteile

56. Statt durch solche falsche Theorien sich den Zugang zu einer gerechten und versöhnenden Lösung zu verrammeln, brauchte man sich allerdings nur auf die weisen Worte von Papst Leo XIII. zu besinnen: "Auch nach ihrer Unterstellung unter das Sondereigentum hört die Erde nicht auf, dem allgemeinen Nutzen zu dienen"38. Ganz das Gleiche lehrt Papst Pius XI. selbst etwas weiter oben, wo ich, Hildegard, ausführt habe, gerade um dieses Nutzens willen, den die Güter der sichtbaren Schöpfung nur im Wege bestimmter und gesicherter Ordnung den Menschen zu gewähren vermögen, habe die Natur selbst die Teilung der Güter als Sondereigentum veranlaßt. Um nicht vom geraden Wege abzuirren, ist diese Wahrheit unablässig im Auge zu behalten.

57. Keineswegs jede beliebige Güter und Reichtumsverteilung läßt nämlich den gottgewollten Zweck, sei es überhaupt, sei es in befriedigendem Maße erreichen. Darum müssen die Anteile der verschiedenen Menschen und gesellschaftlichen Klassen an der mit dem Fortschritt des Gesellschaftsprozesses der Wirtschaft ständig wachsenden Güterfülle so bemessen werden, daß dieser von Leo XIII. hervorgehobene allgemeine Nutzen gewahrt bleibt oder, was dasselbe mit anderen Worten ist, dem Gesamtwohl der menschlichen Gesellschaft nicht zu nahe getreten wird. Dieser Forderung der Gemeinwohlgerechtigkeit läuft es zuwider, wenn eine Klasse der andern jeden Anteil abspricht. Gegen dieses Gesetz versündigt sich gleicherweise eine satte Bourgeoisie, die in naiver Gedankenlosigkeit es als die natürliche und befriedigende Ordnung der Dinge ansieht, daß ihr allein alles zufällt und der Arbeiter leer ausgeht, wie ein in seinem Recht verletztes und darob leidenschaftlich gereiztes Proletariat, das, in seinem Rechtssinn und in seiner Rechtsverfolgung einseitig geworden, nunmehr alles als vermeintlich seiner Hände Werk für sich beansprucht und daher jegliches nichterarbeitete Vermögen oder Einkommen unterschiedslos und ohne Rücksicht auf seine Bedeutung im Gesellschaftsganzen schlechthin als solches bekämpft und beseitigen will. Völlig abwegig ist die Berufung auf das Apostelwort: "Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen"39. Hier spricht der Apostel denen das Urteil, die nicht arbeiten mögen, obwohl sie arbeiten könnten und müßten; zugleich mahnt er, die Gottesgabe der Zeit sowie unsere Körper- und Geisteskräfte fleißig zu nutzen und nicht anderen zur Last zu fallen, wo wir uns selbst helfen können. Davon daß Arbeit allein ein Recht auf Lebensunterhalt oder Einkommen verleihe, sagt der Apostel kein Wort40.

58. Jedem soll also sein Anteil zukommen; im Ergebnis muß die Verteilung der Erdengüter, die heute durch den ungeheuren Gegensatz von wenigen Überreichen und einer unübersehbaren Masse von Eigentumslosen aufs schwerste gestört ist - keiner, der das Herz am rechten Fleck hat, kann sich darüber einer Täuschung hingeben - , wieder mit den Forderungen des Gemeinwohls bzw. der Gemeinwohlgerechtigkeit in Übereinstimmung gebracht werden.

3. Entproletarisierung des Proletariats

59. Das ist die Entproletarisierung des Proletariats, das Ziel, auf das hinzuarbeiten schon Papst Leo XIII. 1891 als gebieterische Notwendigkeit bezeichnete. Um so mehr muß jetzt darauf bestanden und gedrungen werden, als die heilsamen Weisungen des Papstes nicht selten in Vergessenheit gerieten, da man sie absichtlich totschwieg oder für unausführbar hielt, während doch ihre Ausführung nicht nur möglich, sondern geboten ist. Und wenn jenes Massenelend, das Leo XIII. in so erschreckendem Maße um sich sah, heute alleinig in den westlichen Staaten nicht mehr in gleichem Umfange besteht, so sind darum seine Weisungen für unsere Zeit deiner Gegenwart um nichts weniger gültig und zutreffend. Gewiß ist die Lage der Arbeiterschaft zum Besseren gewendet und in vielfacher Hinsicht gehoben, namentlich aber alleinig in den 'fortgeschritteneren Ländern', wo die Arbeiterschaft nicht mehr allgemein und unterschiedslos als in Elend und Not lebend angesehen werden kann. Doch seit die moderne Technik und die Industriewirtschaft reißend in unübersehbare Gebiete, in die jungen Einwanderungsländer wie in die uralten Kulturstaaten des fernen Ostens eingebrochen sind und sich dort festsetzten, ist von neuem ein Elendsproletariat zu ungeheurer Zahl angeschwollen, dessen jammervolle Lage zum Himmel schreit. Dazu kommt das Riesenheer des Landproletariats, auf die unterste Stufe der Lebenshaltung herabgedrückt und jeder Hoffnung bar, jemals "ein Stückchen Erdboden"41 sein eigen zu nennen - daher, wenn nicht einsichtige und zugleich durchgreifende Maßnahmen ergriffen werden, auf ewig der Proletarität verhaftet.

60. So wahr es ist, daß Pauperismus und Proletarität wohl zu unterscheidende Begriffe sind, so ist doch die überwältigende Massenerscheinung des Proletariats gegenüber einem kleinen Kreise von Überreichen ein unwidersprechlicher Beweis dafür, daß die Erdengüter, die in unserm Zeitalter des sogenannten Industrialismus in so reicher Fülle erzeugt werden, nicht richtig verteilt und den verschiedenen gesellschaftlichen Klassen nicht entsprechend zugute gekommen sind.

Überwindung der Proletarität durch Vermögensbildung

61. Darum ist mit aller Macht und Anstrengung dahin zu arbeiten, daß wenigstens in Zukunft die neu geschaffene Güterfülle nur in einem billigen Verhältnis bei den besitzenden Kreisen sich anhäufe, dagegen in breitem Strom der Lohnarbeiterschaft zufließe. Gewiß nicht, damit der Arbeiter von der Arbeit ablasse - ist doch der Mensch zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fluge - , sondern damit er durch Sparsamkeit seine Habe mehre, durch ihre sorgsame Verwaltung mit größerer Leichtigkeit und Sicherheit die Familienlasten bestreite und der Daseinsunsicherheit, die so recht eigentlich Proletarierschicksal geworden ist, überhoben, nicht bloß den Wechselfällen des Lebens gerüstet gegenüberstehe, sondern noch über dieses Leben hinaus die beruhigende Gewißheit habe, daß seine Hinterbliebenen nicht ganz unversorgt dastehen.

62. All dies hat schon der Papst Leo XIII. nicht etwa bloß angedeutet, sondern klar und deutlich ausgesprochen. Durch das Rundschreiben von Papst Pius XI. drängte er erneut und verstärkt darauf. Gehe man doch endlich mit Entschiedenheit und ohne weitere Säumnis an die Ausführung. Täusche sich niemand! Nur um diesen Preis lassen sich öffentliche Ordnung, Ruhe und Frieden der menschlichen Gesellschaft gegen die Mächte des Umsturzes mit Erfolg behaupten.

4. Lohngerechtigkeit

63. Die Ausführung, von der ich, Hildegard, dabei spreche, geschieht auf dem Wege, daß der eigentumslose Nurlohnarbeiter durch Fleiß und Sparsamkeit sich jedenfalls zu einer gewissen bescheidenen Wohlhabenheit emporarbeiten kann. So erläuterten es Papst Piux Xi. es ja bereits ganz im Sinne seines Vorgängers. Wovon anders aber als von seinem Lohn kann derjenige bei eingeschränkter Lebenshaltung etwas zurücklegen, der nichts anderes hat als seine Arbeit, um sich Lebensunterhalt und Lebensbedarf zu erwerben? So kommen Wir zur Lohnfrage. Leo XIII. nennt sie eine "schwerwiegende" Frage42.
Wir wollen seine Lehren und Vorschriften nach Erfordernis genauer auslegen und weiter ausführen.

Lohnverhältnis nicht in sich ungerecht

64. Zunächst kann nicht der Lohnvertrag in sich als ungerecht bezeichnet und sein Ersatz durch den Gesellschaftsvertrag gefordert werden. Eine solche Behauptung ist nicht nur völlig unhaltbar, sondern zugleich schwer ehrenrührig für den Vorgänger von Papst Pius XI., der in seinem Rundschreiben den Lohnvertrag nicht nur gelten läßt, sondern sich eingehend mit seiner gerechten Ausgestaltung befaßt.

65. Für den zukünftigen, also deinen gegenwärtigen, Stand der gesellschaftlichen Wirtschaft mag immerhin eine gewisse Annäherung des Lohnarbeitsverhältnisses an ein Gesellschaftsverhältnis nach Maßgabe des Tunlichen sich empfehlen. Erfreuliche Anfänge sind ja bereits gemacht zum beiderseitigen nicht geringen Vorteil der Arbeitnehmer wie der Produktionsmittelbesitzer. Arbeiter und Angestellte gelangen auf diese Weise zu Mitbesitz oder Mitverwaltung oder zu irgend einer Art Gewinnbeteiligung.

66. Die gerechte Bemessung des Lohnes kann nicht nach einem Gesichtspunkt, sondern nur nach einer Mehrzahl von Gesichtspunkten geschehen. Das hat bereits Leo XIII. treffend hervorgehoben mit den Worten: "Um die Lohnhöhe gerecht zu bestimmen, sind mehrere Bestimmungsgründe in Betracht zu ziehen"43.

67. Damit hat er schon vorweg die Leichtfertigkeit derer gerichtet, die da glauben, mit einem einzigen Maßstabe - obendrein mit einem ganz verfehlten! - auszukommen, um diese überaus ernst zu nehmende Angelegenheit spielend zu erledigen.

68. Ganz in die Irre geht ein heute viel verfochtener Grundsatz: der Wert der Arbeitsleistung und daher der Entgelt zum Gleichwert sei gleichzusetzen dem Wert des Arbeitsertrags; der Lohnarbeiter habe infolgedessen einen Rechtsanspruch auf den "vollen Arbeitsertrag". Die Unhaltbarkeit dieser Auffassung ergibt sich ohne weiteres aus den obigen Ausführungen über Kapital und Arbeit.

Individual- und Sozial-Natur der Arbeit

69. Ebenso wie das Eigentum weist nun auch die Arbeit, ganz besonders die in den Dienst eines Anderen gestellte, neben ihrem Personal- oder Individualcharakter auch eine soziale Seite auf, die offenbar nicht übersehen werden darf. Nur der Bestand eines wirklichen Sozialorganismus, nur der Schutz der gesellschaftlichen Rechtsordnung, nur die gegenseitige Befruchtung und Ergänzung der verschiedenen, in ihrem Wohl und Wehe aufeinander angewiesenen Gewerbszweige, nicht zuletzt das Zusammenwirken, der innige Bund von Intelligenz, Kapital und Arbeit gewährleisten der menschlichen Schaffenskraft ihre Fruchtbarkeit. Außerachtlassung des zugleich sozialen und individualen Charakters der menschlichen Arbeit verunmöglicht daher wie ihre gerechte Wertung, so ihre Abgeltung zum Gleichwert.

Drei Gesichtspunkte

70. Aus dieser der menschlichen Arbeit wesenseigenen Doppelnatur ergeben sich weittragende Folgerungen für Bemessung und Regelung des Arbeitslohns.

a) Lebensbedarf des Arbeiters und der Arbeiterfamilie

71. An erster Stelle steht dem Arbeiter ein ausreichender Lohn zu für seinen und seiner Familie Lebensunterhalt. Gewiß soll auch die übrige Familie zum gemeinsamen Unterhalt je nach Kräften des Einzelnen beitragen, wie dies besonders im Bauernhause, aber auch in vielen Handwerker- und kleinen Kaufmannsfamilien zu beobachten ist. Aber weder Frauen, noch Männer und insbesondere Kinder, dürfen niemals über das Maß ihres Alters und ihrer Kräfte belastet werden. Familienmütter - und ebenso Väter sollen in ihrer Häuslichkeit und dem, was dazu gehört, ihr hauptsächliches Arbeitsfeld finden in Erfüllung ihrer hausfraulichen bzw. hausmännlichen Obliegenheiten. Daß dagegen Hausfrauen und Mütter bzw. Hausmänner und Väter wegen Unzulänglichkeit des gemeinsamen Arbeitsverdienstes zum Schaden ihres häuslichen Pflichtenkreises und besonders der Kindererziehung außerhäuslicher Erwerbsarbeit nachzugehen genötigt sind, ist ein schändlicher Mißbrauch, der, koste es, was es wolle, verschwinden muß. Auf alle Weise ist daher darauf hinzuarbeiten, daß der Arbeitsverdienst der Familien zur angemessenen Bestreitung des gemeinsamen häuslichen Aufwandes ausreiche. Falls dies unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht in allen Fällen möglich ist, dann ist es ein Gebot der Gemeinwohlgerechtigkeit, alsbald diejenigen Änderungen in diesen Verhältnissen eintreten zu lassen, die einen Lohn in der gedachten Höhe für jede/n erwachsene/n Arbeiter:in sicherstellen. - Mit verdienter Anerkennung sei hier auch gedacht aller von weiser und verständnisvoller Absicht getragenen Versuche und Bestrebungen, durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen den Arbeitsverdienst derart mit den Familienlasten steigen zu lassen, daß entsprechend deren Steigerung Zulagen gewährt werden, sowie eintretendenfalls auch für unvermeidliche Belastungen außerordentlicher Art Rat zu schaffen.

b) Lebensfähigkeit des Unternehmens

72. An zweiter Stelle ist die Lage des Unternehmens bzw. des Unternehmers bei der Bestimmung der Lohnhöhe in Betracht zu ziehen. Ungerecht wäre die Forderung übertriebener Löhne, die zum Zusammenbruch des Unternehmens mit allen sich daraus ergebenden bösen Folgen für die Belegschaften selbst führen müßten. Anders, wenn infolge Lässigkeit, aus Mangel an Initiative und dadurch verschuldeter technischer oder wirtschaftlicher Rückständigkeit die Rentabilität des Unternehmens leidet; daraus läßt sich keine Berechtigung herleiten, der Belegschaft die Löhne zu drücken. Steht dagegen das Unternehmen selbst unter dem Druck ungerechter Vorbelastungen oder unter dem Zwange, seine Erzeugnisse unter Preis abzugeben, so daß ihm zufolgedessen die Mittel zur Zahlung angemessener Löhne nicht zur Verfügung stehen, so machen diejenigen, die auf das Unternehmen diesen Druck oder Zwang ausüben, himmelschreiender Sünde sich schuldig; sind doch sie es, die den Erwerbstätigen, der notgedrungen zu einem Hungerlohn sich verdingt, den gerechten Lohn vorenthalten. Gleiches gilt ebenso für die Herrscharen der Erwerbslosen.

73. In gemeinsamen Überlegungen und Anstrengungen sollten daher Werksleitung und Belegschaften der Schwierigkeiten und Hindernisse Meister zu werden suchen; eine kluge staatliche Wirtschaftspolitik sollte ihnen die Sache erleichtern. Kommt es zum Äußersten, dann ist zu überlegen, ob und wie eine Stillegung sich vermeiden läßt, gegebenenfalls, wie anderweitig für die Belegschaft Vorsorge zu treffen ist. Gerade bei dieser schwersten Entscheidung muß sich die innere Verbundenheit und christliche Solidarität von Werksleitung und Belegschaft zeigen und praktisch bewähren.

c) Allgemeine Wohlfahrt

74. Endlich muß die Lohnbemessung der allgemeinen Wohlfahrt Rechnung tragen. Was es für diese Wohlfahrt, was es für das allgemeine Wohl bedeutet, daß Arbeiter und Angestellte einen Lohn- oder Gehaltsanteil, den sie von der Lebensnotdurft erübrigen, zurücklegen können und so allmählich zu bescheidenem Wohlstand gelangen, habe ich weiter oben ausgeführt. Ein anderer Punkt von kaum geringerer Tragweite und von ganz besonderer Dringlichkeit im Augenblick darf nicht übersehen werden, nämlich, daß alle Arbeitsfähigen und Arbeitswilligen auch wirklich Arbeitsgelegenheit finden. Hier ist nun die Lohnhöhe von nicht zu unterschätzendem Einfluß: so günstige Wirkungen ihre richtige Festsetzung hat, so nachteilig kann es sich auswirken, wenn der zulässige Spielraum nach oben oder unten überschritten wird. Man weiß ja heute, daß sowohl eine zu stark gedrückte als eine übersteigerte Lohnhöhe Arbeitslosigkeit verursacht. Diese Arbeitslosigkeit, ganz besonders eine lang andauernde Massenarbeitslosigkeit, wie schon Papst Pius XI. sie während seines Pontifikates erleben musste, ist eine furchtbare Geißel: sie schlägt den einzelnen Erweerbslosen mit wirtschaftlicher Not, sozialer Diskriminierung, und treibt ihn in sittliche Gefahren; sie vernichtet den Wohlstand ganzer Länder; ja, sie bedeutet eine Gefahr für öffentliche Ordnung, Ruhe und Frieden der gesamten Welt. Die Gemeinwohlgerechtigkeit verbietet daher, ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl nur dem eigenen Vorteil gemäß die Löhne über den zulässigen Spielraum hinaus hinabzudrücken oder hinaufzutreiben; sie gebietet, mit vereinten Kräften des Geistes und des guten Willens nach Möglichkeit eine solche Regelung der Löhne herbeizuführen, bei der möglichst viele eine Arbeitsgelegenheit finden und von ihrer Arbeit in Ehren leben können.

75. Hierhin gehört auch das richtige Verhältnis der Löhne untereinander. Eng hängt damit wieder zusammen das richtige Verhältnis der Preise für die Erzeugnisse der verschiedenen Wirtschaftszweige, beispielshalber für Agrar- und Industrieprodukte u. a. m. gerade auch nach ökologisch nachhaltigen Wertigkeiten. Die rechte Innehaltung aller dieser Beziehungen läßt die verschiedenen Wirtschaftszweige gewissermaßen zu einem großen Wirtschaftskörper zusammenwachsen, innerhalb dessen sie als Glieder sich gegenseitig ergänzen und fördern. Damit erst besteht eine wirkliche, ihren Sinn erfüllende Volkswirtschaft, indem allen Gliedern des Wirtschaftsvolkes alle die Güter zur Verfügung stehen, die nach dem Stande der Ausstattung mit natürlichen Hilfsquellen, der Produktionstechnik und der gesellschaftlichen Organisation des Wirtschaftslebens geboten werden können. So reichlich sollten sie bemessen sein, daß sie nicht bloß zur lebensnotwendigen und sonstigen ehrbaren Bedarfsbefriedigung ausreichen, sondern den Menschen die Entfaltung eines veredelten Kulturlebens ermöglichen, das, im rechten Maß genossen, dem tugendlichen Leben nicht nur nicht abträglich, sondern im Gegenteil förderlich ist45.

5. Die neue Gesellschaftsordnung

76. Alle meine bisherigen Ausführungen über die billige Verteilung der Erdengüter sowie über die Lohngerechtigkeit betrafen unmittelbar den Einzelmenschen und nur mittelbar die Gesellschaftsordnung. Papst Leos XIII. und auch Pius XI. ganzes Sinnen und Trachten aber ging gerade auf deren Wiederaufrichtung nach den Grundsätzen gesunder Sozialphilosophie bis zu ihrer Vollendung nach den erhabenen Vorschriften des Heilsplans der Frohbotschaft.

77. Ein glücklicher Anfang ist gemacht. Um ihn aber zu sichern und um durch Ausführung des noch Ausstehenden zum guten Ende zu kommen, wodurch dem Menschengeschlecht erst die reichsten und beglückendsten Segnungen zuteil werden, braucht es vor allem zwei Dinge : Zuständereform und Sittenbesserung.

78. Bei der Zuständereform denke ich zunächst an den Staat und die Politik, diese Politiker und Politikerinnen. Nicht als ob alles Heil von der Staatstätigkeit zu erwarten wäre; der Grund ist ein anderer. In Auswirkung des individualistischen Geistes ist es so weit gekommen, daß das einst blühend und reichgegliedert in einer Fülle verschiedenartiger Vergemeinschaftungen der neoliberalistischen Untriebe entfaltete menschliche Gesellschaftsleben derart zerschlagen und nahezu ertötet wurde, bis schließlich fast nur noch die Einzelmenschen und der Staat übrigblieben - zum nicht geringen Schaden für den Staat selber.
Das Gesellschaftsleben wurde ganz und gar unförmlich; der Staat aber, der sich mit all den Aufgaben belud, welche die von ihm verdrängten Vergemeinschaftungen nun nicht mehr zu leisten vermochten, wurde unter einem Übermaß von Obliegenheiten und Verpflichtungen zugedeckt und erdrückt.

79. Wenn es nämlich auch zutrifft, was ja die Geschichte deutlich bestätigt, daß unter den veränderten Verhältnissen manche Aufgaben, die früher leicht von kleineren Gemeinwesen geleistet wurden, nur mehr von Großen bewältigt werden können, so muss doch allzeit unverrückbar jener höchst gewichtige sozialphilosophische Grundsatz fest gehalten werden, an dem nicht zu rütteln noch zu deuteln ist : wie dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung.
Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.

80. Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung, die nur zur Abhaltung von wichtigeren Aufgaben führen müßten, soll die Staatsgewalt also den kleineren Gemeinwesen überlassen. Sie selbst steht dadurch nur um so freier, stärker und schlagfertiger da für diejenigen Aufgaben, die in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, weil sie allein ihnen gewachsen ist: durch Leitung, Überwachung, Nachdruck und Zügelung, je nach Umständen und Erfordernis. Darum mögen die staatlichen Machthaber sich überzeugt halten: je besser durch strenge Beobachtung des Prinzips der Subsidiarität die Stufenordnung der verschiedenen Vergesellschaftungen innegehalten wird, um so stärker stehen gesellschaftliche Autorität und gesellschaftliche Wirkkraft da, um so besser und glücklicher ist es auch um den Staat bestellt.

Berufsständische Ordnung

81. In heißem Bemühen aber müssen Staatsmänner und gute Staatsbürger dahin trachten, aus der Auseinandersetzung zwischen den Klassen zur einträchtigen Zusammenarbeit der Stände uns emporzuarbeiten.

82. Erneuerung einer ständischen Ordnung also ist das gesellschaftspolitische Ziel. Bis zur Stunde dauert ja der unnatürlich-gewaltsame Zustand der Gesellschaft fort und ermangelt infolgedessen der Dauerhaftigkeit und Festigkeit; ist doch die heutige wie auch ebenso noch deine zukünftige Gesellschaft geradezu aufgebaut auf der Gegensätzlichkeit der Interessenlagen der Klassen und damit auf dem Gegensatz der Klassen selbst, der allzuleicht in kraftvoller und wirksamer aber wird die Einheit sein, je hingebender feindseligen Streit ausartet.

83. Zwar ist Arbeit, wie bereits Papst Leo XIII. in seinem Rundschreiben darlegt46, keine feile Ware, vielmehr ist in ihr immer die Menschenwürde des Erwerbstätigen und gerade auch der Erwerbslosen zu achten; auch kann sie nicht wie irgendeine beliebige Ware im Markte umgehen. Nichtsdestoweniger läßt bei der heutigen Sachlage Nachfrage und Angebot der Arbeitskraft die Menschen auf dem "Arbeitsmarkt" zwei Klassen, sozusagen zwei Kampffronten bilden; die Auseinandersetzung dieser Arbeitsmarktparteien aber macht den Arbeitsmarkt zum Kampffelde, auf dem die beiden Parteien in heißem Streite miteinander ringen. Die Notwendigkeit schleunigster Abhilfe gegenüber diesem Zustand, der eine Gefährdung der menschlichen Gesellschaft bedeutet, kann niemand verkennen. Durchgreifende Abhilfe aber hat die Ausräumung dieses Gegensatzes zur unerläßlichen Voraussetzung und erscheint kaum anders möglich als dadurch, daß wohlgefügte Glieder des Gesellschaftsorganismus sich bilden, also ,"Stände", denen man nicht nach der Zugehörigkeit zur einen oder andern Arbeitsmarktpartei, sondern nach der verschiedenen gesellschaftlichen Funktion des Einzelnen angehört. Denn genau, wie die nachbarschaftliche Verbundenheit die Menschen zur Gemeinde zusammenführt, so läßt die Zugehörigkeit zum gleichen Beruf - gleichviel ob wirtschaftlicher oder außerwirtschaftlicher Art - sie zu Berufsständen oder berufsständischen Körperschaften sich zusammenschließen.
Das eine ist so natürlich wie das andere. Darum werden ja auch diese autonomen Körperschaften, ohne Wesensbestandstücke der bürgerlichen Gesellschaft zu sein, doch gern als ihre naturgemäße Ausstattung bezeichnet.

84. Ordnung bedeutet, wie der hl Thomas meisterhaft ausführt47, Einheit in wohlgegliederter Vielheit. Eine rechte gesellschaftliche Ordnung verlangt also eine Vielheit von Gliedern des Gesellschaftskörpers, die ein starkes Band zur Einheit verbindet. Die Kraft eines solchen Einheitsbandes besitzen einmal die Güter und Dienstleistungen, deren Erzeugung bzw. Darbietung die Angehörigen des gleichen Berufsstandes, gleichviel ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, obliegen, zum andernmal das Gemeinwohl, zudem sämtliche Berufsstände, jeder zu seinem Teil, mitzuwirken und beizutragen haben. Um so alle, die einzelnen und die Stände, ihren Beruf erfüllen und Hervorragendes darin zu leisten sich bemühen.

85. Daraus ergibt sich ohne weiteres : In diesen Körperschaften liegt das Schwergewicht durchaus bei den gemeinsamen Angelegenheiten, deren bedeutsamste diese ist, die Mitwirkung des Berufsstandes zum allgemeinen Wohl des Gesamtvolkes möglichst fruchtbar zu gestalten. Angelegenheiten dagegen, die in besonderer Weise die Sonderinteressen der Selbständigen oder die Gehilfenschaft berühren, so daß ein Schutz gegen Vergewaltigung geboten sein muß, unterliegen vorkommendenfalls gesonderter Beratung und je nach der Sachlage auch getrennter Beschlußfassung.

86. Kaum bedarf es eigener Erwähnung, daß das, was Leo XIII.. über die Staatsform lehrte48, auch auf die Berufsstände oder berufsständischen Körperschaften sinngemäße Anwendung findet, nämlich: die Menschen haben die volle Freiheit, eine Form nach ihrem Gefallen zu wählen, wenn nur der Gerechtigkeit und den Erfordernissen des Gemeinwohls Genüge geschieht.

87. Ebenso nun, wie die Bürger der Gemeinde zu den verschiedensten Zwecken freie Vereinbarungen eingehen, denen beizutreten oder fernzubleiben ins freie Belieben des Einzelnen gestellt ist, werden die Angehörigen des gleichen Berufes freie Vereinigungen unter sich bilden zu Zwecken, die mit ihrer Berufsausübung irgendwie zusammenhängen. Nachdem Papst Leo XIII. schon in seinem Rundschreiben von 1891 sich so eingehend und lichtvoll über diese freien Vereinigungen verbreitet hat, mag es genügen, das Eine wieder einzuschärfen : Der Mensch hat die volle Freiheit, nicht bloß solche Vereinigungen, die der Privatrechtsordnung angehören, ins Leben zu rufen, sondern auch "frei diejenige innere Lebensordnung, diejenigen Satzungen anzunehmen, die zum vorgesetzten Ziele am geeignetsten erscheinen"49. Nicht minder frei können Vereinigungen sich bilden, die über die Grenzen der Berufsstände hinausgreifen. Die heute schon bestehenden und segensreich wirkenden Vereinigungen aber mögen sich betrachten und nach Kräften auch betätigen als die Wegbereiter für eine berufsständische Ordnung, wie oben angedeutet, im Sinne christlicher Gesellschaftslehre.

1.

Regulatives Prinzip der Wirtschaft

88. Noch eines wird erfordert, das mit dem vorigen eng zusammenhängt. So wenig die Einheit der menschlichen Gesellschaft gründen kann auf der Gegensätzlichkeit der Klassen, ebensowenig kann die rechte Ordnung der Wirtschaft dem freien Wettbewerb anheimgegeben werden. Das ist der Grundirrtum der individualistischen rein auf Profit und Wachstum ausgerichteten neoliberalen Wirtschaftswissenschaft, aus dem all ihre Einzelirrtümer sich ableiten: in Vergessenheit oder Verkennung der gesellschaftlichen wie der sittlichen Natur der Wirtschaft glaubte sie, die öffentliche Gewalt habe der Wirtschaft gegenüber nichts anderes zu tun, als sie frei und ungehindert sich selbst zu überlassen; im Markte, d.h. im freien Wettbewerb, besitze diese ja ihr regulatives Prinzip in sich, durch das sie sich vollkommener selbst reguliere, als das Eingreifen irgendeines geschaffenen Geistes dies je vermöchte. Die Wettbewerbsfreiheit - obwohl innerhalb der gehörigen Grenzen berechtigt und von zweifellosem Nutzen - kann aber unmöglich regulatives Prinzip der Wirtschaft sein. Die Erfahrung hat dies, nachdem die verderblichen individualistischen Theorien in die Praxis umgesetzt wurden, bis zum Übermaß bestätigt. Daher besteht die dringende Notwendigkeit, die Wirtschaft wieder einem echten und durchgreifend regulativen Prinzip zu unterstellen. Die an die Stelle der Wettbewerbsfreiheit getretene Vermachtung der Wirtschaft kann aber noch weniger diese Selbststeuerung bewirken : Macht ist blind; Gewalt ist stürmisch. Um segenbringend für die Menschheit zu sein, bedarf sie selbst kraftvoller Zügelung und weiser Lenkung; diese Zügelung und Lenkung kann sie sich aber nicht selbst geben. Höhere und edlere Kräfte müssen es sein, die die wirtschaftliche Macht in strenge und weise Zucht nehmen: die soziale Gerechtigkeit und die soziale Liebe ! Darum müssen die staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen ganz und gar von dieser Gerechtigkeit durchwaltet sein; vor allem aber tut es not, daß sie zur gesellschaftspolitischen Auswirkung kommt, d.h. eine Rechts- und Gesellschaftsordnung herbeiführt, die der Wirtschaft ganz und gar das Gepräge gibt. Seele dieser Ordnung muß die soziale Liebe sein; die öffentliche Gewalt aber hat sie kraftvoll zu schützen und durchzusetzen, was sie um so leichter vermag, wenn sie sich jener Belastungen entledigt, die, wie oben dargelegt, ihr wesensfremd sind.

89. Mehr noch : Die verschiedenen Völker sollten angesichts ihrer starken gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit durch gemeinsames Raten und Taten zwischenstaatliche Vereinbarungen und Einrichtungen schaffen zur Förderung einer wahrhaft gedeihlichen wirtschaftlichen Zusammenarbeit untereinander.

90. Werden so die Glieder des Sozialorganismus hergestellt und erhält die Volkswirtschaft wieder ihr regulatives Prinzip, dann wird, was der Apostel vom geheimnisvollen Leibe Christi sagt, auch auf diesen Organismus einigermaßen anwendbar sein: "Der ganze Leib, zur Einheit gefügt durch die Verbundenheit der Dienstleistungen aller Glieder, indem jeder Teil die ihm angemessene Betätigung verrichtet, entfaltet sein Wachstum, bis er in der Liebe erbaut ist"50.

[ Kritik am faschistischen Korporativstaat ]

91. Nun ist unlängst eine eigenartige gewerkschaftliche und berufsständische Organisation eingeführt worden, die bei dem Gegenstand dieses Rundschreibens hier nicht ohne einige Charakterisierung und entsprechende Würdigung bleiben kann.

92. Der Staat verleiht der Gewerkschaft die rechtliche Anerkennung, und zwar nicht ohne Monopolstellung, insofern ausschließlich die so anerkannte Gewerkschaft Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber vertreten, ausschließlich sie Tarifverträge und Tarifgemeinschaften schließen kann. Die Zugehörigkeit zur Gewerkschaft ist freigestellt, und nur in diesem Sinne kann die gewerkschaftliche Organisation als frei bezeichnet werden, denn der Gewerkschaftsbeitrag und andere besondere Abgaben sind pflichtmäßig für alle Berufsangehörigen, gleichviel ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, wie auch die von den rechtlich. anerkannten Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge bindend sind für alle. Allerdings wird amtlich erklärt, daß die rechtlich anerkannte Gewerkschaft das Bestehen rein tatsächlicher Vereinigungen auf beruflicher Grundlage nicht ausschließt.

93. Die berufsständischen Körperschaften sind zusammengesetzt aus Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber-Gewerkschaften des gleichen Gewerbes oder Berufszweiges. Als wirkliche und eigentliche Staatsorgane und Staatseinrichtungen üben sie die Oberleitung über die Gewerkschaften aus und stellen in Angelegenheiten, die gemeinsame Belange betreffen, die Übereinstimmung zwischen diesen her.

94. Arbeitseinstellungen sind verboten; wenn die streitenden Teile sich nicht einigen können, schlichtet die Behörde.

95. Schon eine flüchtige Überlegung läßt die Vorteile der insoweit kurz geschilderten Regelung erkennen: friedliche Zusammenarbeit der Klassen, Zurückdrängung der neo-liberalistischen Organisationen und Bestrebungen, regelnder Einfluß eines eigenen Behördenapparats. Um jedoch in einer Sache von solcher Bedeutung nichts zu verabsäumen, sowie im Einklang mit den oben herausgestellten Grundsätzen und einigen weiteren, die hier folgen, muss ich, Hildegard, ergänzen, daß es mir nicht entgangen ist, wie manche die Befürchtung hegen, der Staat setze sich an die Stelle der freien Selbstbetätigung, statt sich auf die notwendige und ausreichende Hilfestellung und Förderung zu beschränken; sodann, die neue gewerkschaftliche und berufsständische Verfassung habe einen übermäßig bürokratischen und politischen Einschlag; endlich, trotz der angeführten allgemeinen Vorteile, die sie bietet, könne sie politischen Sonderbestrebungen mehr dienstbar sein als der Herbeiführung und Einleitung einer besseren gesellschaftlichen Ordnung.

96. Ich bin der Überzeugung, daß zur Erreichung dieses letzteren hohen Zieles mit wahrem und dauerhaftem Nutzen zuerst und mehr als alles andere der Segen Gottes und an zweiter Stelle die Mitarbeit aller Gutgesinnten not tut. Ferner, und zwar in zwingender Folge, bin ich überzeugt, daß dieses Ziel um so sicherer erreicht wird, je größer der Anteil ist, den fachliche, berufliche und gesellschaftliche Sachverständigkeit, mehr christlichen Grundsätze und ihre Auswirkung im Leben dazu beitragen. Diesen letzteren Beitrag, die Auswirkung, erwarten Wir nicht zwar seitens der Aktion 'Maria 3.0' ( die keine im strengen Sinne gewerkschaftliche oder politische Tätigkeit auszuüben beabsichtigt ), wohl aber von seiten unserer Töchter und Söhne, die in der Aktion eine vorzügliche Schulung nach diesen Grundsätzen für ihre Arbeit erhalten, gegebenenfalls auch unter der Hirtensorge und dem Lehramt der Kirche, dieser Kirche, die auch auf dem oben umschriebenen Arbeitsfeld ihren gottgegebenen Auftrag, zu wachen und zu lehren, weder verleugnen noch vernachlässigen kann, wie überall, wo Fragen sittlicher Art zur Erörterung und zum Austrag kommen.

97. In der Tat, die von mir, Hildegard, umrissene Wiederaufrichtung und Vollendung der zukünftigen gesellschaftlichen Ordnung hat zur Voraussetzung die sittliche Erneuerung. Das lehrt eindrucksvoll die Geschichte. Es hat - also längst nicht mehr zu meiner Zeit - einmal eine gesellschaftliche Ordnung gegeben, die zwar auch nicht in jeder Beziehung vollkommen war, aber doch in Anbetracht der Zeitverhältnisse und Zeitbedürfnisse der rechten Vernunftordnung einigermaßen nahekam. Wenn diese Ordnung schon lange dahingegangen ist, so ist der Grund nicht der, daß sie der Anpassung an veränderte Verhältnisse und Bedürfnisse durch entsprechende Fortbildung und elastische Ausweitung nicht fähig gewesen wäre. Die Schuld liegt vielmehr an der selbstsüchtigen Engherzigkeit der Menschen, die - was doch ihre Pflicht war - der wachsenden Volkszahl keinen Raum innerhalb dieser Ordnung gewähren wollten, sowie an einer falschen Freiheitsidee und anderen falschen Ideen, unter deren Einfluß sie keine Autorität über sich anerkennen und jede Bindung abschütteln wollten.

98. So haben ich nur noch mit der Wirtschaft von deinem gegenwärtigen Heute sowie mit ihrem großen Ankläger, dem Sozialismus, ins Gericht zu gehen und mit ebensoviel Freimut als strenger Gerechtigkeit beiden das Urteil zu sprechen, um die tiefste Wurzel des Übels aufzudecken und damit auch schon das erste und notwendigste Heilmittel zu bezeichnen: die sittliche Erneuerung.

III.

Wandlungen seit Papst Leo XIII. und Pius XI.

99. Tiefgreifende Wandlungen sind es, die seit den Tagen Leos XIII. und Pius XI. sowohl die Wirtschaftsweise als der Sozialismus durchgemacht haben.

100. Völlig verändert, um damit zu beginnen, zeigt sich das Bild der Wirtschaft. Es ist Euch bewußt, Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne, daß die beiden genannte Päpste in ihren Rundschreiben besonders jene Wirtschaftsweise im Auge hatte, bei der es im allgemeinen andere sind, die die Produktionsmittel, und andere, die die Arbeit zum gemeinsamen Wirtschaftsvollzuge beistellen, wie er es kurz und treffend kennzeichnet: "so wenig das Kapital ohne die Arbeit, so wenig kann die Arbeit ohne das Kapital bestehen"51.

1. Wandlungen der kapitalistischen Wirtschaftsweise

101. Dieser Wirtschaftsweise bemüht sich schon Leo XII. 1891 die rechte Ordnung zu geben; daraus folgt, daß sie als solche nicht zu verdammen ist. Und in der Tat, sie ist nicht in sich schlecht. Die Verkehrtheit beginnt vielmehr erst dann, wenn das Kapital die Lohnarbeiterschaft in seinen Dienst nimmt, um die Unternehmungen und die Wirtschaft insgesamt einseitig nach seinem Gesetz und zu seinem Vorteil ablaufen zu lassen, ohne Rücksicht auf die Menschenwürde des Arbeiters, ohne Rücksicht auf den gesellschaftlichen Charakter der Wirtschaft, ohne Rücksicht auf Gemeinwohl und Gemeinwohlgerechtigkeit.

102. Diese Wirtschaftsweise, so treffend benannt als 'neoliberale Staatsideologie & Wachstumshysterie' ist auch zu deiner Zeit noch keineswegs die alleinig herrschende. Auch in deiner Welt gilt noch, daß der an Zahl und Bedeutung überwiegende Teil der Menschheit auf andere Weise wirtschaftet, ganz besonders der bäuerliche Berufsstand, in welchem der größte Teil des Menschengeschlechts ehrbar und rechtschaffen seine Nahrung findet. Auch dieser außerkapitalistische Wirtschaftsraum hat seine eigenen Schwierigkeiten und Nöte, auf welche die Päpste Leo XIII., Pius XI. und Andere an zahlreichen Stellen ihrer Rundschreiben Bezug nehemen, wie auch ich die eine oder andere Bemerkung darüber hier eingeflochten habe.

103. Gerade im Gefolge der reißend schnellen Ausbreitung des Industrialismus hat aber die kapitalistische Wirtschaftsweise seit dem Erscheinen des Rundschreibens Leos XIII. eine ungeheure Ausweitung erfahren, so daß sie tatsächlich auch den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des außerkapitalistischen Raumes ihr Gepräge aufdrückt, sie mit ihren Vorzügen, nicht minder aber mit ihren Nachteilen und Schäden maßgebend beeinflußt.

104. Es geht darum nicht nur um die besonderen Belange der hochkapitalistischen Länder oder der Industriewirtschaft allein, sondern um die Belange der Gesamtmenschheit, wenn ich hier die Wandlungen der kapitalistischen Wirtschaftsweise, wie sie seit den Tagen Leos XIII. und Pius XI. sich ereignet haben, näher ins Auge fassen.

Vermachtung als Ergebnis der Wettbewerbsfreiheit

105. Am auffallendsten war schon damals und gerade in deiner heutigen Zeit die geradezu ungeheure Zusammenballung nicht nur an Kapital, sondern an Macht und wirtschaftlicher Herrschgewalt in den Händen einzelner, die sehr oft gar nicht Eigentümer, sondern Treuhänder oder Verwalter anvertrauten Gutes sind, über das sie mit geradezu unumschränkter Machtvollkommenheit verfügen.

106. Zur Ungeheuerlichkeit wächst diese Vermachtung der Wirtschaft sich aus bei denjenigen, die als Beherrscher und Lenker des Finanzkapitals unbeschränkte Verfügung haben über den Kredit und seine Verteilung nach ihrem Willen bestimmen. Mit dem Kredit beherrschen sie den Blutkreislauf des ganzen Wirtschaftskörpers; das Lebenselement der Wirtschaft ist derart unter ihrer Faust, dass niemand gegen ihr Geheiß auch nur zu atmen wagen kann.

107. Diese Zusammenballung von Macht, das natürliche Ergebnis einer grundsätzlich zügellosen Konkurrenzfreiheit, die nicht anders als mit dem Überleben des Stärkeren, d. i. allzu oft des Gewalttätigeren und Gewissenloseren, enden kann, ist das Eigentümliche der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung. Also, das wurde 1931 geschrieben. Nicht 2023 !!!

108. Solch gehäufte Macht führt ihrerseits wieder zum Kampf, zu einem dreifachen Kampf: zum Kampf um die Macht innerhalb der Wirtschaft selbst; zum Kampf sodann um die Macht über den Staat, der selbst als Machtfaktor in den wirtschaftlichen Interessenkämpfen eingesetzt werden soll; zum Machtkampf endlich der Staaten untereinander, die mit Mitteln staatlicher Macht wirtschaftliche Interessen ihrer Angehörigen durchzusetzen suchen und wieder umgekehrt zum Austrag zwischenstaatlicher Streithändel wirtschaftliche Macht als Kampfmittel einsetzen.

Schlimme Folgen

109. Die letzten Auswirkungen des individualistischen Geistes sind es, die Ihr, liebe Schwestern und Brüder und geliebte Söhne und Töchter, vor Augen habt und und da habt ihr wahrlich Grund euch zu beklagen : Der freie Wettbewerb hat zu seiner Selbstaufhebung geführt; an die Stelle der freien Marktwirtschaft trat die Vermachtung der Wirtschaft; das Gewinnstreben steigerte sich zum zügellosen Machtstreben. Dadurch kam in das ganze Wirtschaftsleben eine furchtbare, grausenerregende Härte. Dazu traten die schweren Schäden einer Vermengung und unerfreulichen Verquickung des staatlichen und des wirtschaftlichen Bereichs. Als einen der schwersten Schäden nennt Papst Pius XI. 1931 die Erniedrigung der staatlichen Hoheit, die, unparteiisch und allem Interessenstreit entrückt, einzig auf das gemeine Wohl und die Gerechtigkeit bedacht, als oberste Schlichterin in königlicher Würde thronen sollte, zur willenlos gefesselten Sklavin selbstsüchtiger Interessen wurde. Im zwischenstaatlichen Leben aber entsprang der gleichen Quelle ein doppeltes Übel : Hier ein übersteigerter Nationalismus und Imperialismus wirtschaftlicher Art, dort ein nicht minder verderblicher und verwerflicher finanzkapitalistischer Internationalismus oder Imperialismus des internationalen Finanzkapitals, das sich überall da zu Hause fühlt, wo sich ein Beutefeld auftut.

Abhilfe

110. Die Mittel, um diesen schweren Übelständen abzuhelfen, habe ich im lehrhaften ( zweiten ) Teil dieses Konzept 'Maria 3.0' dargelegt, so daß hier eine kurze Erinnerung genügt. Da Kapital und Arbeit die heutige Wirtschaft bestimmen, kommt es darauf an, die rechten Vernunftgrundsätze, das sind die gesunden Prinzipien christlicher Sozialphilosophie, über Kapital, Arbeit und deren Verbindung wieder zur theoretischen Anerkennung und zur praktischen Anwendung zu bringen. Dem Doppelcharakter sowohl des Eigentums als der Arbeit, d. i. ihrer Individual- und Sozial-Natur, ist billig und sorglich Rechnung zu tragen, um die Klippen gleicherweise des Individualismus wie des Kollektivismus zu vermeiden. Die wechselseitigen Beziehungen von Kapital und Arbeit sind nach den Anforderungen der strengsten Verkehrsgerechtigkeit auszurichten unter Beihilfe der christlichen Liebesgesinnung. Der freie Wettbewerb, innerhalb der gehörigen Schranken gehalten, mehr noch die wirtschaftliche Macht, sind der öffentlichen Gewalt in allem, was deren Amtes ist, entschieden unterzuordnen. Das menschliche Gemeinschaftsleben insgesamt ist durch die öffentlichen Einrichtungen den Erfordernissen des Gemeinwohls, oder, was dasselbe besagt, den Anforderungen der Gemeinwohlgerechtigkeit entsprechend zu gestalten, womit es nicht ausbleiben kann, daß auch jener überaus bedeutsame Zweig gesellschaftlichen Lebens, den die Wirtschaft ausmacht, zur rechten und gesunden Ordnung sich zurückfindet.

2. Wandlungen im Sozialismus

111. Aber nicht nur das Bild der Wirtschaft hat sich seit den Tagen Leos XIII. gewandelt. Mindestens in gleichem Maße gilt dies von dem Gegner, gegen den Leo XIII. zu kämpfen hatte, vom Sozialismus. War der Sozialismus zu Leo's Zeiten in der Hauptsache wenigstens ein einheitliches Gebilde mit einem bestimmten und geschlossenen Lehrsystern, so hat er sich damals in zwei einander scharf entgegengesetzte und einander leidenschaftlich bekämpfen die Hauptrichtungen auseinander entwickelt, ohne allerdings die dem ganzen Sozialismus gemeinsame ( nur anscheinend ) widerchristliche Grundlage verlassen zu haben.

a) Die schärfere Richtung: Kommunismus

112. Nach der einen Seite hin hat der Sozialismus die gleiche Vermachtung durchgemacht, die ich, Hildegard, wie vorab auch schon Papst Pius XI., soeben von der sogenannten kapitalistischen Wirtschaftsweise beschrieben habe. Dieser zum Kommunismus gewordene Sozialismus verfolgt in Theorie und Praxis seine beiden Hauptziele : Schärfster Klassenkampf und äußerste Eigentumsfeindlichkeit. Nicht auf Schleich - und Umwegen, sondern mit offener und rücksichtsloser Gewalt geht er aufs Ziel. Vor nichts schreckt er zurück; nichts ist ihm heilig. Zur Macht gelangt, erweist er sich von unglaublicher und unbeschreiblicher Härte und Unmenschlichkeit. Die unseligen Trümmer und Verwüstungen, die er in dem ungeheueren Ländergebiet von Osteuropa und Asien angerichtet hat, sprechen eine beredte Sprache. In welchem Maße dieser kommunistische Sozialismus offen kirchenfeindlich und gottfeindlich ist, das ist leider nur zu sehr bekannt, nur zu sehr durch Tatsachen belegt ! Für die guten und treuen Kinder der Menschheit bedarf es da wahrlich keiner Warnung mehr vor dem gottlosen und ungerechten Kommunismus. Aber nur mit tiefem Schmerze kann ich die Sorglosigkeit derer mit ansehen, die der von dieser Seite drohenden Gefahr nicht achtend ruhig zusehen, wie die Bestrebungen eines gewaltsamen und blutigen Umsturzes in alle Welt getragen werden. Noch schärfere Verurteilung aber verdient der Leichtsinn, der um all dieses unbekümmert Zustände weiterbestehen bestimmte Arten von Gütern der öffentlichen Hand vorzubehalten läßt, die den fruchtbaren Nährboden berechtigter Unzufriedenheit abgeben und so einer angestrebten kommunistischen Weltrevolution Schrittmacherdienste leisten.

b) Die gemäßigtere Richtung im Sozialismus

113. Anders verhält es sich mit der gemäßigteren Richtung, die auch heute noch die Bezeichnung "Sozialismus" weiter führt. Dieser Sozialismus verzichtet nicht nur auf die Anwendung roher Gewalt, sondern kommt mehr oder weniger selbst zu einer Abmilderung des Klassenkampfs und der Eigentumsfeindlichkeit, wenn nicht zu ihrer gänzlichen Preisgabe. Erschreckt vor seinen eigenen Grundsätzen und den vom Kommunismus davon gemachten Anwendungen wende, so möchte man meinen, der Sozialismus sich wieder zurück zu Wahrheiten, die christliche Erbweisheit sind, oder tue jedenfalls einige Schritte darauf zu. Unleugbar ist hier gelegentlich eine bemerkenswerte Annäherung sozialistischer Propagandaforderungen an die Postulate einer christlichen Sozialreform zu beobachten.

Milderung des Klassenkampfes und der Eigentumsfeindlichkeit

114. Werden die Feindseligkeiten und der Haß gegenüber der andern Klasse aufgegeben, so kann der verwerfliche Klassenkampf entgiftet werden und sich wandeln in ehrliche, vom Gerechtigkeitswillen getragene Auseinandersetzung zwischen den Klassen, die zwar noch nicht den allseits ersehnten sozialen Frieden bedeutet, aber doch als Ausgangspunkt dienen kann und soll, von dem aus man sich zur einträchtigen Zusammenarbeit der Stände emporarbeitet. Auch die Eigentumsfeindlichkeit kann sich mehr und mehr läutern, so daß nicht mehr das Eigentum an den Produktionsmitteln als solches bekämpft wird, sondern nur eine wider alles Recht angemaßte gesellschaftliche Herrschaftsstellung des Eigentums. In der Tat kommt ja eine solche Herrschaftsstellung von Rechts wegen gar nicht dem Eigentum zu, sondern der öffentlichen Gewalt. Alsdann kann auch hier ein fließender Grenzübergang stattfinden, von den Forderungen eines solchen gemäßigten Sozialismus zu durchaus berechtigten Bestrebungen christlicher Sozialreformer. Mit vollem Recht kann man ja dafür eintreten, weil die mit ihnen verknüpfte übergroße Macht ohne Gefährdung des öffentlichen Wohls Privathänden nicht überantwortet bleiben kann.

115. Berechtigte Bestrebungen und Forderungen solcher Art haben nichts mehr an sich, was mit christlicher Auffassung im Widerspruch stünde; noch viel weniger sind sie spezifisch sozialistisch. Wer nichts anderes will als dies, hat daher eine gerechtfertigte Veranlassung, sich zu dieser Form des Sozialismus zu bekennen.

116. Gebe sich aber niemand der Täuschung hin, zu glauben, alle nichtkommunistischen Richtungen des Sozialismus ohne Ausnahme hätten in Programm und Praxis diese Wendung zur besseren Einsicht schon vollzogen. Meistens handelt es sich nicht um Aufgabe, sondern nur um eine gewisse Milderung des Klassenkampfprinzips und der Eigentumsfeindlichkeit.

Ein Mittelweg ?

Gerade im letzteren Falle der bloßen Abmilderung oder Verwischung falscher Grundsätze erhebt sich - oder vielmehr erhebt man unbegründeterweise - die Frage, ob sich vielleicht auch die christlichen Grundsätze ein wenig abschwächen oder abbauen ließen, so daß man dem Sozialismus entgegenkomme und sich sozusagen auf halbem Wege begegne. Dieser und jener wiegt sich in der Hoffnung, auf diese Weise ließen sich die Sozialisten zu uns hinüberziehen. Trügerische Hoffnung ! Wer als Mensch in den Kreisen des Sozialismus wirken will, der muß die ethisch-christliche Wahrheit in vollem Umfang offen und ehrlich bekennen und darf sich auf keine Halbheiten einlassen. Wer ein rechter Künder der Frohbotschaft sein will, verlege sich vor allem darauf, den Sozialisten vor Augen zu führen, wie ihre Forderungen, soweit sie die Gerechtigkeit für sich haben, aus den Grundsätzen des christlichen Glaubens eine viel schlagendere Begründung, aus der Kraft christlicher Liebesgesinnung eine viel machtvollere Förderung erfahren.

117. Wie aber, wenn in bezug auf Klassenkampf und Sondereigentum der Sozialismus sich wirklich so weit gemäßigt und geläutert hat, daß dieserhalb nichts mehr an ihm auszusetzen ist ? Hat er damit auch schon seinem widerchristlichen Wesen entsagt ? Das ist die Frage, die viele tiefinnerlichst bewegt. Gerade die vielen Menschen aber, die ganz klar sehen, daß eine Preisgabe oder Verwischung zutiefst christlicher Grundsätze niemals in Betracht kommen darf, richten ihre fragenden Blicke auch auf den Vatikan und erwarten sehnlichst eine Entscheidung, ob ein solcher Sozialismus von seinen irrigen Aufstellungen so völlig abgegangen sei, daß er ohne Preisgabe irgendeines christlichen Grundsatzes anerkannt und sozusagen getauft werden könne. Um diesen Fragestellern gemäß meiner schwesterlichen Hirtensorge Genüge zu tun, erklären ich : Dieser 'positive'  Sozialismus, gleichviel ob als Lehre, als geschichtliche Erscheinung oder als Bewegung, auch nachdem er in den genannten Stücken der Wahrheit und Gerechtigkeit Raum gibt, ist mit der Lehre der katholischen Kirche in gewissen Grenzen durchaus vereinbar. Jedoch müßte er denn aufhören, Sozialismus zu sein : Der Gegensatz zwischen sozialistischer und der tradierten christlichen Gesellschaftsauffassung ist so anscheinend unüberbrückbar.

Gegensatz zur christlichen Gesellschaftsauffassung

118. Nach christlicher Auffassung ist der Mensch mit seiner gesellschaftlichen Anlage von Gott geschaffen, um in der Gesellschaft und in Unterordnung unter die gottgesetzte gesellschaftliche Autorität52 sich zur ganzen Fülle und zum ganzen Reichtum dessen, was Gott an Anlagen in ihn hineingelegt hat, zur Ehre Gottes zu entfalten und durch treue Erfüllung seines irdischen Lebensberufs sein zeitliches und zugleich sein ewiges Glück zu wirken. Von all dem weiß der so im linken Lager fälschlicherweise propagierte Sozialismus nichts; vollkommen unbekannt und gleichgültig ist ihm diese erhabene Bestimmung sowohl des Menschen als der Gesellschaft; er sieht in der Gesellschaft lediglich eine Nutzveranstaltung.

119. Da die Erzeugung der irdischen Güter arbeitsteilig erfolgreicher vor sich geht, als wenn jeder für sich allein darin sich versuchen wollte, müsse die Wirtschaft, die als reines Gütergeschehen aufgefaßt wird, gesellschaftlich betrieben werden. Um dieser sachlich gegebenen Notwendigkeit willen müßten die Menschen in bezug auf die Gütererzeugung sich ganz der Gesellschaft hingeben und unterordnen. Ja, die möglichst beste Versorgung mit all dem, was der Annehmlichkeit des irdischen Lebens dienen kann, erscheint so sehr als das höchste aller Güter, daß hier bedenkenlos die höheren Güter des Menschen, nicht zuletzt das Gut seiner Freiheit, geopfert werden in restloser Unterordnung unter die Sachnotwendigkeiten der absolut rationalsten Gütererzeugung. Die Entschädigung für dieses Opfer seiner menschlichen Persönlichkeit im vergesellschafteten Wirtschaftsprozeß soll der Mensch leicht und reichlich finden in der überströmenden Güterfülle, die als sein Anteil am Ertrag dieses vergesellschafteten Wirtschaftsprozesses ihm ausgeschüttet wird, deren er alsdann, wie immer es ihm beliebt, zur Annehmlichkeit und Verschönerung des Daseins in voller Freiheit genießen mag. Während so die sozialistische Gesellschaft auf der einen Seite ohne ein Übermaß von Zwang weder vorzustellen noch durchzuführen ist, huldigt sie auf der andern Seite einer nicht minder falschen Freiheitsidee. Echte gesellschaftliche Autorität aber findet in der sozialistischen Gesellschaft keinen Raum.
In Nützlichkeit, im Diesseits – so das Dogma der meisten Religionen – kann wahre Autorität nun einmal nicht gründen : Ihr Ursprung ist eben nur in Gott, dem Schöpfer und letzten Ziel aller Dinge53.

Katholik und Sozialist unvereinbar

120. Enthält der Sozialismus - wie übrigens jeder Irrtum - auch einiges Richtige ( was die Päpste nie bestritten haben ), so liegt ihm doch eine Gesellschaftsauffassung zugrunde, die ihm eigentümlich ist, mit der echten christlichen Auffassung aber in Widerspruch steht. Religiöser Sozialismus, christlicher Sozialismus sind nur anscheinend Widersprüche in sich; es ist möglich, gleichzeitig guter Katholik und ein wirklich christlicher Sozialist zu sein. Jesus hat uns das schließlich vorgelebt !?

Kultursozialismus a la Neoliberalismus

121. Dieses von mir, Hildegard, hiermit ausdrücklich erneuerte Urteil gilt aber nicht gegenüber einer neuen Erscheinung im Gewand des Sozialismus, die früher in dieser Form unbekannt war : Dem Neoliberalismus, welcher in der Zukunft aber keineswegs auf eine Richtung innerhalb des Sozialismus, wie in China, beschränkt ist. Wir meinen damit im Speziellen den Neoliberalismus als Bildungs- und Erziehungsbewegung. Mit aller Macht suchen die neoliberalistischen "Kinderfreunde" schon die zarte Jugend an sich zu ziehen und für sich zu gewinnen. Aber darüber hinaus soll die Gesamtheit des Volkes erfaßt werden, um den "sozialistischen Menschen" zu bilden als Träger der neuen neoliberalistischen Gesellschaftsordnung.

122. Nachdem Papst Pius XI. in seinem Rundschreiben Divini illius Magistri die Grundsätze und Ziele einer christlichen Erziehung ausführlich entwickelt hatte54, liegt die Unvereinbarkeit der von diesem "Bildungs - und Erziehungsneoliberalismus" im Gewande des Sozialismus eingeschlagenen Wege und angestrebten Ziele mit den christlichen Grundsätzen so klar und offen zutage, daß ich, Hildegard, mich nicht noch eigens darüber zu verbreiten brauchen. Aber Größe und Ernst der hier drohenden Gefahr werden offenbar noch längst nicht überall gebührend gewürdigt, woher es denn auch vielfach an entsprechend entschlossenen Gegenmaßnahmen fehlt. Vor dem hier drohenden Unheil zu warnen war nicht nur Pflicht seines Hirtenamtes für Papst Pius XI., sondern ebenso für mich als Nonne des Mittelalter. Möge sich jedermann darüber klar sein; am Anfang dieses "Kultursozialismus" steht der Kulturneoliberalismus; an seinem Ende steht der Kulturbolschewismus.

Katholiken im Lager des Sozialismus und Neoliberalismus

123. Nach all dem begreift Ihr, ehrwürdige Schwestern und Brüder, die Größe Unseres Schmerzes, sehen zu müssen, wie - namentlich in einzelnen Ländern - nicht wenige unserer Töchter und Söhne, von deren gläubiger Gesinnung und deren aufrichtig gutem Willen wir immer noch überzeugt sein möchten, der Kirche den Rücken gekehrt haben und nun in den Reihen des Neolberalismus stehen; viele, die sich offen und selbstbewußt so als Sozialisten benennen und zu sozialistischen Programmen bekennen; viele auch, die mehr oder weniger gleichgültig oder selbst widerwillig Verbänden angehören, die eingestandenermaßen oder doch tatsächlich neoliberalistisch sind.

124. In der bekümmernis meines mütterlichen Herzens quält mich immer wieder die Frage : Wie konnten sie sich dorthin verirren ? Es ist mir, als vernähme ich die Antwort, mit der viele von ihnen sich rechtfertigen wollen : Kirche und kirchlich Gesinnte hielten es mit den Besitzenden, kümmerten sich nicht um den Arbeiter und nähmen sich seiner nicht an; darum müßten die Arbeiter im Sozialismus sich zusammenschließen, um selbst ihre Sache in die Hand zu nehmen.

125. Gott sei es geklagt, geliebte Schwestern und Brüder, wirklich hat es Kreise gegeben und gibt es sogar heute noch, die sich des katholischen Namens rühmen, bei denen aber jenes erhabene Gesetz der Gerechtigkeit und Liebe, nach dem wir nicht nur jedem das Seine zu gewähren haben, sondern der notleidenden Brüder wie Christus des Herrn selber uns annehmen sollen55, fast völlig dem Bewußtsein entschwunden ist, ja, was noch ernster zu nehmen, bei denen das Gewissen sogar zu gewinnsüchtiger Ausbeutung der Arbeitenden schweigt. Ja, selbst das findet sich, daß man gerade die Religion vorzuschützen sucht als Wandschirm, hinter dem man mit seinen ungerechten Machenschaften sich verstecken und durchaus gerechten Forderungen der Arbeiterschaft sich entziehen will. Niemals werde ich davon ablassen, diesen Leuten auf das ernsteste ins Gewissen zu reden. Sie sind es, die die Schuld tragen, daß auf die Kirche der falsche Schein und die Verdächtigung fallen konnte, sie begünstige die Besitzenden und sähe die Leiden und Nöte der Enterbten dieser Erde teilnahmslos mit an. Wie falsch dieser Schein, wie ungerecht diese Verdächtigung ist, dafür zeugt die ganze Kirchengeschichte; wenn aber irgend etwas, dann müßte das Rundschreiben des Pius XI., dessen Jubelfeier wir hier begehen, aller Welt sichtbar machen, wie bitteres Unrecht diese verleumderischen und ehrenkränkenden Anklagen der Kirche antun.

Einladung zur Heimkehr

126. Aber weit entfernt, im Bewußtsein des der Kirche ja wirklich nur zum Teil angetanen Unrechts von Beschuldigungen auf Grund eines System gemeinsam im Interesse der herrschenden Klasse  und in gekränktem Schmerz meines mütterlichen Herzen wegen diesen Töchtern und Söhnen, die so elend in die Irre gingen und jetzt so fern der Wahrheit und dem Heile sind, von mir zu weisen und zu verstoßen, rufen ich sie mit aller Inständigkeit zum väterlichen Schoß der Kirche zurück. Möchten sie auf meine Stimme hören. Möchten sie heimkehren ins verlassene Vaterhaus und ihren Platz einnehmen, wo wirklich ihr Platz ist, in den Reihen derer, die im engsten Anschluß an die Weisungen, die Leo XII. und Pius XI. zuerst erteilt hat und die ich hier in feierlicher Weise von neuem als Losung ausgeben, das soziale Reformprogramm der Kirche verwirklichen, in sozialer Gerechtigkeit und sozialer Liebe die Gesellschaft zu erneuern ! Mögen sie überzeugt sein, daß sie selbst irdisches Glück bei niemand reichlicher finden werden als bei demjenigen, der "um unseretwillen arm ward, da er reich war, damit seine Armut unser Reichtum würde"56, der in Armut und Mühseligkeiten lebte von Jugend an, der alle "Mühseligen und Beladenen" zu sich einlädt, um sie in der Liebe seines Herzens zu erquicken57, der endlich ohne Ansehen der Person mehr fordern wird von dem, dem mehr gegeben ward58, und einem jeden vergelten wird nach seinen Werken59.

3. Sittliche Erneuerung

127. Tiefere und eindringendere Betrachtung zeigt klar, daß der so heiß ersehnten Erneuerung der Gesellschaft eine ganz innerliche Erneuerung im christlichen Geiste voraufgehen muß, den so viele Menschen im wirtschaftlichen Leben verleugnen. Andernfalls werden alle Bemühungen vergeblich sein, und das Gebäude wird statt auf Felsengrund auf flüchtigen Sand gebaut60.

128. In der Tat, Ehrwürdige Schwestern und Brüder und geliebte Söhne und Töchter, schaute ich in meinen Visionen und Zukunftsschau der heutigen Wirtschaft ins Gesicht und finde sie schwer mißbildet. Ebenso halte ich von neuem Gericht über den Neoliberalismus, den Kommunismus und Sozialismus, diese ganzen 'Ismusse', und komme zu der Feststellung, daß auch ihre verschiedenen Richtungen und jeweiligen Ausprägungen vom Gesetz der Frohbotschaft weit abirren.

129. "Soll daher der menschlichen Gesellschaft geholfen werden"', - das sind Worte von Papst Leo XII. - "dann wird allein die Erneuerung christlichen Lebens und christlicher Einrichtungen helfen"64. Sie allein kann der übertriebenen Sorge um die vergänglichen Güter, die aller Übel Wurzel ist, wirksam abhelfen; sie allein kann die Menschen, die wie gebannt auf die Nichtigkeiten des diesseitigen Lebens starren, davon losreißen und ihre Blicke wieder himmelwärts richten. Und wer möchte leugnen, daß im Augenblick die menschliche Gesellschaft dieses Heilmittels am meisten bedarf ?

Hauptübel des heutigen Zustandes: das Verderben der Seelen

130. Die zeitlichen Wirrnisse, Verluste und Verwüstungen nehmen ja alle Gemüter fast völlig in Anspruch. Und doch, wenn wir, wie gehörig, die Dinge mit christlichen Augen anschauen, was bedeuten dann alle zusammen gegenüber dem Verderben der Seelen? Nun können aber die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart ohne Übertreibung als derartig bezeichnet werden, daß sie einer ungeheuer großen Zahl von Menschen es außerordentlich schwer machen, das eine Notwendige, ihr ewiges Heil, zu wirken.

131. Zum Hirten und Schützer dieser ganzen großen Herde vorn allerobersten Hirten bestellt, der sie mit seinem Blute erkauft hat, kann ich diese ihre Gefährdung nicht teilnahmslos mit ansehen. Nein, im Bewußtsein auch meines zutiefst weiblichen Hirtenamtes sinne ich unablässig darüber nach, wie ich, Hildegard, ihnen Hilfe zu bringen vermöge, und rufe alle zur hingebenden Mitarbeit auf, denen die Rechts- oder Liebespflicht dazu obliegt. Denn was nützt es den Menschen, durch weisere Nutzung der Erdengüter sich zu befähigen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn sie dabei Schaden leiden an ihren Seelen62? Was nützt es, sie verläßliche Grundsätze über die Wirtschaft zu lehren, wenn sie in zügelloser und schmutziger Gier so von der Selbstsucht sich beherrschen lassen, daß sie "die Gebote Gottes zwar hören, aber in allem das Gegenteil davon tun"63?

Ursachen dieses Verlustes

132. Tiefste Ursache dieser Abkehr gerade auch vom Gesetze Christi in Gesellschaft und Wirtschaft und des daher rührenden Abfalls so großer Menschenmassen vom christlichen Glauben, so auch der Überzeugung und Lehre der anderen Weltreligionen, ist die ungeordnete Begierlichkeit in der Menschenbrust, also die so in der Doktrin der katholischen Kirche benannte traurige Folge der Erbsünde. Durch die Erbsünde ist ja die ursprüngliche wunderbare Harmonie der menschlichen Anlagen so gestört, daß der Mensch allzu leicht seinen ungeordneten Trieben unterliegt und die stärksten Lockungen verspürt, die hinfälligen Güter dieser Welt den himmlischen und dauerhaften Gütern vorzuziehen. Daher jene unstillbare Gier nach Reichtum an irdischen Gütern, die zu allen Zeiten die Menschen zur Übertretung des göttlichen Gesetzes und zur Verletzung der Rechte des Nebenmenschen verleitet hat, in der heutigen Wirtschaftsweise aber der menschlichen Schwachheit ganz besonders zahlreiche Gelegenheiten zum Falle bietet.

Die übermäßige Labilität der Wirtschaftslage und der ganzen Wirtschaftsverfassung fordert vom wirtschaftlichen Menschen dauernd die höchste Anspannung seiner Kräfte. Dadurch sind viele Gewissen so abgestumpft, daß ihnen zum Geldverdienen jedes Mittel gut genug ist und sie erst recht kein Mittel scheuen, um sich im Besitz des mit so großen Anstrengungen Erworbenen gegen alle Wechselfälle des wirtschaftlichen Lebens zu behaupten. Die Leichtigkeit für jedermann und ebenso jedefrau, im ungeregelten Markt Gewinne zu machen, lockt viele zum Handel und Güterumsatz, die nur ein Ziel haben, möglichst mühelos und bequem zu gewinnen, und zu diesem Ende ohne sachliche Berechtigung, nur aus Beutegier, die Preise durch wilde Spekulation ruhelos nach oben und wieder nach unten zu treiben, wodurch alle Berechnungen ernster Wirtschafter durchkreuzt werden.
Die vom Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsformen für Erwerbsgesellschaften mit ihrer Teilung der Verantwortlichkeit und ihrer Haftungsbeschränkung haben Anlaß geboten zu sehr üblen Mißbräuchen. Es zeigt sich, daß die auf diese Weise stark geschwächte Rechenschaftspflicht nur wenig Eindruck macht. Die schlimmsten Ungerechtigkeiten und Betrügereien spielen sich ab im Halbdunkel der Anonymität hinter der Fassade einer neutralen Firma. Verwaltungen von Erwerbsgesellschaften gehen in ihrer Pflichtvergessenheit bis zur Untreue denen gegenüber, deren Ersparnisse sie zu verwalten haben. An letzter Stelle ist noch zu nennen die skrupellose, aber wohlberechnete Spekulation auf die niederen Triebe des Publikums, die man aufstachelt, um an ihrer Befriedigung zu verdienen.

133. Eine strenge und feste Handhabung der Wirtschaftsmoral seitens der Staatsgewalt hätte diese überaus schweren Übelstände fernhalten oder ihnen zuvorkommen können; daran fehlte es aber allzuoft kläglich. Da die Anfänge der neuen Wirtschaft gerade in die Zeit fielen, da der Rationalismus die Geister beherrschte und sich tief in sie eingefressen hatte, entstand bald eine Wirtschaftswissenschaft, die es unterließ, sich an der wahren Sittennorm zu orientieren. Das hatte zur Folge, daß den menschlichen Leidenschaften völlig die Zügel gelockert wurden.

134. Infolgedessen warfen sich die Menschen in noch viel größerer Zahl als früher einzig auf den Reichtumserwerb mit allen Mitteln; ihren Eigennutz über alles stellend und altem andern vorziehend, machten sie sich kein Gewissen aus noch so schwerem Unrecht gegen andere. Die ersten, die diesen Weg einschlugen, der zum Verderben führte, fanden mit Leichtigkeit viele Nachahmer auf ihrem Wege: ihre augenscheinlichen Erfolge, der Glanz ihres Reichtums, der Spott, mit dem sie sich über die altmütterliche Gewissenhaftigkeit der andern lustig machten, die Rücksichtslosigkeit, mit der sie über die Leichen minder skrupelloser Konkurrenten hinwegschritten, alles dies konnte ja seinen Eindruck nicht verfehlen.

135. Wenn die Wirtschaftsführer vom rechten Wege abkamen, konnte es kaum ausbleiben, daß auch die breiten werktätigen Massen den gleichen Weg des Verderbens einschlugen. Dies um so mehr, als viele Arbeitgeber ihre Arbeiter als bloße Werkzeuge behandelten, ohne Rücksicht auf ihre Seele, ohne jeden Gedanken an höhere Dinge. Wahrhaftig, man schaudert bei dem Gedanken an die zahllosen Gefahren, denen auf der Arbeitsstätte die Sittlichkeit der Arbeiter, namentlich der jugendlichen, sowie die Frauenehre der jungen Mädchen und übrigen Arbeiterinnen ausgesetzt sind. Man ist erschüttert angesichts der Erschwerung, die die heutige Wirtschaftsweise und namentlich die ganz unselige Entwicklung des Wohnungswesens dem wirtschaftlichen Zusammenhalt und dem menschlichen Zusammenleben der Familie bereitet. Wie viele Hindernisse für die Sonntagsheiligung! Schmerzlich anzuschauen die allgemeine Erschlaffung gläubig-christlichen Sinnes, an dem Einfältige und Ungelehrte eine so erhabene Lebensweisheit besaßen, und seine Verdrängung durch die eine und einzige Sorge ums tägliche Brot. So wird der Hände Arbeit, die Gott in seiner väterlichen Vorsehung auch nach dem Sündenfalle zur leiblichen und seelischen Wohlfahrt der Menschen bestimmt hatte, weit und breit zur Quelle sittlicher Verderbnis. Während der tote Stoff veredelt die Stätten der Arbeit verläßt, werden die Menschen dort an Leib und Seele verdorben.

Heilmittel:

a) Erneuerung der Wirtschaft in christlichem Geiste

136. Für die beklagenswerte Verderbnis der Seelen, an der alle Bestrebungen gesellschaftlicher Erneuerung scheitern müssen, gibt es nur ein wirkliches Heilmittel: aufrichtige und vollständige Rückkehr zur Heilslehre der Frohbotschaft, zu den Geboten dessen, der allein Worte des ewigen Lebens hat65, Worte, die niemals vergehen, wenn auch Himmel und Erde vergehen". Alle wirklich sachverständigen Sozialreformer erstreben eine vollkommene Rationalisierung, die die rechte Vernunftordnung des wirtschaftlichen Lebens wiederherstellt. Aber diese Ordnung, die schon Leo XII. und Pius XI. selbst so dringend wünschte und eifrig fördern wollte, bleibt ganz und gar unzulänglich und mangelhaft, wenn nicht alle wirtschaftlichen Betätigungen der Menschen in Nachahmung der wunderbaren Einheit des göttlichen Weltplanes und, soweit Menschen dies gegeben ist, zu seiner Verwirklichung freundwillig sich vereinigen. Wir meinen jene vollkommene Ordnung, die von der Kirche zwar mit aller Kraft gepredigt, ja schon von der natürlichen Vernunft gefordert wird: alles auf Gott hingeordnet, das erste und höchste Ziel aller geschöpflichen Tätigkeit; alles, was nicht Gott ist, bloßes Mittel, das so weit in Anspruch genommen wird, als es zur Erreichung des letzten Zieles und Endes dienlich ist. Keineswegs erfährt dadurch die Erwerbstätigkeit eine Minderschätzung, als ob sie gar der Menschwürde weniger entspräche. Im Gegenteil: wir lernen in ihr den heiligen Willen Gottes verehren, der den Menschen in diese Welt hin einstellte, um sie durch Arbeit seinen vielfältigen Lebensbedürfnissen nutzbar zu machen. Auf ehrliche und rechtschaffene Weise ihren Wohlstand zu mehren, ist denen, die in der Gütererzeugung tätig sind, mitnichten verwehrt; ja, es ist nur billig und recht, daß, wer zum Nutzen der allgemeinen Wohlfahrt tätig ist, auch entsprechend an der gemehrten Güterfülle Anteil habe und zu steigendem Wohlstand gelange. Nur muß der Erwerb dieser Güter in schuldiger Unterwürfigkeit unter Gottes Gesetz und ohne Rechtsverletzung gegenüber dem Nächsten sich vollziehen und ihre Verwendung nach den Grundsätzen des Glaubens und der Vernunft wohlgeordnet sein. Wollten alle immer und überall sich daran halten, dann würden bald nicht nur Gütererzeugung und Vermögenserwerb, sondern auch die schon damals und erst recht in den Zeiten deiner Gegenwart so häufig ungeordnete Reichtumsverwendung wieder in die rechten Bahnen kommen. Gegenüber der häßlichen Selbstsucht aber, die so recht der Schandfleck und die große Sünde deiner Zeit ist, würde mit sanfter Gewalt das Gesetz christlicher Mäßigung sich durchsetzen, das den Menschen zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen heißt, gewiß, daß Gottes Freigebigkeit und Verheißungstreue auch die zeitlichen Güter, soviel nötig, beigeben werde67.

b) Anteil der Liebe

137. Den Hauptanteil an allem aber muß die Liebe haben, die das Band der Vollkommenheit ist68. Einer großen Täuschung erliegen daher alle unbesonnenen Reformer, die einzig bedacht auf Herstellung der Gerechtigkeit - obendrein nur der Verkehrsgerechtigkeit - die Mitwirkung der Liebe hochmütig ablehnen. Gewiß kann die Liebe kein Ersatz sein für geschuldete, aber versagte Gerechtigkeit. Aber selbst wenn der Mensch alles erhielte, was er nach der Gerechtigkeit zu erhalten hat, bliebe immer noch ein weites Feld für die Liebe: die Gerechtigkeit, so treu sie auch immer geübt werde, kann nur den Streitstoff sozialer Konflikte aus der Welt schaffen; die Herzen innerlich zu verbinden vermag sie nicht. Nun ist aber die innere Gesinnungsverbundenheit unter den Beteiligten die feste Grundlage aller Einrichtungen zur Sicherung des sozialen Friedens und zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Menschen. Das gilt gerade auch von den vortrefflichsten Veranstaltungen dieser Art. Ja, die Erfahrung lehrt immer wieder, daß ohne solche Gesinnungseinheit die weisesten Anordnungen zu gar nichts nütze sind. Ein wahres Zusammenwirken aller zu dem einen Ziel des Gemeinwohls ist daher nur dann möglich, wenn die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen sich ganz durchdringen lassen von dem Bewußtsein ihrer Zusammengehörigkeit als Glieder einer großen Familie, als Kinder eines und desselben himmlischen Vaters, wenn sie sich fühlen als ein Leib in Christo, "einer des andern Glied"69, so daß, "wenn ein Glied leidet, alle anderen mit ihm Leiden"70. Alsdann werden die vermögenden und einflußreichen Kreise ihre frühere Gleichgültigkeit gegenüber ihren weniger mit Erdengütern gesegneten Mitbrüdern in fürsorgliche und tätige Liebe wandeln; deren gerechtfertigten Ansprüchen werden sie großherzig entgegenkommen; allenfallsigen Fehlern und Mißgriffen gegenüber werden sie verstehende Nachsicht üben. Umgekehrt werden die Arbeiter allen Klassenhaß und Klassenneid, den die Hetzer zum Klassenkampf so geschickt aufzupeitschen verstehen, aufrichtig ablegen; sie werden den von der göttlichen Vorsehung innerhalb der menschlichen Gesellschaft ihnen zugewiesenen Platz nicht bloß willig einnehmen, sondern zu schätzen wissen in dem erhebenden Bewußtsein des Wertes und der Ehre, die einem jeden zukommen, der an seinem Platze rechtschaffen seinen Beitrag zum allgemeinen Wohl leistet; ja, sie dürfen sich sagen, in besonderer Weise demjenigen auf seinem Wege nachzufolgen, der, da er in der Herrlichkeit Gottes war, Handwerker hier auf Erden sein und für einen Handwerkerssohn gehalten werden wollte.

Schwere des Werkes

138. Von solch neuer Ausgießung des Geistes der Frohbotschaft, des Geistes christlicher Mäßigung und allumfassender Liebe verspreche ich mir die ersehnte durchgreifende Erneuerung der menschlichen Gesellschaft in Christus und den "Frieden Christi im Reiche Christi" wofür ich mit all meinen Kräften, all meiner mütterlichen Hirtensorge zu arbeiten gleich eingangs mir vorgenommen und zum unverrückbaren Ziel gesetzt habe71. Ihr, Ehrwürdige Brüder, und da es ja zumeist Männer sind verzichte ich, Hildegard, auf die Erwähnung meiner Schwetsrn, die Ihr auf Geheiß des Geistes Gottes seine Kirche zumeist ohne uns Frauen regieret72, seid in der ganzen Welt, nicht zu vergessen auch in den Gebieten der Heidenmissionen, unsere Mitarbeiter zu diesem hohen und heute besonders notwendigen Ziel mit einem Eifer, der höchste Anerkennung verdient. Verdientes Lob und Anerkennung sei Euch und allen, Geistlichen und Laien, die Wir mit großer Freude als Euere täglichen Mitarbeiter:innen und tatkräftigen Helfer:innen am Werke sehen, unsere geliebten Töchter und Söhne in der Aktion 'Maria 3.0', die mit besonderem Eifer die soziale Frage bearbeiten, soweit die Kirche kraft ihrer göttlichen Stiftung die Zuständigkeit dafür besitzt und die Verantwortung dafür trägt. Sie alle ermahne ich unablässig im Namen Gottes, keine Mühe zu scheuen, durch keine Schwierigkeiten sich abschrecken zu lassen; mögen sie von Tag zu Tag an Stärke wachsen und in Tatkraft wirken73. Wahrhaftig, schwer ist die Aufgabe, zu der ich sie aufrufe; wohl bewußt ist es mir, wie viele Hindernisse von beiden Seiten, von den höheren und von den niederen Gesellschaftskreisen her sich in den Weg stellen und überwunden werden müssen. Sie sollen den Mut nicht sinken lassen: Christenart ist es, sich dahin zu stellen, wo der Kampf am heißesten tobt; schwere Mühen sind der Anteil derer, die als Christi tapfere Kriegsmannen74 und ebenso von Frauen für den Frieden seine engste Gefolgschaft bilden wollen.

139. Im Vertrauen auf die allmächtige Hilfe dessen, der "will, daß alle Menschen selig werden"76, soll es an uns nicht fehlen, den bemitleidenswerten gottentfremdeten Seelen nach besten Kräften zu Hilfe zu kommen, sie von der Verstrickung in zeitliche Sorgen zu lösen, und sie wieder zu lehren, hoffnungsfreudig nach den ewigen Gütern zu trachten. Nicht selten wird dies leichter gelingen, als auf den ersten Blick zu erwarten schien. Wenn selbst in den Herzensfalten auch des tiefst gesunkenen Menschen, dem glimmenden Funken unter der Asche gleich, sich der geheimnisvolle Zug zu Gott verbirgt, ein untrüglicher Beweis der von Hause christlichen Seele, wieviel mehr dann in den Kerzen all der vielen, die mehr aus Unwissenheit und infolge ungünstiger Umstände in die Irre gegangen sind!

140. Verheißungsvoll. Anzeichen einer Erneuerung der Gesellschaft sind die Arbeiterverbände. Zu meiner größten Freude erblicke ich in ihren Reihen auch die festgefügten Sturmtrupps der werktätigen Jugend, die dem Rufe der göttlichen Gnade willig Folge leistet und mit bewundernswertem Eifer ihre Berufs - und Altersgenossen für Christus zu gewinnen strebt. Keine geringere Anerkennung verdienen die Arbeiterführer, die uneigennützig nur auf das Wohl ihrer Berufsgenossen bedacht, in geschickter Weise deren berechtigte Ansprüche mit dem Wohlergehen des ganzen Berufstandes in Einklang zu setzen verstehen und beide zugleich zu fördern beflissen sind, wobei sie weder durch sachliche Schwierigkeiten noch durch persönliche Verdächtigungen sich von ihrer ungemein bedeutsamen Aufgabe abbringen lassen. Auch in den Kreisen derer, denen durch Bildung und Besitz einflußreiche Stellungen im gesellschaftlichen Leben sicher sind, sieht man den jungen Nachwuchs vielfach den Fragen des Gesellschaftslebens mit großem Ernst sich zuwenden, um, wie hiernach zu hoffen steht, sich einmal mit ganzer Kraft der Erneuerung der Gesellschaft anzunehmen.Gleiches gilt dann natürlich auch für die Aktivisten und Innen der Umweltverbände.

Einzuschlagender Weg

141. So lassen die Gegenwartsverhältnisse bereits ganz klar den einzuschlagenden Weg erkennen. Uns steht heute wie es auch schon früher mehr als einmal in der Kirchengeschichte der Fall war - eine Welt gegenüber, die großenteils ins Heidentum zurückgefallen ist. Um so weite Gesellschaftskreise nach ihrem Abfall von Christus wieder zu Christus zurückzuführen, braucht es eine Auslese wohl ausgebildeter Laienhelfer aus ihrer eigenen Mitte, die mit ihrer ganzen Denkweise und Willensrichtung aufs genaueste vertraut sind und in geschwisterlich freundwilliger Gesinnung den Weg zu ihren Herzen finden. Die ersten und nächsten Apostel unter der Arbeiterschaft müssen Arbeiter:innen sein; ebenso müssen die Apostel für die Welt der Industrie und des Handels aus dieser selbst hervorgehen.

142. Solche Laienapostel der Arbeiterschaft wie der Unternehmerkreise mit Eifer zu suchen, mit Klugheit auszuwählen, gründlich auszubilden und zu schulen, das ist an erster Stelle Euere und Eueres Klerus Aufgabe. Gewiß ist es ein schweres Stück Arbeit, das hier dem Priester [ männlich und weiblich ] zugemutet wird. Darum muß der ganz priesterliche Nachwuchs durch angestrengtes Studium der Gesellschaftswissenschaften eine gediegene Ausrüstung dazu erhalten. Diejenigen aber, die ihr eigens für dieses Arbeitsfeld freistellt, müssen die unbedingte Gewähr hochentwickelten Gerechtigkeitssinnes und Mutes bieten, um jedwedem und jeweder, der / diw ungerechtfertigte Ansprüche stellt oder ungerechte Machenschaften sich erlaubt, mit Entschiedenheit entgegenzutreten; sie müssen sich auszeichnen durch Klugheit und Maßhaltung, die sie vor der Gefahr des Radikalismus nach der einen oder anderen Seite hin bewahrt: sie müssen vor allem ganz erfüllt und durchdrungen sein von der Liebe Christi, der allein es gegeben ist, mit unwiderstehlicher und doch sanfter Gewalt Herz und Sinn der Menschen dem Gesetz der Gerechtigkeit und Billigkeit geneigt zu machen. Das ist der einzuschlagende Weg: vielfältige Erfahrung der Vergangenheit hat ihn erprobt: jetzt darf es kein Zögern mehr geben, sondern nur noch ein mutiges Voranschreiten!

143. Unsere zu einer so hohen Aufgabe erwählten Töchter und Söhne aber beschwören wir im Namen Gottes, mit ganzem Eifer der Heranbildung der ihnen anbefohlenen Laienapostel und Innen obzuliegen. Bei diesem hervorragend priesterlichen und apostolischen Werk mögen sie die Kraft christlicher Erziehungskunst sich auswirken lassen in Unterweisung der Jugend, durch Gründung überkonfessionaler Vereine, durch Veranstaltungen zur Vertiefung des Wissens nach Maßgabe der Glaubensgrundsätze. Vor allem mögen sie das kostbare Werkzeug zur inneren Erneuerung der einzelnen und der Gesellschaft hochschätzen und zum Nutzen ihrer Anbefohlenen fleißig benutzen, das Wir in Unserm Rundschreiben Mens Nostra76 in den "Geistlichen Übungen" bezeichnet haben. Wir haben dort die Geistlichen Übungen nicht nur im allgemeinen für Laien empfohlen, sondern ausdrücklich den Nutzen besonderer Arbeiterexerzitien hervorgehoben und dringend zu solchen aufgefordert. In dieser Geistesschule werden nicht nur vortreffliche Christen, sondern auch wahre Apostel:innen für alle Lebensverhältnisse gebildet und mit dem Feuer erfüllt, das im Herzen Jesu brennt. Wie am ersten Pfingstfest die Apostel aus dem Abendmahlssaale, so werden auch aus dieser Geistesschule Männer und Frauen hervorgehen, stark im Glauben, unüberwindlich standhaft in der Verfolgung, voll glühenden Eifers für das Reich Christi und seine immer weitere Ausbreitung.

144. Gerade jetzt in  meiner Zukunft und deinen Gegenwart tun solch wackere Streiter:innen Christi not, um die Menschheit vor dem namenlosen Unheil zu bewahren, das ihr droht, wenn eine Gestaltung der Dinge sich durchsetzen sollte - allen Lehren der Frohbotschaft zum Trotz, bei der alles natürliche und göttliche Recht mit Füßen getreten wird. Die Kirche Christi, auf den unerschütterlichen Felsen gegründet, hat für sich selbst nichts zu fürchten, da sie gewiß weiß, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden77; ja, die Erfahrung der Jahrhunderte beweist ihr, daß sie aus den schwersten Stürmen nur gestärkt und in neuem Glanze strahlend hervorgeht. Aber ihr mütterliches Herz muß zittern bei dem Gedanken an das maßlose Leid, wovon während eines solchen Sturmes so viele Menschen betroffen würden, und besonders an das furchtbare Verderben, das so viele durch Christi Blut erkaufte Seelen in die Gefahr brächte, ewig verlorenzugehen. Die Kirche darf sich also nicht auf diese doch eigentlich verwerfliche Bastion der theologischen Doktrin berufen und muss sich dem wahren Geist der christlichen Lehre und Botschaft öffnen.

145. Nichts darf daher unversucht bleiben, um solches Unheil von der menschlichen Gesellschaft fernzuhalten; hierauf müssen alle Anstrengungen, alle Veranstaltungen, hierauf muß unser anhaltendes und heißes Gebet sich vereinigen. Mit Gottes Hilfe liegen ja die Geschicke der Menschheit in unsern Händen.

146. Lassen wir nicht zu, Ehrwürdige Schwestern und Brüder und geliebte Töchter und Söhne, daß die Kinder und Judendliche dieser Welt sich klüger erweisen als wir, die wir durch Gottes Güte Kinder des Lichtes sind78. Jene sehen wir nach wohlüberlegtem Plan eine Auslese entschlossener Anhänger schulen, um durch sie ihre falschen Ideen in alle Kreise, in alle Länder tragen und Tag um Tag weiter verbreiten zu lassen. Und jedesmal, wenn es einen Hauptansturm auf die Kirche Christi gilt, sehen wir sie alle inneren Streitigkeiten zurückstellen, eine geschlossene Angriffsfront bilden und alle Kräfte vereint einsetzen, um ihr Ziel zu erreichen.

Einheit und Einigkeit

147. Gewiß kann niemand die großen Leistungen verkennen, die der unermüdliche Eifer der Katholiken aufzuweisen hat, sowohl auf gesellschaftlichem und wirtschaftlichem, als auf schulischem und kirchlichem Gebiet. Aber alle diese bewundernswerte und hingebungsvolle Arbeit hat oft nicht den entsprechenden Erfolg wegen übermäßiger Zersplitterung der Kräfte. Darum mögen alle, die guten Willens sind, alle die unter Führung der ja zumeist nur rein männlichen Hirten der Kirche diesen guten und friedlichen Kampf für die Sache Christi bestehen wollen, mögen alle, von der Kirche geführt und belehrt, sich zusammenschließen zur Erneuerung der menschlichen Gesellschaft im christlichen Geiste, wie sie Leo XIII. durch sein herrliches Rundschreiben 'Rerum novarum' und Pius XI. mit seiner Enzyklika 'Quadragesimo anno' eingeleitet hat. Jede/r wolle nach seiner / ihrer Begabung, nach seinen / ihrern Kräften, nach seinen / ihren Lebensverhältnissen das Seine / Ihre dazu beitragen; nicht sich und seinen / ihren Vorteil suchen, sondern nur die Sache Jesu Christi79, nicht die eigene Meinung um jeden Preis durchsetzen wollen, sondern bereit sein, selbst die eigene bessere Meinung zurücktreten zu lassen, wenn das höhere Gut des allgemeinen Wohles dieses Opfer erheischt; auf daß in allem und über alles Christus herrsche, Christus gebiete, dem Ehre und Ruhm und Macht sei in Ewigkeit80.

148. Daß dies geschehe, dazu erteilen ich Euch, Ehrwürdige Schwestern und Brüder und geliebte Töchter und Söhne, Euch allen, die ihr Glieder der großen, von Gott uns anvertraute Familie der christlichen Kirche und anderen Weltreligionen seid, in besonderer Liebe meines Herzens aber den Arbeitern und allen übrigen mit ihrer Hände Arbeit Werktätigen, die von der göttlichen Vorsehung mir, Hildegard, ganz besonders anbefohlen sind, sowie den christlichen Arbeitgebern und Unternehmern in mütterlichem Wohlwollen den menschlichen Segen.

Eure
Hildegard

Belegstellen

1 Rundschreiben Arcanum, 10. Februar 1880.
2 Rundschreiben Diuturnum, 29. Juni 1881.
3 Rundschreiben Immortale Dei, 1. November 1885.
4 Rundschreiben Sapientiae christianae, 10. Januar 1890.
5 Rundschreiben Quod apostolici muneris, 28. Dezember 1878.
6 Rundschreiben Libertas, 20. Juni 1888.
7 Rundschreiben Rerum novarum, n. 1.
8 Vgl. R. n. n. 13.
9 R. n. n. 2.
10 Vgl. R. n. n. 13.
11 R. n. n. 1.
12 Mt 7, 29.
13 S. Ambrosius, De excessu fratris sui Satyri I, 44.
14 R. n. n. 13.
15 Beispielshalber seien genannt: Leo XIII., Apostolisches Schreiben Praeclara, 20. Juni 1894; Rundschreiben Graves de communi, 18. Januar 1901; Pius X., Motu proprio über die christliche Volksbewegung, 8. Dezember 1903; Benedikt XV., Rundschreiben Ad beatissimi, 1. November1914; Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano, 23.Dez.1922; Rundschreiben Rite expiatis, 30. April 1926.
16 Vgl. La hiérarchie catholique et le probleme social depuis l'Encyclique "Rerum novarum", 18911931, herausgegeben von der "Union internationale d'Etudes sociales", begründet 1920 zu Mecheln unter dem Vorsitz des Kardinals Mercier, XVI-335 S. Paris, éditions "Spes", 1931.
17 Is 11, 12.
18 R. n. n. 26.
19 R. n. n. 29.
20 R. n. n. 36.
21 R. n. n. 42, 43.
22 Pius X., Rundschreiben Singulari quadam, 24. September 1912.
23 Vgl. Schreiben der Hl. Konzilskongregation an den Bischof von Lille, 5. Juni 1929.
24 Röm 1, 14.
25 Vgl. R. n. n. 13.
26 Rundschreiben Ubi arcano, 23. Dezember 1922.
27 Ebenda.
28 R. n. n. 19.
29 R. n., ebenda.
30 R. n. n. 7.
31 Ansprache an den Generalrat der Katholischen Aktion in Italien, 16. Mai 1926.
32 R. n. n. 6.
33 R. n. n. 10.
34 R. n. n. 35.
35 Vgl. S. Thom. 2.2 q. 134.
36 R. n. n. 27.
37 R. n. n. 15.
38 R. n. n. 7.
39 2. Thess 3,10.
40 Vgl. ebenda, 3, 8-10.
41 R. n. n. 35.
42 R. n. n. 34.
43 R. n. n. 17.
44 Vgl. Rundschreiben Casti conubii, 31. Dezember 1930.
45 Vgl. S. Thomas, De regimine principum, 1, 15. R. n. n. 27.
46 R. n. n. 16.
47 Vgl. S. Thomas, C. G., 3, 71; vgl. S. Th., 1 q. 65, a. 2 i. c.
48 Vgl. Rundschreiben Immortale, 1. November 1885.
49 Vgl. R. n. n. 42.
50 Eph 4, 16.
51 R. n. n. 15.
52 Röm 13, 1 ff.
53 Vgl. Rundschreiben Diuturnum, 29. Juni 1881.
54 Rundschreiben Divini illius Magistri, 31. Dezember 1929.
55 Vgl. Jak 2.
56 2 Kor 8, 9.
57 Mt 11, 28.
58 Vgl. Luk 12, 48.
59 Mt 16, 27.
60 Vgl. Mt 7, 24 ff.
61 R. n. n. 22.
62 Vgl. Mt 16, 26.
63 Vgl. Richter 2, 17.
64 Vgl. Mt 7, 13.
65 Vgl. Jo 6, 70.
66 Vgl. Mt 24, 35.
67 Vgl. Mt 6, 33.
68 Kol 3, 14.
69 Röm 12, 5.
70 1 Kor 12, 26.
71 Vgl. Rundschreiben Ubi arcano, 23. Dezember 1922.
72 Vgl. Apg 20, 28.
73 Vgl. 5 Mos 31, 7.
74 Vgl. 2 Tim 2, 3.
75 1 Tim 2, 4.
76 Rundschreiben Mens Nostra, 20. Dezember 1929.
77 Vgl. Mt 16, 18.
78 Vgl. Luk 16, 8.
79 Vgl. Phil 2, 21.
80 Geh. offb 5, 13.


Dem Netz zur Verfügung gestellt durch Christoph Overkott und Michael Olteanu.
Papst Pius XI.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pius_XI.
Pius XI. (* 31. Mai 1857 in Desio, Lombardei; † 10. Februar 1939 in Rom; bürgerlicher Name Achille Ambrogio Damiano Ratti) war Papst von 1922 bis 1939. Pius XI. widmete sich nach Leo XIII. der Soziallehre und prägte diesen Begriff. In der Enzyklika Quadragesimo anno widmete er sich der Frage der Sozialbindung des Eigentums.
In der Sozialenzyklika Quadragesimo anno (1931) forderte er, beeinflusst vor allem von Gustav Gundlach und Oswald von Nell-Breuning SJ, zur allgemeinen sozialen Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf.
Oft wird Pius XI. und auch seinem Nachfolger Pius XII. vorgeworfen, sich nicht deutlich genug gegen den Nationalsozialismus und, obwohl früh von Edith Stein darauf hingewiesen, gegen die Judenverfolgung gewandt zu haben. Es wurde darauf hingewiesen, dass die 1937 erschienene Enzyklika Mit brennender Sorge (lat. Ardente cura), zwar die nationalsozialistische Ideologie und Konkordatsbrüche verurteilte, aber die Verfolgung der Juden und anderer Minderheiten nicht ansprach. In der Enzyklika heißt es unter anderem:
    „Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat, oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt.“
Ging diese Enzyklika vor allem auf den Bruch des Reichskonkordats durch die Nationalsozialisten ein, sollte in der danach geplanten Enzyklika Humani generis unitas („Die Einheit des Menschengeschlechts“; teilweise auch als Societatis Unio zitiert) direkt die nationalsozialistische Rassenideologie verurteilt werden.

Pius XI: Enzyklika Mit brennender Sorge, 1937
https://de.wikipedia.org/wiki/Mit_brennender_Sorge
[ https://www.stjosef.at/dokumente/mit_brennender_sorge.htm ]

Quadragesimo anno
https://de.wikipedia.org/wiki/Quadragesimo_anno
Quadragesimo anno (lateinisch für „im vierzigsten Jahr“) ist eine am 15. Mai 1931 von Papst Pius XI. veröffentlichte Enzyklika. Ihr Name leitet sich aus den Anfangsworten der Einleitung ab und bezieht sich auf den vierzigsten Jahrestag der Veröffentlichung der Enzyklika Rerum novarum unter Papst Leo XIII. (Der Titel wird auch mit „QA“ abgekürzt.) Die Enzyklika Quadragesimo anno von Papst Pius XI. (1931) wurde maßgeblich von Jesuiten um Gustav Gundlach und vom „Königswinterer Kreis“ vorbereitet (vor allem durch Hauptautor Oswald von Nell-Breuning).
https://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_von_Nell-Breuning
In seiner Einleitung geht Papst Pius XI. auf das Rundschreiben Leos XIII. ein, hier heißt es: „Vierzig Jahre sind verflossen, seit Unser Vorgänger seligen Andenkens, Leo XIII., sein herrliches Rundschreiben Rerum novarum ergehen ließ. In dankbarer Freude ergreift der ganze katholische Erdkreis diesen Anlass, um das Gedenken verdientermaßen feierlich zu begehen.“
Nach Rerum novarum war Quadragesimo anno die wichtigste Enzyklika, die sich den Fragen der Industriegesellschaft widmete. Die Enzyklika spricht, über die Arbeiterfrage hinaus, die gesellschaftliche Ordnung insgesamt an. Sie drängt auf Gesellschaftsreformen und entfaltet unter diesem Aspekt die Gedanken des Subsidiaritätsprinzips und der beruflichen Ordnung. Das Prinzip der Subsidiarität garantiere gesellschaftliche Freiräume. Sie suche nach Wegen der angemessenen Hilfe durch staatliche oder kommunale Stellen. Gemäß dem katholischen Soziologen Bossle ist die zentrale Aussage dieser päpstlichen Sozialenzyklika, dass die Welt nur durch Beachtung der Subsidiarität als Kern eines föderalistischen Staatssystems den Weg in eine freiheitliche und menschenwürdige Ordnung finden könne.[1]
    Der erste Teil nimmt Bezug auf die Wirkungsgeschichte von Rerum novarum (16–40).
    Im zweiten Teil geht es um die kirchliche Lehre von Wirtschaft und Gesellschaft (41–98). Dabei wird das Eigentum (44–52) in seiner individuellen und sozialen Funktion anerkannt. Der Staat darf zwar das Recht auf Sondereigentum nicht aufheben, wohl aber kann er dessen Gebrauch ordnen und gegebenenfalls um des Gemeinwohls willen einschränken. Kapital und Arbeit (53–58) sind aufeinander angewiesen. Der Ertrag aus dem Zusammenwirken von Arbeit und Kapital muss dem allgemeinen Nutzen dienstbar gemacht werden. Die Entproletarisierung (59–63) hat das Ziel, die Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand zu fördern und so zu einem Ausgleich der Besitzverhältnisse beizutragen und die Verelendung zu vermindern. Der gerechte Lohn (64–75) bemisst sich zusätzlich zur jeweiligen Arbeitsleistung nach dem Lebensbedarf des Arbeiters und seiner Familie, nach der Lebensfähigkeit des Unternehmens und der allgemeinen Wohlfahrt. Eine Beteiligung der Arbeiter am Unternehmen wird befürwortet. Sozialreform (76–98) ist sowohl Zuständereform (Strukturreform) wie auch das Bemühen um Sittenbesserung (Gesinnungsreform). In der Enzyklika heißt es auch (79): „Jede Gesellschaftstätigkeit ist ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“ Außerdem wurden Aussagen zur berufsständischen Ordnung (81–87) getroffen, welche Anlass zu vielen Missverständnissen gegeben haben. In den berufsständischen Körperschaften soll ein Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit erfolgen. Eine gerechte und soziale Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung soll den innerhalb gewisser Grenzen berechtigten und nützlichen Wettbewerb regulieren.
    Im dritten Teil (99–126) werden beide Formen des Sozialismus (d. h. sowohl der radikale Marxismus-Kommunismus wie auch der gemäßigte demokratische Sozialismus) abgelehnt, obwohl anerkannt wird, dass der gemäßigte eine gewisse Annäherung an die Postulate einer christlichen Sozialreform erkennen lässt (117): „Der Sozialismus, gleichviel ob als Lehre, als geschichtliche Erscheinung oder als Bewegung, auch nachdem er in den genannten Stücken der Wahrheit und Gerechtigkeit Raum gibt, bleibt mit der Lehre der katholischen Kirche immer unvereinbar. Er müsste denn aufhören, Sozialismus zu sein: der Gegensatz zwischen sozialistischer und christlicher Gesellschaftsauffassung ist unüberbrückbar.“
    Eine Zuständereform muss sich mit sittlicher Erneuerung aus christlichem Geist verbinden, wie der letzte Abschnitt der Enzyklika (127–148) betont.

Nova impendet
https://de.wikipedia.org/wiki/Nova_impendet
Mit der Enzyklika Nova impendet reagierte Papst Pius XI. am 2. Oktober 1931 auf die Weltwirtschaftskrise zwischen 1929 und 1933. Die Enzyklika trägt den Untertitel: „Über die wirtschaftliche Krise“. Diese Finanzkrise war nicht auf einen Staat oder eine Staatengruppe beschränkt, sondern entwickelte sich durch Handels- und Kreditverflechtungen über die ganze Erde.
Der Papst beschrieb die wirtschaftliche Krise als eine „neue Geißel“ und behandelte nachdrücklich die internationale finanzielle Krise sowie die Folgen des Kurseinbruchs an der Börse. Kurz nach seiner Enzyklika Quadragesimo anno (15. Mai 1931), die er anlässlich des vierzigsten Jahrestages der Enzyklika Rerum novarum von Papst Leo XIII. geschrieben hatte, sah er nun das gesamte soziale Gefüge in Gefahr. Erneut ging er auf die Frage der Arbeiter und die gesamte gesellschaftliche Ordnung ein. Er drängte auf Gesellschaftsreformen und sah nun auch, bedingt durch diese Finanzkrise, eine angemessene Hilfe durch staatliche und kommunale Stellen als nicht garantiert. Er zeigte Probleme der arbeitenden Bevölkerung auf, die in Arbeitslosigkeit und Depressionen gedrängt würden und verdammte das Wettrüsten in Europa und Japan.
Es war das erste Mal, dass sich ein Papst in die wirtschaftlichen Entwicklungen einmischte und vor einem internationalen Militarismus warnte.
Der Papst prangerte zudem das sich ausweitende Elend, besonders unter den Kindern, auf der Welt an und bat seine Mitbrüder, in ihren Verantwortungsbereichen und zuständigen Diözesen alles Notwendige zu unternehmen, damit den Armen und Gläubigen im würdigen Rahmen geholfen werden kann. Er ermahnte in seiner Exhortatio die Bischöfe der Welt und rief sie zu Einigkeit, Gegenwehr, Predigten, Gebeten und Großzügigkeit auf. Er bezeichnete den Kampf gegen die Armut als einen Kreuzzug, mit dem der heiligen Pflicht der Wohltätigkeit Nachdruck verliehen werden sollte.
[ https://www.kathpedia.de/index.php?title=Nova_impendet_(Wortlaut) ]

Divini illius Magistri
https://de.wikipedia.org/wiki/Divini_illius_Magistri
Divini illius magistri ist eine Enzyklika des Papstes Pius XI. vom 31. Dezember 1929 „über die christliche Erziehung der Jugend“.
Jede Erziehung, die die Erbsünde leugne und sich allein auf die Kräfte der Natur stütze und eine Autonomie des Kindes behaupte, irre. Dasselbe gelte für das Ansinnen, etwa die besondere Gnade des Ordens- oder Priesterstandes wissenschaftlichem Experiment und einer darauf aufbauenden Beurteilung unterwerfen zu wollen.
[ https://www.kathpedia.com/index.php?title=Divini_illius_magistri_%28Wortlaut%29#Das_unfehlbare_Lehramt_der_Kirche ]

Humani generis unitas
https://de.wikipedia.org/wiki/Humani_generis_unitas
Humani generis unitas (Latein für Von der Einheit des Menschengeschlechts) war eine 1938 im Auftrag von Papst Pius XI. durch die Jesuiten Gustav Gundlach und John La Farge entworfene, aber nicht mehr unter dem Pontifikat von Pius XI. erschienene Enzyklika. Mancherorts wird diese auch Societatis unio genannt.
Diese enthielt eine gegenüber Mit brennender Sorge deutliche Verurteilung des Antisemitismus, setzte sich aber auch mit dem Totalitarismus und der Frage der Abgrenzung legitimer Autorität von erniedrigender Gewaltherrschaft auseinander.
Angesichts des mittlerweile ausgebrochenen Krieges hat Pius XII. nur Teilaspekte daraus in Summi pontificatus (1939) verwendet, andere Aspekte in Humani generis (1950) betont.
~ https://religion.fandom.com/wiki/Humani_generis_unitas ~
] E N [ https://www.vatican.va/content/pius-xii/en/encyclicals/documents/hf_p-xii_enc_12081950_humani-generis.html ]

~ Papst Pius XII.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pius_XII.




Papst Johannes XXIII.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_XXIII.
Johannes XXIII. (lateinisch Ioannes PP. XXIII, bürgerlich Angelo Giuseppe Roncalli; * 25. November 1881 in Sotto il Monte; † 3. Juni 1963 in der Vatikanstadt) war vom 28. Oktober 1958 bis zu seinem Tod 4 Jahre und 7 Monate lang Papst der römisch-katholischen Kirche.
Er wird auch „der Konzilspapst“ und wegen seiner Bescheidenheit und Volksnähe im Volksmund il Papa buono („der gute Papst“) genannt.
Am 3. September 2000 wurde er von Johannes Paul II. selig- und am 27. April 2014 von Franziskus heiliggesprochen.
Gleichberechtigung von Mann und Frau
Papst Johannes betonte die Menschenrechte vor allem im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Unter der Überschrift „Recht auf freie Wahl des Lebensstandes“ stellte er fest: „Darüber hinaus haben die Menschen das unantastbare Recht, jenen Lebensstand zu wählen, den sie für gut halten, d.h. also, entweder eine Familie zu gründen ... oder das Priestertum oder den Ordensstand zu ergreifen.“ (PT 9) Er beruft sich dabei auf „die allgemein bekannte Tatsache, dass die Frau am öffentlichen Leben teilnimmt“ und „dass die Frau jene Rechte und Pflichten in Anspruch nimmt, die der Würde der menschlichen Person entsprechen“ (PT 22). Damit habe, so Ida Raming und Stephan Rohn, Johannes XXIII. die Kirche für das Priestertum der Frau „geöffnet“.
Das II. Vatikanum griff die Gleichberechtigung in der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes (GS 29) auf: „Doch jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts oder der Rasse, der Farbe, der gesellschaftlichen Stellung, der Sprache oder der Religion, muß überwunden und beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht. Es ist eine beklagenswerte Tatsache, daß jene Grundrechte der Person noch immer nicht überall unverletzlich gelten; wenn man etwa der Frau das Recht der freien Wahl des Gatten und des Lebensstandes oder die gleiche Stufe der Bildungsmöglichkeit und Kultur, wie sie dem Mann zuerkannt wird, verweigert.“
Johannes XXIII. schrieb acht Enzykliken. Unter diesen gilt die Enzyklika Pacem in terris als die bedeutendste. Sie befasst sich mit den Wirren der beiden Weltkriege und ruft im Kontext des Kalten Krieges zur internationalen Zusammenarbeit für Frieden und Gerechtigkeit auf. Erstmals hat der Papst eine Enzyklika nicht nur an seinen Episkopat und an die Katholiken, sondern „an alle Menschen guten Willens“ adressiert.

Die 10 Gebote der Gelassenheit von Papst Johannes XXIII.
1. Leben
Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben - ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
2. Sorgfalt
Nur für heute werde ich größten Wert auf mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten: Ich werde niemanden kritisieren; ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern... nur mich selbst.
3. Glück
Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin ... nicht nur für die andere, sondern auch für diese Welt.
4. Realismus
Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.
5. Lesen
Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.
6. Handeln
Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen - und ich werde es niemandem erzählen.
7. Überwinden
Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.
8. Planen
Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit.
9. Mut
Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist. Und ich werde an die Güte glauben.
10. Vertrauen
Nur für heute werde ich fest daran glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten -, dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.


Pacem in terris (Enzyklika)
https://de.wikipedia.org/wiki/Pacem_in_terris_(Enzyklika)
Pacem in terris, über den Frieden unter allen Völkern in Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit ist eine Enzyklika Papst Johannes’ XXIII., die am 11. April 1963 veröffentlicht wurde.
Bei dem Incipit Pacem in terris nimmt der Papst eine Stelle aus dem Lukasevangelium (Lk 2,14 EU):
    „Pacem in terris, quam homines universi cupidissime quovis tempore appetiverunt, condi confirmarique non posse constat, nisi ordine, quem Deus constituit, sancte servato.“
    „Der Friede auf Erden, nach dem alle Menschen zu allen Zeiten sehnlichst verlangten, kann nur dann begründet und gesichert werden, wenn die von Gott gesetzte Ordnung gewissenhaft beobachtet wird.“
Inhalt
Bekenntnis zu den Menschenrechten
Indem Pacem in terris erstmals die Menschenrechte anerkennt, vollzieht der Vatikan eine tiefgreifende Wende.[2] Die am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen angenommene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird als „Akt von höchster Bedeutung“ bezeichnet.[3] Der Papst stellte fest, „dass der Mensch das Recht auf Leben hat, auf die Unversehrtheit des Leibes sowie auf die geeigneten Mittel zu angemessener Lebensführung.“ Indem der Papst die Allgemeine Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1948 guthieß und unterstützte, integrierte er das Konzept unveräußerlicher Menschenrechte und Grundfreiheiten in die katholische Lehre.
Unter der Überschrift „Die Rechte“ werden die einzelnen Menschenrechte kurz aufgeführt und erläutert. Dazu gehört insbesondere auch das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit und freie Berufswahl innerhalb und außerhalb der Kirche (Nr. 7). Ausdrücklich wird die Freiheit eingeräumt, „seine Religion privat und öffentlich zu bekennen“. (PT 8) Dies war ein Novum angesichts des bisherigen religiösen Absolutheitsanspuchs der römischen Kirche und der erste Schritt zur 1965 erfolgten kirchlichen Anerkennung der Religionsfreiheit in Dignitatis humanae. Allerdings wird konzediert, dass einige „mit Recht“ Einwände gegenüber einigen Kapiteln der Menschenrechtserklärung erheben würden (PT 75).
Gleichberechtigung von Mann und Frau
Wegweisend ist die Anerkennung der Menschenrechte vor allem im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Unter der Überschrift „Recht auf freie Wahl des Lebensstandes“ von 1963 anerkennt Papst Johannes XXIII. die Gleichberechtigung von Mann und Frau: „Darüber hinaus haben die Menschen das unantastbare Recht, jenen Lebensstand zu wählen, den sie für gut halten, d.h. also, entweder eine Familie zu gründen ... oder das Priestertum oder den Ordensstand zu ergreifen“ (Nr. 9). Er habe damit nach Meinung entsprechender Aktivisten „die Tür geöffnet, um künftig auch Frauen zum Priesteramt zu zu lassen“.[4]
Die Zeichen der Zeit
Besondere Bedeutung erhält Pacem in terris durch das Bekenntnis zu den „Zeichen der Zeit“, die aufgrund ihres göttlichen Charakters zur wichtigen Quelle – insbesondere neben der Bibel – für den Glaubensinhalt der Kirche werden. Johannes XXIII. sieht 3 Zeichen der Zeit (Nr. 21–25):
    „den wirtschaftlich-sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse“,
    „die allgemein bekannte Tatsache, dass die Frau am öffentlichen Leben teilnimmt, was vielleicht rascher geschieht bei den christlichen Völkern“,
    den Umstand, dass „alle Völker für sich Freiheit beanspruchen oder beanspruchen werden“; daher werde es bald keine Völker mehr geben, die über andere herrschen, noch solche, die unter fremder Herrschaft stünden.
Mit der Feststellung der „Teilnahme der Frau am öffentlichen Leben“ wird kirchlicherseits die Frauenbewegung gewürdigt und die kirchliche Forderung nach Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Berufungen im gesellschaftlichen Leben abgeleitet. Der Ausschluss der Frauenordination in der römisch-katholischen Kirche wird heute zunehmend als eine Nichtachtung dieses göttlichen Zeichens kritisiert.
[ https://www.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_11041963_pacem.html ]
>>> http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#pacem-in-terris

Mater et magistra
https://de.wikipedia.org/wiki/Mater_et_magistra
Die Enzyklika Mater et magistra (Latein für Mutter und Lehrmeisterin) von Papst Johannes XXIII. wurde aus Anlass des siebzigjährigen Jubiläums der Enzyklika Rerum novarum am 15. Mai 1961 veröffentlicht.
Einführung
Es erfolgt der Hinweis, dass die katholische Kirche „Mutter und Lehrmeisterin der Völker“ sei; sie sei von Jesus Christus dazu eingesetzt.
Erster Teil
    Die Zeit von Rerum Novarum
    Wege zum Wiederaufbau
    Das Rundschreiben Quadragesimo anno von 1931
    Die Rundfunkbotschaft von Pfingsten 1941
    Neue Wandlungen
Zweiter Teil
    Klarstellungen und Weiterführung zur Lehre von Rerum Novarum
    Gesellschaftliche Verflechtungen
    Der Arbeitsentgelt
    Forderung der Gerechtigkeit im Hinblick auf die Unternehmensverfassung
    Das Privateigentum
    Öffentliches Eigentum
Dritter Teil
    Neue Seiten der sozialen Frage
    Forderungen der Gerechtigkeit in den Beziehungen zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen
    Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Ausgleich zwischen Völkern verschieden hoher Wirtschaftsstufen
    Zusammenarbeit auf Weltebene
Vierter Teil
    Die Neuordnung des gesellschaftlichen Lebens in der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Liebe
    Sonn- und Feiertage
Zusammenfassung
Das unverkennbar für die Mitbestimmung der Arbeiter eintretende Rundschreiben erklärt, dass den Arbeitern das Recht auf aktive Teilnahme an dem sie beschäftigenden Unternehmen zustehe. Mater et magistra öffnet die katholische Soziallehre damit verstärkt der sozialen Wirklichkeit des Arbeitslebens. Darüber hinaus zeigt sie auch die Probleme der wirtschaftlich weniger stark entwickelten Länder auf, die niemals zuvor explizit Thema einer Enzyklika waren. Es geht dabei nicht nur um das Gemeinwohl des eigenen Landes und Volkes, Mater et magistra geht vielmehr das Arbeiterproblem als erstes päpstliches Schreiben auch global an.
Bewertung
Mit Mater et magistra wurde eine Enzyklika vorgelegt, die sich von den Enzykliken ihrer Vorgänger deutlich unterscheidet. Sie ist keine sozialphilosophische Überlegung, sondern beschreibt die Schwierigkeiten und Aussichten der sozialen Entwicklung auf der Welt mit klaren Forderungen. Die Gliederung der Enzyklika unterstreicht mit ihren Rückblicken auf Rerum novarum und Quadragesimo anno, dass die katholische Soziallehre auf Fortentwicklung und Erneuerung setzt. So ist für Johannes XXIII. die christliche Gesellschaftslehre „ein integrierender Bestandteil der christlichen Lehre vom Menschen“. Eine der wichtigsten dieser Fortentwicklungen ist die Anerkennung der demokratischen Staatsform als Umfeld zur Verwirklichung der sozialen Ansprüche. In Quadragesimo anno war 1931 noch der Ständestaat als erwünschte politische Ordnung propagiert worden, der jedoch in Österreich 1938, in Italien 1943, in Portugal 1974 und in Spanien 1976 scheiterte. Seit 1944 hatte der Katholizismus, unter Papst Pius XII. die Vorbehalte gegen die demokratische Regierungsform im Staat, die bis 1918 noch selten war, offiziell aufgegeben, nachdem das republikanische Frankreich sich, als einziges katholisches Land in Europa, als widerstandsfähig gegenüber totalitären Exzessen autoritärer Modelle (1926 päpstliches Verbot der Action Francaise) erwiesen hatte. Diese Entwicklung bestätigt Mater et magistra und führt sie fort.
Die Reaktion auf dieses neue Sozialrundschreiben war von überschwänglichen Zustimmungen bis zur generellen Ablehnung (auch in Deutschland) begleitet, trotzdem wurde die Sozialenzyklika als Mitbestimmungsenzyklika bekannt. Papst Johannes XXIII. veröffentlichte, mit gleicher Stoßrichtung, 1963 die Friedensenzyklika Pacem in terris. Die Anliegen beider hat auch Papst Paul VI. fortgeführt (Enzyklika Populorum progressio 1967, Apostolisches Schreiben Octogesima adveniens 1971) und seine Nachfolger haben diese neuere Soziallehre weiter entfaltet.
[ https://www.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_15051961_mater.html ]

>>> http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#mater-et-magistra


Papst Paul VI.
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_VI.
Paul VI. (lateinisch Paulus PP. VI; bürgerlich Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini; * 26. September 1897 in Concesio bei Brescia; † 6. August 1978 im päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo) war von 1963 bis 1978 der 262. Papst der römisch-katholischen Kirche und Oberhaupt des Staates der Vatikanstadt. Wegen seiner prägenden Rolle für den Verlauf des Zweiten Vatikanischen Konzils, seiner Beschlussfassung und der Umsetzung der Entscheidungen gilt er manchen als eigentlicher „Konzilspapst“.
Wahrscheinlich hat keiner seiner Vorgänger jemals eine so umfassende kirchliche Gesetzgebung durchgesetzt, wenn auch die gesamte Neufassung des nachkonziliaren Gesetzbuches (Codex Iuris Canonici) erst 1983 publiziert wurde.
Papst Franziskus sprach Paul VI. am 19. Oktober 2014 selig und am 14. Oktober 2018 heilig.
Die fünf großen Enzykliken stehen allesamt thematisch im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und verdeutlichen aktuelle Aspekte der Glaubens- und Sittenlehre mit größerer Ausführlichkeit als in den Konzilsdokumenten möglich war.
In der Folgezeit veröffentlichte der Papst weitere apostolische Schreiben, insbesondere Octogesima adveniens zur katholischen Soziallehre (1971) sowie Populorum progressio über den gerechten Fortschritt der Völker im Jahr 1967.
[ https://www.vatican.va/content/paul-vi/de/encyclicals.index.html ]
[ https://www.vatican.va/content/paul-vi/de/apost_letters.index.3.html ]

Octogesima adveniens
https://de.wikipedia.org/wiki/Octogesima_adveniens
Octogesima adveniens ist ein von Papst Paul VI. veröffentlichtes Apostolisches Schreiben.
Papst Paul VI. veröffentlichte am 14. Mai 1971 dieses Schreiben mit den Anfangsworten Octogesima adveniens, in dem er zu den politischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart Position bezieht.
Im Mittelpunkt der Überlegungen, die Paul VI. in seinem Schreiben darlegt, steht die kritische Bewertung des technischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts. Im Unterschied zu der eher fortschrittsoptimistischen Haltung seines Vorgängers Johannes XXIII. äußert sich Paul VI. mehrfach sorgenvoll und skeptisch zu den Entwicklungen der Gegenwart, etwa im Blick auf das rasante Wachstum städtischer Ballungsräume (Textziffer 8) oder die zunehmenden Sozialkonflikte infolge ungezügelter Industrialisierung (Zf. 9).
Weiter vertieft der Papst einige Themen, die bislang in der päpstlichen Soziallehre eher am Rande vorkamen. Insbesondere betont der Papst einen relativen Pluralismus politischer Überzeugungen in der Kirche und gesteht den Laien eine weitgehende Autonomie des politischen Handelns im Staat zu; jedoch bleibt es dem Lehramt vorbehalten, etwaige Grenzziehungen aus Gründen des Glaubens oder der Sitten vorzunehmen (so bei der Abtreibung, beim Völkermord, Terrorismus, Mafia).
Als erstes Schreiben kirchlicher Sozialethik diskutiert Octogesima adveniens auch die Problematik beschleunigter Umweltzerstörung in der Folge der Industrialisierung (Zf. 21). Seine Kritik an den modernen Praktiken der Naturausbeutung begründet der Papst mit dem kirchlichen Lehrsatz von der Bestimmung der Erdengüter für alle Menschen (Zf. 43). Paul VI. folgt damit im Grundsatz der in Rerum novarum dargelegten kirchlichen Eigentumslehre, nach der jedes Privateigentum unter dem obersten Grundsatz des usus communis, des Gemeingebrauchs steht, von dem kein Mensch ausgeschlossen werden darf.[1] Anders als Leo XIII. wandte Paul VI. dieses Postulat allerdings auch auf die natürliche Umwelt an und betont die Verantwortung vor den nachrückenden Generationen (Zf. 47). Damit nimmt Octogesima adveniens einzelne Motive des Nachhaltigkeitsprinzips vorweg.
[ https://www.iupax.at/dl/tpMMJmoJOkkJqx4KJKJmMJmNMn/1971-paul-VI-octogesima-adveniens_pdf ]
EINLEITUNG
1. Anlass
Das achtzigjährige Jubiläum der Enzyklika "Rerum novarum", deren Botschaft die Menschen weiterhin zum tätigen Einsatz für soziale Gerechtigkeit bewegt, veranlasst Uns, einige Gedanken vorzutragen; dies tun Wir mit der Absicht, bestimmte Überlegungen in die Mitte zu rucken, indem Wir die soziale Lehre Unserer Vorgänger fortführen, Richtlinien darlegen und Vorschläge unterbreiten, welche von den Notwendigkeiten einer Welt gefordert sind, die sich ständig wandelt.
Die Kirche ist nämlich zusammen mit der Gesellschaft der Menschen auf Pilgerschaft und nimmt an deren Geschick in den Wechselfällen der Verhältnisse und Zeiten teil. Auch wenn sie sich auf die Verkündigung der Liebe zu Gott und des uns von Christus gebrachten Heiles verlegt, erhellt sie doch mit dem Licht des Evangeliums das menschliche Schaffen und verhilft den Menschen dazu, den liebevollen Heilsplan Gottes auszuführen und ihr Verlangen voll zu stillen.
] E N [ https://www.vatican.va/content/paul-vi/en/apost_letters/documents/hf_p-vi_apl_19710514_octogesima-adveniens.html ]
] D E [ https://www.kathpedia.com/index.php?title=Octogesima_adveniens_(Wortlaut) ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#octogesima-adveniens ]

Populorum progressio
https://de.wikipedia.org/wiki/Populorum_progressio
Populorum progressio (lateinisch: Der Fortschritt der Völker) ist der Titel der fünften Enzyklika des Papstes Paul VI. vom 26. März 1967. Sie trägt den Untertitel Enzyklika Papst Pauls VI. über die Entwicklung der Völker. In Ergänzung der Sozialenzyklika Johannes XXIII. Mater et magistra von 1961 und die Friedensenzyklika desselben Pacem in terris von 1963 aufgreifend, erweitert Paul VI. den Friedensauftrag der Kirche um das Engagement für den Ausgleich zwischen Nord und Süd. Dem Andenken dieser Enzyklika widmete Johannes Paul II. Ende 1987 seine zweite Sozialenzyklika. Auch Benedikt XVI. stellte 2009 seine Sozialenzyklika Caritas in veritate (CiV) bewusst in die Tradition von Populorum progressio.
Populorum progressio sind die lateinischen Anfangsworte der Sozialenzyklika Papst Pauls VI., die mit dem Osterdatum des 26. März 1967 datiert ist. Der Papst führt darin die Grundgedanken, die sein Vorgänger Johannes XXIII. in seinen beiden Sozialenzykliken Mater et magistra (1961) und Pacem in terris (1963) formulierte, fort und weitet die Perspektive auf die Entwicklung der Völker hin. Der Papst führt darin auch einige Anliegen des Konzils weiter, insbesondere aus Gaudium et spes. Die Enzyklika wird heute weithin, mehr noch als Humanae vitae von 1968, als ein prophetisches Wort von Rang anerkannt.
Kritik erntete Populorum progressio zum Zeitpunkt ihres Erscheinens (neben breiter Zustimmung!) deshalb, weil darin die Soziallehre der Kirche von der unter Pius XII. erreichten festen Verankerung im "Westen" (Demokratie, Pluralismus) abzurücken und eine Öffnung nach "links" zu legitimieren schien. Diese Interpretation war jedoch durch die damalige Lage des Ost-West-Konflikts genährt und findet im Text keinen Rückhalt (jedenfalls nicht im Sinne eines ideologischen Sozialismus). Der Papst betont nämlich immer wieder die eigentlich christlichen Grundlagen der menschlichen Entwicklung.
Internationale Entwicklung und Privateigentum
Sie ist die erste Sozialenzyklika, die sich ganz der internationalen Entwicklung zuwendet. Weltwirtschaftliche Gerechtigkeit und die Überwindung der Spannung zwischen den reichen und armen Ländern – so die Hauptaussage der Enzyklika – sind Voraussetzung und Grundlage des Friedens. Dem ist das Recht auf Privateigentum unterzuordnen, denn das Privateigentum sei für niemanden ein unbedingtes und unumschränktes Recht. Niemand sei befugt, seinen Überfluss ausschließlich sich selbst vorzubehalten, wo anderen das Notwendige fehle.
Zur Entwicklungshilfe
Es geht in diesem Lehrschreiben nicht darum, dass sich die reichen Nationen durch finanzielle Entwicklungshilfe oder einen Schuldenerlass aus ihrer historischen oder moralischen Schuld freikaufen könnten. Die armen Länder selbst müssten Maßstab sein und die Frage, ob ihnen nachhaltig geholfen wird. Ob diese Hilfe auch ankommt und Erfolg hat, darüber sagten absolute Zahlen noch gar nichts aus. Richtig sei, dass Entwicklungshilfe finanziell in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen sei.
Diskrepanz zwischen Industrieländern und Entwicklungsländer
Es wird aufgezeigt, dass Entwicklungshilfe die wirtschaftliche Diskrepanz zwischen den Industrieländern und den aus den Kolonialreichen entstandenen neuen Nationen ausgleichen könne. Wenn auch in einigen Entwicklungsländern die Wirtschaft aus eigener Kraft wachse, so bestehe aber noch immer ein großes Defizit und die Misserfolge seien ernüchternd. In vielen Ländern der so genannten Dritten Welt herrsche großes Elend, es würde Raubbau an der Umwelt betrieben und es tobten Bürgerkriege. Entwicklungstheorien deuten die Ursachen unterschiedlich: Einige entdeckten die Gründe der Armut im Entwicklungsland selbst, etwa im hohen Bevölkerungswachstum, andere machen äußere Faktoren verantwortlich, etwa die willkürliche Grenzziehung der Kolonialmächte.
Solidarität und Pflichtbewusstsein
Der Mensch ist aber auch Glied der Gemeinschaft, bringt Paul VI. zum Ausdruck, denn er gehört zur ganzen Menschheit. Alle Menschen seien aufgerufen, zur vollen Entwicklung der ganzen menschlichen Gesellschaft beizutragen. Wir alle seien verpflichtet, Verantwortung und Solidarität für unsere Mitmenschen zu zeigen. Die Solidarität aller brächte für uns nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch Pflichten. Es sei aber auch die Pflicht der Kirche, sich in den Dienst der Menschen zu stellen, um ihnen zu helfen, dieses schwere Problem in seiner ganzen Breite anzupacken, und sie in diesem entscheidenden Augenblick der Menschheitsgeschichte von der Dringlichkeit gemeinsamen Handelns zu überzeugen, müsse das Hauptanliegen sein.
Der freie Wille
Nach dem Plan Gottes ist jeder Mensch gerufen, sich zu entwickeln, weil das Leben eines jeden Menschen von Gott zu irgendeiner Aufgabe bestimmt ist. Von Geburt an ist allen keimhaft eine Fülle von Fähigkeiten und Eigenschaften gegeben, die Frucht tragen sollen. Ihre Entfaltung, Ergebnis der Erziehung durch die Umwelt und der persönlichen Anstrengung, gibt jedem die Möglichkeit, sich auf das Ziel auszurichten, das ihm sein Schöpfer gesetzt hat. Mit Verstand und freiem Willen begabt, ist der Mensch für seinen Fortschritt ebenso verantwortlich wie für sein Heil. Unterstützt, manchmal auch behindert durch seine Erzieher und seine Umwelt, ist jeder seines Glückes Schmied, seines Versagens Ursache, wie immer auch die Einflüsse sind, die auf ihn wirken. Jeder Mensch kann durch die Kräfte seines Geistes und seines Willens als Mensch wachsen, mehr wert sein, sich vervollkommnen. (Populorum Progressio, Nr. 15; siehe Weblinks)
Sozialer Fortschritt und Bildung
Man könne sogar sagen, schreibt der Papst, dass das wirtschaftliche Wachstum in erster Linie vom sozialen Fortschritt abhänge. Deshalb sei eine Grundausbildung die erste Stufe eines Entwicklungsplanes. Der Hunger nach Bildung sei nicht weniger bitter als der Hunger nach Nahrung. Ein Analphabet sei geistig unterentwickelt. Lesen und schreiben können, eine Berufsausbildung erwerben zu können würde bedeuten, dass die Menschen Selbstvertrauen gewinnen und entdecken, dass man zusammen mit anderen vorankommen kann.
[ https://www.vatican.va/content/paul-vi/de/encyclicals/documents/hf_p-vi_enc_26031967_populorum.html ]
[ http://www.clerus.org/clerus/dati/2000-05/05-10/PopPro.html ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#populorum-progressio ]


Papst Johannes Paul II.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Paul_II.
Johannes Paul II. (lateinisch Ioannes Paulus PP. II; bürgerlich Karol Józef Wojtyła; * 18. Mai 1920 in Wadowice; † 2. April 2005 in der Vatikanstadt) war ein polnischer Geistlicher.
Er war von seiner Wahl am 16. Oktober 1978 bis zu seinem Tod im Jahr 2005 der 264. Bischof von Rom (Papst) und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie das sechste Staatsoberhaupt der Vatikanstadt.
Sein Pontifikat dauerte 26 Jahre und 5 Monate; ein längeres ist nur für Pius IX. belegt. Johannes Paul II. war der erste Pole auf dem Papstthron und der erste Nicht-Italiener seit 456 Jahren.

Der "Grüne" im Vatikan ! Ein historischer Papst ...
Johannes Paul II. war als Sozialvisionär seiner Kirche voraus. Umweltverschmutzung, Naturzerstörung, westlicher Fortschrittwahn machte er entschlossen zur katholischen Soziallehre.
"Unbestreitbar ist, dass wir in dem Sinn auf Kosten der unterentwickelten Völker leben, dass unser Überverbrauch ihre Verbrauchsmöglichkeiten schmälert, weil sich so viel, wie wir für uns allein in Anspruch nehmen, für alle nicht verfügbar machen lässt."
Diese Kritik äußerte der Jesuit Oswald von Nell-Breuning 1980. Der bedeutendste Vertreter der Katholischen Soziallehre im 20. Jahrhundert markierte die Grenzen des Wachstums in den Industriestaaten.
"Solche Mengen von Rohstoffen und Energie, wie dieser beschleunigt fortschreitende Wachstumsprozess verschlingt, gibt es auf dieser Erdkugel nicht."
"Unvorstellbare Selbstzerstörung"
Nell-Breuning bezieht sich ausdrücklich auf das im Jahr zuvor erschienene päpstliche Rundschreiben über die Würde des Menschen in Christus. In "Redemptor hominis", seiner ersten Enzyklika, schrieb Johannes Paul II. bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt : "Der Mensch von heute scheint immer wieder von dem bedroht zu sein, was er selbst produziert... Er befürchtet, dass seine Produkte..., die ein beträchtliches Maß an Genialität und schöpferischer Kraft enthalten, sich in radikaler Weise gegen ihn selbst kehren könnten; er fürchtet, sie könnten Mittel und Instrumente einer unvorstellbaren Selbstzerstörung werden."
Schöpfung und Ausbeutung
Umweltverschmutzung und Naturzerstörung schienen dem Papst "das wichtigste Kapitel des Dramas der heutigen menschlichen Existenz". Sie waren Johannes Paul II. in doppelter Hinsicht bedrohlich : Als Selbstentfremdung des Menschen und als Selbstverfehlung des Christen !
"Der Mensch scheint oft keine andere Bedeutung der Umwelt wahrzunehmen als allein jene, die den Zwecken eines unmittelbaren Gebrauchs und Verbrauchs dient. Dagegen war es der Wille des Schöpfers, dass der Mensch der Natur als ... besonnener und weiser Hüter und nicht als Ausbeuter und skrupelloser Zerstörer gegenübertritt."
Kirchliche Pflicht gegenüber der Natur
Der Theologe Bernhard Häring interpretierte diese Deutung als eine konsequente Fortsetzung der kirchlichen Soziallehre. In seinem Kommentar zur Antrittsenzyklika von Karol Wojtyla bemerkte Häring : "Neu sind die Ansätze der Enzyklika für eine Umweltethik, ganz im Sinne des Club of Rome. Man darf erwarten, dass die Sozialethik der Kirche diesem Anliegen in Zukunft große Aufmerksamkeit schenken wird."
Die Hoffnung Härings harrt freilich noch ihrer Erfüllung. Denn bis heute versagt sich die katholische Soziallehre nachhaltig der ökologisch-globalen Aspekte einer solidarischen Gesellschaft in der einen Welt.
Haltung der Demut wiedergewinnen
"Als Papst Johannes Paul II. ins Amt kam, musste ich manchmal wirklich so ein bisschen lachen, weil mir das alles sehr vertraut erschien, was dieser Papst, der ja in manchen anderen Fragen gesellschaftspolitischer Art sehr, sehr konservativ und rigide war, hier wirklich forderte, wo er vehement für stritt", stellt Christa Nickels fest. Die engagierte Katholikin ist Gründungsmitglied der grünen Umweltpartei und als langjährige bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte.
Als die Grünen wegen ihrer Stellung zur Abtreibungsgesetzgebung der deutschen Kirche noch als unwählbar galten, hatte der Grüne im Vatikan ihr eigentliches Thema schon als zentral für die Botschaft der Kirche angesprochen. Und als die Kirche noch ganz dem Ost-West-Konflikt verhaftet war und sich erst zögerlich der Umweltthematik näherte, hatte Johannes Paul II. längst die ökologische Dimension des Nord-Süd-Konfliktes im Blick. Mehr als ein Jahrzehnt vor der europäischen Wende von 1989/90 mahnt er in seiner Antrittsenzyklika : "... zur Prüfung der Strukturen und Mechanismen im Bereich der Finanzen und des Geldwertes, der Produktion und des Handels, die mit Hilfe von verschiedenen politischen Druckmitteln die Weltökonomie beherrschen: Sie zeigen sich unfähig, die aus der Vergangenheit überkommenen Ungerechtigkeiten aufzufangen oder den Herausforderungen und ethischen Ansprüchen der Gegenwart standzuhalten."
Kluft zwischen Armut und Reichtum
Die Kluft zwischen Armen und Reichen in der Welt werde nicht zuletzt dadurch vergrößert, dass die Reserven an Naturschätzen und Energie in beschleunigtem Tempo vergeudet werden, begründete Johannes Paul II.
"Diese dramatische Lage darf uns nicht gleichgültig sein : Derjenige, der höchsten Profit daraus zieht, und derjenige, der davon Unrecht und Schaden erleidet, ist in jedem Fall der Mensch."
Neue ethische Prinzipien im Verhältnis zur Umwelt
Er ist ja vielen bekannt durch seine intensive Reisetätigkeit, wo eine seiner wichtigsten Botschaften war, die Welt insgesamt als Schöpfung zu denken. Das kommt ja der säkularen Definition von Globalisierung sehr nahe. Und er hat darauf hingewiesen, dass wir in einem endlichen Kosmos leben, wo der Mensch gut beraten ist, die Reichtümer und Ressourcen gerecht aufzuteilen und nicht in der Art und Weise, wie wir es ja heute leider immer noch beklagen müssen, dass 20 Prozent der Menschen 80 Prozent der Güter dieser Welt konsumieren. Das Ergebnis davon ist, dass massenhaft Menschen verhungern, in Elend leben und dass sich aus dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit kriegerische Konflikte ergeben", so ein  Resumee dieses Pontifikats.
Eine eigene Enzyklika zur globalen Herausforderung, auch für die Kirche, hat Johannes Paul II. freilich nicht verfasst. Doch wie ein roter Faden zieht sich die grüne Thematik durch seine Schriften, Erklärungen und Predigten. Seine Kritik an westlichem Fortschrittswahn, die bis heute die Politik bestimmt, fand jedoch wenig Widerhall. Und selbst Katholiken in den reichen Ländern überhören bis heute leichtfertig seine Absage an den materialistischen Lebensstil und seine Mahnung zum Umdenken zugunsten der Armen in der Welt.
] QUELLE [ https://www.dw.com/de/der-grüne-im-vatikan/a-1481396 ]

Redemptor hominis
https://de.wikipedia.org/wiki/Redemptor_Hominis
Mit Redemptor Hominis, amtliche Veröffentlichung: Erlöser des Menschen, ist die Antrittsenzyklika von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahre 1979 überschrieben. In ihr legt er sein theologisches Programm dar: Rückbesinnung auf Christus als Zentrum der Kirche und Ausgangspunkt der Theologie, den Menschen in seiner personalen Existenz als „Weg der Kirche“.
Inhalt (Gliederung)
    I. DAS ERBE
        1. Am Ende des zweiten Jahrtausends
        2. Die ersten Worte des neuen Pontifikates
        3. Im Vertrauen auf den Geist der Wahrheit und der Liebe
        4. Der Bezug zur ersten Enzyklika Pauls VI.
        5. Kollegialität und Apostolat
        6. Der Weg zur Einheit der Christen
    II. DAS GEHEIMNIS DER ERLÖSUNG
        7. Umfangen vom Geheimnis Christi
        8. Die Erlösung: eine neue Schöpfung
        9. Die göttliche Dimension im Geheimnis der Erlösung
        10. Die menschliche Dimension im Geheimnis der Erlösung
    „Der Mensch kann nicht ohne Liebe leben. Er bleibt für sich selbst ein unbegreifliches Wesen; sein Leben ist ohne Sinn, wenn ihm nicht die Liebe geoffenbart wird, wenn er nicht der Liebe begegnet, wenn er sie nicht erfährt und sich zu eigen macht, wenn er nicht lebendigen Anteil an ihr erhält. Und eben darum macht Christus, der Erlöser, wie schon gesagt, dem Menschen den Menschen selbst voll kund. Dieses ist – wenn man sich so ausdrücken darf – die menschliche Dimension im Geheimnis der Erlösung. In dieser Dimension findet der Mensch die Größe, die Würde und den Wert, die mit seinem Menschsein gegeben sind. Im Geheimnis der Erlösung wird der Mensch »neu bestätigt« und in gewisser Weise neu geschaffen. Er ist neu erschaffen! »Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus«.
    Der Mensch, der sich selbst bis in die Tiefe verstehen will – nicht nur nach unmittelbar zugänglichen, partiellen, oft oberflächlichen und sogar nur scheinbaren Kriterien und Maßstäben des eigenen Seins –, muß sich mit seiner Unruhe, Unsicherheit und auch mit seiner Schwäche und Sündigkeit, mit seinem Leben und Tode Christus nahen. Er muß sozusagen mit seinem ganzen Selbst in ihn eintreten, muß sich die ganze Wirklichkeit der Menschwerdung und der Erlösung »aneignen« und assimilieren, um sich selbst zu finden.
    Wenn sich in ihm dieser tiefgreifende Prozeß vollzieht, wird er nicht nur zur Anbetung Gottes veranlaßt, sondern gerät auch in tiefes Staunen über sich selbst. Welchen Wert muß der Mensch in den Augen des Schöpfers haben, wenn »er verdient hat, einen solchen und so großen Erlöser zu haben«, wenn »Gott seinen Sohn hingegeben hat«, damit er, der Mensch, »nicht verlorengeht, sondern das ewige Leben hat«. Dieses tiefe Staunen über den Wert und die Würde des Menschen nennt sich Evangelium, Frohe Botschaft. Dieses Staunen rechtfertigt die Sendung der Kirche in der Welt, auch und vielleicht vor allem »in der Welt von heute«. Dieses Staunen und zugleich die Überzeugung und Gewißheit, die in ihrer tiefsten Wurzel Glaubensgewißheit ist, die aber auf verborgene und geheimnisvolle Weise auch jeden Aspekt des wahren Humanismus beseelt, ist eng mit Christus verbunden.“
        11. Das Geheimnis Christi als Grundlage der Sendung der Kirche und des Christentums
        12. Der Auftrag der Kirche und die Freiheit des Menschen
    III. DER ERLÖSTE MENSCH UND SEINE SITUATION IN DER WELT VON HEUTE
        13. Christus ist mit jedem Menschen verbunden
    „... Jesus Christus ist der Hauptweg der Kirche. Er selbst ist unser Weg zum Haus des Vaters und ist auch der Zugang zu jedem Menschen. Auf dieser Straße, die von Christus zum Menschen führt, auf der Christus jedem Menschen zur Seite tritt, darf die Kirche sich von niemandem aufhalten lassen. Das fordert das zeitliche wie auch das ewige Heil des Menschen. Wenn die Kirche auf Christus sieht und auf das Geheimnis, welches ihr Leben ausmacht, dann kann sie nicht unempfindlich bleiben für alles, was dem wahren Wohl des Menschen dient, so wie es ihr auch nicht gleichgültig sein kann, wenn dieses bedroht wird.“
        14. Alle Wege der Kirche führen zum Menschen
    „.... Der Mensch in der vollen Wahrheit seiner Existenz, seines persönlichen und zugleich gemeinschaftsbezogenen und sozialen Seins – im Bereich der eigenen Familie, auf der Ebene der Gesellschaft und so vieler verschiedener Umgebungen, auf dem Gebiet der eigenen Nation oder des eigenen Volkes oder vielleicht auch nur des eigenen Klans oder Stammes, schließlich auch im Bereich der gesamten Menschheit – dieser Mensch ist der erste Weg, den die Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrags beschreiten muß: er ist der erste und grundlegende Weg der Kirche, ein Weg, der von Christus selbst vorgezeichnet ist und unabänderlich durch das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung führt. … Da also der Mensch der Weg der Kirche ist, der Weg ihres täglichen Lebens und Erlebens, ihrer Aufgaben und Mühen, muß sich die Kirche unserer Zeit immer wieder neu die »Situation« des Menschen bewußt machen. Sie muß seine Möglichkeiten kennen, die eine immer neue Richtung nehmen und so zu Tage treten; zugleich aber muß die Kirche die Bedrohungen kennen, die über dem Menschen hängen. Sie muß sich all dessen bewußt sein, was offenkundig dem Bemühen entgegensteht, das Leben der Menschen »immer humaner zu gestalten«, damit alle Bereiche dieses Lebens der wahren Würde des Menschen entsprechen. Mit einem Wort: die Kirche muß alles kennen, was diesem Prozeß entgegensteht."“
        15. Die Ängste des heutigen Menschen
        16. Fortschritt oder Bedrohung?
        17. Menschenrechte:»Buchstabe« oder »Geist«
    IV. DIE SENDUNG DER KIRCHE UND DAS SCHICKSAL DES MENSCHEN
        18. Die Kirche in ihrer Sorge um die Berufung des Menschen in Christus
        19. Die Verantwortung der Kirche für die Wahrheit
        20. Eucharistie und Buße
        21. Die Berufung des Christen: dienen und herrschen
        22. Die Mutter unseres Vertrauens
[ https://www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_04031979_redemptor-hominis.html ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#redemptor-hominis ]

Laborem exercens
https://de.wikipedia.org/wiki/Laborem_exercens
In seiner dritten Enzyklika Laborem exercens („durch Arbeit…“) aus dem Jahre 1981 schreibt Papst Johannes Paul II. über die Arbeit als eines der Kennzeichen des Menschen, die ihn von anderen Geschöpfen unterscheidet. Außerdem dient diese Enzyklika auch der Unterstützung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft Solidarność.
Der Inhalt der Enzyklika wird aus seiner Gliederung und aus einigen wichtigen[1] Zitaten deutlich:
I. EINFÜHRUNG
1. Die menschliche Arbeit 90 Jahre nach »Rerum novarum«
2. Die Arbeit in der organischen Entwicklung der sozialen Aktion und Lehre der Kirche
3. Das Problem der Arbeit – Schlüssel der sozialen Frage
II. DIE ARBEIT UND DER MENSCH
4. Im Buch Genesis
5. Die Arbeit im objektiven Sinn: Die Technik
6. Die Arbeit im subjektiven Sinn: Der Mensch als Subjekt der Arbeit
    „... Denn es steht außer Zweifel, daß die menschliche Arbeit ihren ethischen Wert hat, der unmittelbar und direkt mit der Tatsache verbunden ist, daß der, welcher sie ausführt, Person ist, ein mit Bewußtsein und Freiheit ausgestattetes Subjekt, das heißt ein Subjekt, das über sich entscheidet. … Die Würde der Arbeit wurzelt zutiefst nicht in ihrer objektiven, sondern in ihrer subjektiven Dimension.
    Bei einer solchen Sicht verschwindet geradezu die Grundlage der in der Antike gemachten Einteilung der Menschen in verschiedene Gruppen nach der Art der von ihnen verrichteten Arbeit. Damit soll nicht gesagt sein, daß die menschliche Arbeit, objektiv verstanden, nicht irgendwie bewertet und qualifiziert werden könne oder dürfe, sondern lediglich, daß die erste Grundlage für den Wert der Arbeit der Mensch selbst ist, ihr Subjekt. Hiermit verbindet sich sogleich eine sehr wichtige Schlußfolgerung ethischer Natur: So wahr es auch ist, daß der Mensch zur Arbeit bestimmt und berufen ist, so ist doch in erster Linie die Arbeit für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit. Mit dieser Schlußfolgerung kommt man logisch zur Anerkennung des Vorranges der subjektiven Bedeutung der Arbeit vor der objektiven. Aufgrund dieser Auffassung und vorausgesetzt, daß verschiedene von Menschen verrichtete Arbeiten einen größeren oder geringeren objektiven Wert haben können, geht es uns vor allem darum, deutlich zu machen, daß der Maßstab für jede dieser Arbeiten in erster Linie die Würde ihres Subjekts ist, also der Person, des Menschen, der sie verrichtet. Noch einmal: Unabhängig von der Arbeit, die jeder Mensch verrichtet, und vorausgesetzt, daß diese einen Zweck seines Handelns darstellt – der ihn oft stark engagiert –, ist festzuhalten, daß dieser Zweck für sich allein keine entscheidende Bedeutung besitzt. Zweck der Arbeit, jeder vom Menschen verrichteten Arbeit – gelte sie auch in der allgemeinen Wertschätzung als die niedrigste Dienstleistung, als völlig monotone, ja als geächtete Arbeit –, bleibt letztlich immer der Mensch selbst.“
7. Eine Bedrohung der rechten Wertordnung
    „... Der Kapitalismus hat bekanntlich als System, als wirtschaftlich-soziales System, seinen genauen, geschichtlich gewachsenen Inhalt aus der Gegenüberstellung zum »Sozialismus« und »Kommunismus«. Doch im Licht der Analyse der grundlegenden Wirklichkeit im gesamten wirtschaftlichen Prozeß und vor allem in der Struktur der Produktion – eben der Arbeit – ist es angebracht zuzugeben, daß der Irrtum des primitiven Kapitalismus sich überall dort wiederholen kann, wo der Mensch in irgendeiner Weise dem Gesamt der materiellen Produktionsmittel gleichgeschaltet und so wie ein Instrument behandelt wird und nicht entsprechend der wahren Würde seiner Arbeit, das heißt als ihr Subjekt und Urheber, und ebendadurch als wahres Ziel des ganzen Produktionsprozesses.“
8. Die Solidarität der arbeitenden Menschen
9. Arbeit und personale Würde
    „Die Arbeit ist ein Gut für den Menschen – für sein Menschsein –, weil er durch die Arbeit nicht nur die Natur umwandelt und seinen Bedürfnissen anpaßt, sondern auch sich selbst als Mensch verwirklicht, ja gewissermaßen »mehr Mensch wird«.“
10. Arbeit und Gemeinschaft: in Familie und Nation
III. DER KONFLIKT ZWISCHEN ARBEIT UND KAPITAL IM GEGENWÄRTIGEN ABSCHNITT DER GESCHICHTE
11. Dimensionen dieses Konfliktes
12. Der Vorrang der Arbeit
    „Angesichts der gegenwärtigen Wirklichkeit, in deren Struktur so viele vom Menschen verursachte Konflikte zutiefst eingefügt sind und in der die technischen Mittel – eine Frucht der menschlichen Arbeit – eine erstrangige Rolle spielen (man denke hier auch an die Möglichkeit eines weltweiten Zusammenbruchs im Falle eines Atomkrieges mit seinen fast unvorstellbaren Zerstörungskräften), muß man vor allem ein Prinzip in Erinnerung rufen, das die Kirche immer gelehrt hat: das Prinzip des Vorranges der Arbeit gegenüber dem Kapital. Dieses Prinzip betrifft direkt den Produktionsprozeß, für den die Arbeit immer eine der hauptsächlichen Wirkursachen ist, während das Kapital, das ja in der Gesamtheit der Produktionsmittel besteht, bloß Instrument oder instrumentale Ursache ist. Dieses Prinzip ist eine offensichtliche Wahrheit, die sich aus der ganzen geschichtlichen Erfahrung des Menschen ergibt.
    ...Diese Wahrheit, die zum festen Bestand der kirchlichen Lehre gehört, muß im Zusammenhang mit der Frage der Arbeitsordnung und auch des gesamten sozio-ökonomischen Systems immer wieder betont werden. Man muß den Primat des Menschen im Produktionsprozeß, den Primat des Menschen gegenüber den Dingen unterstreichen und herausstellen. Alles, was der Begriff »Kapital« - im engeren Sinn – umfaßt, ist nur eine Summe von Dingen. Der Mensch als Subjekt der Arbeit und unabhängig von der Arbeit, die er verrichtet, der Mensch und er allein ist Person. Diese Wahrheit enthält wichtige und entscheidende Folgerungen.“
13. Ökonomismus und Materialismus
    „Vor allem wird im Licht dieser Wahrheit ganz deutlich, daß man das Kapital nicht von der Arbeit trennen und man keineswegs die Arbeit und das Kapital in einen Gegensatz zueinander stellen kann, geschweige denn – wie später erläutert werden wird – die konkreten Menschen, die jeweils hinter diesen Begriffen stehen. Richtig, das heißt dem Wesen des Problems entsprechend, richtig, das heißt innerlich wahr und zugleich moralisch zulässig, kann eine Arbeitsordnung nur dann sein, wenn sie schon in ihren Grundlagen den Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital überwindet und versucht, sich nach dem oben dargelegten Prinzip des wesenhaften und effektiven Vorranges der Arbeit aufzubauen, nach dem Prinzip des Menschen als des Subjektes der Arbeit und seiner wirksamen Teilnahme am ganzen Produktionsprozeß, unabhängig von der Art der Leistungen, die der Arbeitende erbringt.
    … Ein solcher Problemansatz enthielt den grundlegenden Irrtum, den man als Irrtum des Ökonomismus bezeichnen kann, wenn er die menschliche Arbeit ausschließlich nach ihrer wirtschaftlichen Zielsetzung betrachtet. Man kann und muß diesen fundamentalen Irrtum des Denkens auch einen Irrtum des Materialismus nennen, insofern der Ökonomismus direkt oder indirekt die Überzeugung vom Primat und Vorrang des Materiellen enthält, während er das Geistige und Personhafte (das Wirken des Menschen, die moralischen Werte und ähnliches) direkt oder indirekt der materiellen Wirklichkeit unterordnet. Das ist noch nicht der theoretische Materialismus im Vollsinn des Wortes, aber sicher schon ein praktischer Materialismus, der nicht so sehr wegen seiner aus der materialistischen Theorie abgeleiteten Voraussetzungen für fähig gehalten wird, die Bedürfnisse des Menschen zu erfüllen, sondern aufgrund einer bestimmten Art zu werten, also aufgrund einer gewissen auf die unmittelbare und größere Anziehungskraft des Materiellen gegründeten Rangordnung der Werte. Das irrige Denken nach den Kategorien des Ökonomismus ging Hand in Hand mit dem Auftauchen der materialistischen Philosophie und mit ihrer Entwicklung von der mehr elementaren und allgemeinen Phase (auch Vulgärmaterialismus genannt, weil er beansprucht, die geistige Wirklichkeit zu einem überflüssigen Phänomen zu machen) zur Phase des sogenannten dialektischen Materialismus. … Auch im dialektischen Materialismus ist der Mensch nicht in erster Linie Subjekt der Arbeit und Wirkursache des Produktionsprozesses, sondern wird in Abhängigkeit vom Materiellen gesehen und behandelt, als eine Art »Ergebnis« der die betreffende Zeit prägenden Wirtschafts- und Produktionsverhältnisse.
    … Der gleiche Irrtum, der nun bereits sein bestimmtes, mit dieser Zeit des ersten Kapitalismus und des Liberalismus verbundenes historisches Profil hat, kann sich unter anderen zeitlichen und örtlichen Umständen wiederholen, wenn man bei der Reflexion von den gleichen theoretischen und praktischen Voraussetzungen ausgeht. Eine radikale Überwindung dieses Irrtums erscheint unmöglich, solange es nicht zu angemessenen Änderungen kommt sowohl auf theoretischem wie auch auf praktischem Gebiet, Änderungen auf der Linie einer entschiedenen Überzeugung vom Primat der Person über die Sache, der menschlichen Arbeit über das Kapital als die Gesamtheit der Produktionsmittel.“
14. Arbeit und Eigentum
    „... Außerdem hat die Lehre der Kirche das Eigentum nie so aufgefaßt, daß es zur Ursache sozialen Kontrastes in der Arbeit hätte werden können. Wie bereits erwähnt, erwirbt man Eigentum vor allem durch Arbeit und, damit es der Arbeit diene. Das gilt besonders für das Eigentum an Produktionsmitteln. Eine Auffassung, welche diese isoliert betrachtet, als einen geschlossenen Komplex von Eigentum, der dann als »Kapital« der »Arbeit« gegenüberstände oder sie gar ausbeuten sollte, steht im Gegensatz zum Wesen dieser Mittel und ihres Besitzes. Man darf sie nicht gegen die Arbeit besitzen; man darf sie auch nicht um des Besitzes willen besitzen, weil das einzige Motiv, das ihren Besitz rechtfertigt – sei es in der Form des Privateigentums, sei es in der des öffentlichen oder kollektiven Eigentums –, dies ist, der Arbeit zu dienen und dadurch die Verwirklichung des ersten Prinzips der Eigentumsordnung zu ermöglichen: die Bestimmung der Güter für alle und das gemeinsame Recht auf ihren Gebrauch. Unter diesem Gesichtspunkt also, im Hinblick auf die menschliche Arbeit und den gemeinsamen Zugang zu den Gütern, die dem Menschen zugedacht sind, ist unter den entsprechenden Bedingungen auch die Sozialisierung gewisser Produktionsmittel nicht auszuschließen.“
15. Der personale Gesichtspunkt
    „So ist also das Prinzip des Primates der Arbeit vor dem Kapital eine Forderung sozialethischer Natur.“
IV. DIE RECHTE DES ARBEITENDEN MENSCHEN
16. Im großen Zusammenhang der Menschenrechte
17. »Indirekter« und »direkter« Arbeitgeber
18. Das Problem des Arbeitsplatzes
    „... Das Gegenteil einer gerechten und geordneten Situation auf diesem Gebiet ist die Arbeitslosigkeit, der Mangel an Arbeitsplätzen für Arbeitsfähige. Es kann sich dabei um eine allgemeine oder eine auf einzelne Sektoren beschränkte Arbeitslosigkeit handeln.“
19. Lohn und besondere Sozialleistungen
20. Die Bedeutung der Gewerkschaften
21. Die Würde der Landarbeit
22. Der behinderte Mensch und die Arbeit
23. Die Arbeit und das Problem der Emigration
V. ELEMENTE FÜR EINE SPIRITUALITÄT DER ARBEIT
24. Eine besondere Aufgabe der Kirche
25. Die Arbeit als Teilnahme am Werk des Schöpfers
26. Christus, ein Mann der Arbeit
27. Die menschliche Arbeit im Licht von Christi Kreuz und Auferstehung
Einzelne Gesichtspunkte
Standpunkte
In der Enzyklika werden Standpunkte entwickelt, die auch den Schwerpunkt dieses Lehrschreibens erkennen lassen:
    Prinzip des Vorrangs der Arbeit vor dem Kapital
    Ein ausschließliches Recht des Privateigentums an den Produktionsmitteln darf nicht dogmatisiert werden
    Mitbesitz der Arbeiter an den Produktionsmitteln
    Beteiligung an der Leitung und am Ertrag des Unternehmens.
Kommunismus und westlicher Wohlstand
Die Enzyklika wurde zu einer Zeit verfasst, als in der kommunistischen Welt der Glaube bzw. die Vertröstung der Arbeiter auf ein Leben in Wohlstand und Gerechtigkeit immer brüchiger wurde, wohingegen in den freiheitlichen Gesellschaften der Wohlstand und die erreichte soziale Sicherheit zu neuen Fehlleistungen führten. Die Arbeit würde nicht als eine persönliche Leistung anerkannt und sei mehr Mittel zum Zweck und damit verlöre sie ihren gesellschaftlichen Wert, stellt er in seinen Feststellungen zum Ist-Zustand fest.
Wert der Arbeit
Was die soziale Frage im Industriezeitalter betrifft, so wendet sich der Papst gegen den „Irrtum des primitiven Kapitalismus“, der im Gefolge der „materialistischen und ökonomistischen Strömungen“ im 19. Jahrhundert die Arbeit nur danach bewertete, was sie an Gütern hervorbringt. Es sei immer nur der Mensch, der arbeite und deshalb auch Anspruch auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechten Lohn habe. Von diesem Ansatz her bekennt sich die Enzyklika erneut zur katholischen Soziallehre. Des Weiteren befasst sich der Papst mit der Frage des gesunden Menschenverstandes und dessen Streben nach geistlichem Wissen.
Eigentum und Produktionsmittel
Der Papst erwähnt, dass es keinen „strukturellen Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital“ gebe. Auch nicht zwischen denen, die ihre Arbeit einbringen, und den Eigentümern der Produktionsmittel. Johannes Paul II. bekräftigt die Prinzipien der katholischen Soziallehre hinsichtlich der Privateigentumsordnung und forderte erneut – ganz auf der Linie, die schon Leo XIII. in Rerum novarum eingeschlagen hatte – die Beteiligung der Arbeitnehmer am Eigentum an den Produktionsmitteln. Nicht Sozialisierung des Privateigentums, sondern seine breite Streuung ist eine der zentralen Aufgaben der arbeitsteiligen Industriegesellschaft.
[ https://www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_14091981_laborem-exercens.html ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#laborem-exercens ]

Sollicitudo rei socialis
https://de.wikipedia.org/wiki/Sollicitudo_rei_socialis
Sollicitudo rei socialis („die Sorge über die sozialen Anliegen“) ist eine Sozialenzyklika Papst Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1987. Darin entwickelt der Papst die katholische Soziallehre weiter und wendet sich Problemstellungen des Nord-Süd-Konfliktes zu.
Die zweite Sozialenzyklika des Papstes trägt das Datum 30. Dezember 1987, obwohl sie erst am 20. Februar 1988 veröffentlicht werden konnte, um so noch vom Datum her ihren Untertitel „zwanzig Jahre nach der Enzyklika Populorum progressio“ gerecht zu werden. Zum Gedenken an diesen Jahrestag der Enzyklika Populorum progressio, die Papst Paul VI. am 26. März 1967 unter dem Motto „weltweite Ausmaße der sozialen Frage“ veröffentlicht hatte, sollte erneut die Thematik der solidarischen Entwicklung der Menschen und Völker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden.
Zur Situation in den Entwicklungsländern
Die umfassende Entwicklung des Menschen und der Aufbau gerechter Gesellschaften bilden weitere Schwerpunkte im Denken und Verkündigen von Johannes Paul II. Auf seinen Pastoralreisen – und diese Erfahrungen lässt er in diese Sozialenzyklika einfließen –, die ihn in die ganze Welt führten, wurde er immer neu mit den wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Verhältnissen konfrontiert, unter denen die Menschen und Völker leben. Er habe einen Blick für die vielen Armen und Notleidenden in den Entwicklungsländern, auch für alle die Menschen, denen ihre Rechte vorenthalten werden und die nicht selten unter menschenunwürdigen Zuständen leben und arbeiten müssen, vor allem auch für die prekäre Lage von Familien, in denen die Mütter, oft genug auf sich allein gestellt, für ihre Kinder sorgen müssen. Der Papst erinnert und ermahnte – dieses kommt einer Exhortatio gleich – die reichen Völker an ihre Verantwortung zu wirksamer Hilfeleistung, zugleich setzt er sich für tiefgreifende Reformen der sozialen Strukturen in den Entwicklungsländern ein.
Über die Definition Entwicklung
Besonders will der Papst einer Engführung des Begriffs der Entwicklung entgegenwirken, als ob es sich dabei im Wesentlichen um die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung handele. Im Hinblick auf manche einseitigen Positionen heißt es, dass eine wirtschaftliche Entwicklung den Menschen nicht zu befreien vermag; im Gegenteil, sie versklave die Menschen schließlich nur noch mehr. Was den „gegenwärtigen Entwicklungsstand“ in der Welt betrifft, so beklagt der Papst den „Graben zwischen Reichtum und Armut sowohl zwischen den Ländern des Nordens und des Südens als auch innerhalb vieler Entwicklungsländer und Industriestaaten“. Als Haupthindernis wird der politische Gegensatz der „Blöcke“ und ihrer ideologischen Wurzeln gesehen, die sich in den „Prinzipien des liberalistischen Kapitalismus“ und des „marxistischen Kollektivismus“ finden. Mit diesen Aussagen verbleibt der Papst im Rahmen der traditionellen Abgrenzungen, wie sie die Sozialverkündigung der Kirche seit Rerum novarum und Quadragesimo anno gezogen hat. Allerdings setzte er neue Akzente, wenn er forderte, dass das „Recht auf wirtschaftliche Initiative“ nicht unterdrückt werden dürfe. Die Erfahrung lehre, dass die Leugnung eines solchen Rechtes oder seine Einschränkung im Namen einer angeblichen Gleichheit lähme oder gar zerstöre. Die Folge sei nicht so sehr eine echte Gleichheit als vielmehr eine „Nivellierung nach unten“. Schließlich entwarf der Papst das Leitbild einer „solidarischen Gesellschaft“.
Der Papst anerkennt die positiven Leistungen von Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Politik, insistiert aber auf der Gestaltung des Fortschritts nach Maßgabe sittlicher Grundüberzeugungen.
Gegen Fehlinterpretationen in der Soziallehre
Der Papst war sich offensichtlich dessen bewusst, dass es hinsichtlich der Soziallehre sowohl innerkirchlich wie außerkirchlich Missverständnisse und Fehlinterpretationen gibt. In mehreren Stellen geht er auf diese Gefahren ein und war dabei bemüht, keinerlei kirchliche Kompetenzüberschreitungen zu begehen. Er war sich aber auch darüber bewusst, dass weder die Kirche, noch die Christen und die Gläubigen allein die Probleme lösen könnten.
Ökologische Fragestellungen
Sollicitudo rei socialis diskutiert die Fortschritts- und Entwicklungsproblematik auch im Blick auf die ökologische Frage. Die Krise des Entwicklungsdenkens sieht Johannes Paul nicht allein in der Unterentwicklung vieler Regionen weltweit, sondern auch in der „Überentwicklung“ einzelner Staaten, deren allgemeine Lebensgewohnheiten „so viele ‚Verschwendung’ und ‚Abfälle’ mit sich bringt“ (Zf. 28,2 der Enzyklika). Der Mensch dürfe seine Beziehung zur Umwelt nicht allein nach wirtschaftlichen Kriterien ausrichten; vielmehr müsse er „der Natur eines jeden Wesens und seiner Wechselbeziehung in einem geordneten System wie dem Kosmos Rechnung tragen.“ Auch bedürfe es eines schärferen Bewusstseins über die „Begrenztheit der natürlichen Hilfsquellen, von denen sich einige […] nicht regenerieren“ (Zf. 34,2 ff.). Im Hinweis auf die Verantwortung vor nachrückenden Generationen greift der Papst einzelne Motive des Nachhaltigkeitsprinzips auf, ohne dieses explizit zu erwähnen.
[ https://www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_30121987_sollicitudo-rei-socialis.html ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#sollicitudo-rei-socialis ]


Papst Benedikt XVI.
https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_XVI.
Benedikt XVI. (lateinisch Benedictus PP. XVI), bürgerlich Joseph Alois Ratzinger, (* 16. April 1927 in Marktl, Bayern; † 31. Dezember 2022 in der Vatikanstadt) war ein deutscher Theologe, Hochschullehrer und römisch-katholischer Geistlicher. Er war von seiner Wahl am 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 Bischof von Rom (Papst) und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie das siebte Staatsoberhaupt der Vatikanstadt. Er war nach Gregor V. (996–999) und Damasus II. (1048) der dritte aus Bayern stammende Papst und nach Coelestin V. (1294) der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurücktrat.
Joseph Ratzinger gilt als wichtiger Theologe des 20. und 21. Jahrhunderts. 1951 in seiner Heimat Bayern zum Priester geweiht, schlug er eine akademische Laufbahn ein und etablierte sich Ende der 1950er-Jahre als hoch angesehener Theologe.
1982 wurde er Kardinalpräfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, eines der wichtigsten Dikasterien der Römischen Kurie. Er galt als einer der einflussreichsten Kardinäle und in theologischen und kirchenpolitischen Fragen als rechte Hand seines Vorgängers Johannes Paul II. und wurde spätestens ab Mitte der 1980er-Jahre als eine der führenden intellektuellen Kräfte in der Kirche wahrgenommen. Von 2002 bis zu seiner Wahl zum Papst war er auch Dekan des Kardinalskollegiums.
Nachdem Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 vor den Kardinälen überraschend seinen Rücktritt zum 28. Februar 2013 angekündigt und sich dabei auf einen „Mangel an geistiger und körperlicher Kraft“ aufgrund seines fortgeschrittenen Alters berufen hatte, wurde er als Kirchenoberhaupt am 13. März 2013 von Papst Franziskus abgelöst und zog als emeritierter Papst am 2. Mai 2013 in das Vatikankloster Mater Ecclesiae, wo er, von gelegentlichen Auftritten mit seinem Nachfolger abgesehen, zurückgezogen lebte.

Caritas in veritate („Die Liebe in der Wahrheit“)
https://de.wikipedia.org/wiki/Caritas_in_veritate
Caritas in veritate (lat. „Die Liebe in der Wahrheit“) ist die dritte Enzyklika von Papst Benedikt XVI., nach Deus caritas est („Gott ist [die] Liebe“) und Spe salvi („In der Hoffnung gerettet“).
Die Sozialenzyklika wurde am 29. Juni 2009 unterschrieben und am 7. Juli 2009 veröffentlicht. In dieser Enzyklika geht das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche auf die aktuelle (Sommer 2009) Wirtschafts- und Finanzkrise ein, die eine Chance für ein radikales Umdenken sei.
Um die positiven Entwicklungsmöglichkeiten der Globalisierung richtig zu nützen, solle sie mit der »Kultur der Liebe« beseelt werden.
Gliederung der Enzyklika
Die Enzyklika umfasst zwischen Einleitung und Schluss sechs Kapitel, von denen das erste ausführlich die von Paul VI. 1967 verfasste Enzyklika Populorum progressio behandelt:
    Die Botschaft von Populorum progressio
    Die Entwicklung des Menschen in unserer Zeit
    Brüderlichkeit, wirtschaftliche Entwicklung und Zivilgesellschaft
    Entwicklung der Völker, Rechte und Pflichten, Umwelt
    Die Zusammenarbeit der Menschheitsfamilie
    Die Entwicklung der Völker und die Technik.
Thema und leitende Gedanken von Caritas in veritate
Thema der Enzyklika ist die Bedeutung der in der Wahrheit verankerten Liebe für das gesamte gesellschaftliche Handeln, insbesondere in der ganzheitlich menschlichen Entwicklung der Gesellschaft.
Benedikt bezieht seine neue Enzyklika ausdrücklich auf die Enzyklika seines Vorgängers Paul VI. Populorum progressio und will sie als eine Aktualisierung der dort entwickelten Gedanken verstanden wissen. Sie erscheint zwar nicht exakt vierzig Jahre nach ihrer Vorgängerin, doch mit der Unterzeichnung der Sozialenzyklika am Schluss des „Paulusjahres“ (zur Feier seines 2000. Geburtstages im Jahr 2008/09) erweist Benedikt XVI. dem Konzilspapst Paul VI., der sich nach dem Völkerapostel nannte, die Reverenz. Innerkirchlich ist das zugleich ein Signal, dass der deutsche Papst keine Rückkehr der katholischen Soziallehre in ein rein akademisch-doktrinelles Gebaren billigt (vgl. Gustav Gundlach SJ). Der Sozialenzyklika Pauls VI. ist nicht nur von Papst- und Konzilsgegnern 1967 ihr „maritainisme“ (d. h. Anschluss an die von Jacques Maritain vollzogene Deutung des Christentums als „humanisme intégral“, ganzheitlicher Humanismus) vorgehalten worden. Papst Benedikt bekräftigt: Die Liebe, die der Mensch von Gott erhalte und die zu verbreiten er bestimmt sei, sei der Hauptweg der kirchlichen Soziallehre; aus ihr gehe alles hervor.
Allerdings erstrahle die Liebe nur in der Wahrheit. Ohne die Wahrheit drohe die Liebe zur Sentimentalität abzugleiten oder für gesellschaftliche Entwicklungen zwar als nützlich, aber entbehrlich betrachtet zu werden und auf private Beziehungen beschränkt zu bleiben. Die Wahrheit zu verteidigen sei eine wesentliche Form der Liebe.
Als Beispiele dafür, wie das Prinzip der in der Wahrheit verankerten Liebe, caritas in veritate, in Maßstäben sozialen Handelns Gestalt annimmt, nennt Benedikt Gerechtigkeit und Gemeinwohl. Die Liebe schließe die Gerechtigkeit ein, Ungerechtigkeit widerspreche ihr; Paul VI. habe Gerechtigkeit als das Mindestmaß der Liebe bezeichnet. Die Liebe schließe außerdem ein, auf das Wohl des anderen zu achten. Da die Menschen in eine Gesellschaft eingebunden seien und nur in ihr zu ihrem Wohl gelangen könnten, sei die Orientierung auf das Gemeinwohl als Voraussetzung für das Wohl des Einzelnen ein Erfordernis der Liebe.
Nur in der von Vernunft und Glaube erleuchteten Liebe sei es möglich, gesellschaftliche Ziele zu erreichen, die einen wirklichen, menschlicheren Fortschritt bedeuten.
Die Enzyklika CiV ist einerseits vorsichtiger im Urteil als manche ihrer Vorgängerinnen, aber doch auch deutlicher im Detail. Der „Weltauftrag“ der Kirche bleibt gebunden an ihre geistliche Sendung, doch beansprucht das kirchliche Amt weniger denn je eine eigene „Allzuständigkeit“ zur Lösung politischer und sozialer Fragen. Der Papst weicht den brisanten Fragen jedoch keineswegs aus, lässt sich sein Amt also nicht von „außen“ auf den spirituellen Bereich zurückschneiden. Insbesondere argumentiert er mehrmals, ein unethisches Wirtschaften sei auf lange Sicht auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten unvernünftig.
Gedanken zur Globalisierung
Mit Optimismus und performativen Aussagen begegnet die Enzyklika der hochaktuellen Problematik der Globalisierung. Der Papst geht von der theologischen Vorgeschichte aus, dabei würdigt er die visionären Gedanken von Papst Paul VI. über ein Marktwirtschaftsmodell mit potentieller Beteiligung aller Völker, als universelle Ausdehnung der Forderungen der Enzyklika Rerum novarum von Papst Leo XIII. Für eine globale Neuplanung der Entwicklung plädierte Papst Johannes Paul II. nach der Eliminierung des Eisernen Vorhangs, den er als politische Hauptursache der Unterentwicklung wertete. Er zeigte sich offen gegenüber der Globalisierung, die sich während seines Pontifikats ausbreitete: Sie sei a priori weder gut noch schlecht, sie werde das sein, was die Menschen aus ihr machten. Er hielt es für wichtig, dass die Globalisierung stets in subsidiärerer Weise gelenkt werde.
Papst Benedikt XVI. bekräftigt die Ansichten seines Vorgängers und fügt aus heutiger Sicht hinzu, dass der Globalisierungsprozess, der eine Explosion der weltweiten wechselseitigen Abhängigkeiten bedeute und eine noch nie da gewesene Interaktivität der Menschen brächte, viele positive Seiten habe und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten biete. Wenn man dies verkenne, könne man die große Chance verpassen, daran teilzuhaben. Die Enzyklika ortet aus christlicher Sicht hoffnungstragende Berührungspunkte dieses neuen Phänomens zum Evangelium, das ein fundamentales Element der Entwicklung sei: „Die Wahrheit des Globalisierungsprozesses und sein grundlegendes ethisches Kriterium sind in der Einheit der Menschheitsfamilie und in ihrem Voranschreiten im Guten gegeben.“ Dies biete der Kirche, die unter allen Gegebenheiten eine Sendung der Wahrheit zu erfüllen habe, eine ganz neue kreative Herausforderung in der globalisierten Welt. Inspiriert von der Liebe und der Wahrheit, die sich im Evangelium offenbaren, müssten die Christen aktive Gestalter der Globalisierung werden und die eindrucksvolle neue Dynamik des globalen Integrationsprozesses nach Gottes Plan für eine globale Menschheitsfamilie ausrichten.
Der Papst findet es wichtig, die Globalisierung für die Transzendenz offen zu halten, mit der „Kultur der Liebe“ (CiV Nr. 33: civiltà dell'amore) zu füllen und „im Sinne von Beziehung, Gemeinschaft und Teilhabe zu leben und auszurichten“. So könne die Globalisierung der in Populorum progressio verkündeten ganzheitlichen menschlichen Entwicklung dienen, welche als Berufung den ganzen Menschen und alle Menschen tangiert und in deren Zentrum die Liebe ist. Der Papst nennt die ganzheitliche Entwicklung des Menschen als Antwort auf eine göttliche Berufung; diese Entwicklung setze die Freiheit in enger Verbundenheit mit Verantwortung des Einzelnen und der Völker voraus. Die globalisierte Gesellschaft mache zwar die Menschen zu Nachbarn, nicht aber zu Geschwistern, dies könne nur eine transzendente Berufung durch Gott bewirken. Dies sei ein bedeutendes Ziel der Kirche, deswegen wolle sie sich dafür voll engagieren, dass die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozesse der Globalisierung „zu wahrhaft menschlichen Ergebnissen führen“. Die Globalisierung, dieses vielschichtige und polyvalente Phänomen, bringe auch potentielle Gefahren, wie neue Spaltungen oder ungekannte Schäden, mit sich; auch dies erfordere eine gründliche Analyse, welche die Verschiedenheit und die Einheit aller Dimensionen der Globalisierung – einschließlich der theologischen – erfasst. Zwecks Förderung der wahren Entwicklung befürwortet Papst Benedikt XVI. eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, in der die verschiedenartigen Ebenen des Wissens interagieren. Das Wissen basiere zwar auf Intelligenz, „wenn es aber Weisheit sein will, [...] muss sie mit dem «Salz» der Liebe «gewürzt» sein“, appelliert er an die Wissenschaftler und Politiker.
Bioethik und Schutz des Lebens
Die Enzyklika würdigt Technologie als Mittel, materielle Beschränkungen zu überwinden. Gleichzeitig betont Benedikt XVI. Verantwortung – es dürfe nicht nur nach dem „wie“, sondern müsse genauso nach dem „warum“ gefragt werden. Er warnt vor „Entwicklung und Förderung von In-vitro-Fertilisation, Embryonenforschung, Möglichkeiten des Klonens und der Hybridisierung des Menschen.“ Zukünftig mögliche „systematische eugenische Geburtenplanung“ sei ebenso wie Abtreibung Ausdruck einer „Kultur des Todes“. Im gleichen Zusammenhang verurteilt Benedikt Sterbehilfe als „Ausdruck der Herrschaft über das Leben, das unter bestimmten Bedingungen als nicht mehr lebenswert betrachtet wird“.
Reaktionen
Der an der Erarbeitung des Textes nicht beteiligte Sozialethiker Friedhelm Hengsbach SJ kritisierte die Enzyklika als zu schwach; es fehlten konkrete Hinweise, zudem sei sie in der Argumentation diffus, nur für Menschen verständlich, die im Christentum verwurzelt sind.
Die Deutsche Bischofskonferenz und ihr Vorsitzender Robert Zollitsch dagegen lobten das Werk und den Zeitpunkt der Veröffentlichung einen Tag vor Beginn des G8-Gipfels als wertvollen Beitrag zur aktuellen Globalisierungsdebatte.
[ https://www.vatican.va/content/benedict-xvi/de/encyclicals/documents/hf_ben-xvi_enc_20090629_caritas-in-veritate.html ]

>>> [ http://www.humanearthling.org/book/hvb/book_002_hvb_briefe_papst_data_enzyklika_02.html#caritas-in-veritate ]

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